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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Szelagys Kopf tauchte hinter einem anderen Computer auf, doch Cardinal antwortete nicht. Er zog die Akte über den Schreibtisch; sie war kümmerlich schmal.
    »Billy LaBelle, Keith London und Katie Pine hatten alle mit Musik zu tun. Wie stand es mit Todd Curry?«
    Er erinnerte sich noch lebhaft an das Zimmer des Jungen in seinem vorstädtischen Zuhause und an den Vater, der niedergeschmettert in der Tür stand. Er erinnerte sich an die Spiele im Wandschrank, an die Landkarte auf seinem Schreibtisch – aber Musik? Gab es etwas in seinem Leben, das mit Musik zu tun hatte? Ja, da war etwas, in der Beiakte über das Gespräch mit den Eltern: Todd Curry hatte zu verschiedenen Musik-Newsgroups im Internet gehört. Alt.hardrock und Alt.rapforum, so hießen sie. Das war es. Damals hatte er es merkwürdig gefunden, dass ein weißer Jugendlicheraus der Vorstadt eine Vorliebe für Rapmusik haben konnte.
    Dann fiel noch etwas aus der Akte, eine hingekritzelte Notiz, bei deren Lektüre Cardinals Herz zu pochen begann. Ein Kollege, wer genau, wusste er nicht, hatte einen Anruf von Jack Fehrenbach entgegengenommen, dem Lehrer, der den Diebstahl seiner Kreditkarte zur Anzeige brachte. »Szelagy, ist das Ihre Handschrift?« Cardinal winkte ihm mit dem Zettel in der Hand. »Haben Sie einen Anruf von Jack Fehrenbach entgegengenommen?«
    Szelagy warf einen Blick auf den Zettel. »Ja. Ich habe Sie darauf angesprochen, erinnern Sie sich nicht?«
    »Menschenskind, Szelagy. Ist Ihnen bewusst, wie wichtig das ist?«
    »Aber ich habe es Ihnen doch gesagt. Was hätte ich sonst noch tun sollen, um …«
    Doch Cardinal hörte gar nicht mehr hin; er starrte auf die Notiz. Eine ungewöhnliche Abbuchung auf seinem Kontoauszug hatte Fehrenbach stutzig gemacht. Am 21. Dezember, dem Abend, nachdem Todd Curry bei ihm zu Besuch gewesen war, hatte jemand im Troy Music Centre mit seiner Kreditkarte einen aufwändigen Plattenspieler für zweihundertfünfzig Dollar gekauft.
    Cardinal lief den Gang hinunter zum Sitzungsraum, wo Delorme gerade telefonierte und Notizen auf einen gelben Block kritzelte.
    »Musik ist der Schlüssel«, sagte Cardinal und schnalzte mit den Fingern. »Todd Curry war ein Fan von Rapmusik, erinnern Sie sich? Er wollte gern DJ werden, sagte Fehrenbach.«
    »Was ist los mit Ihnen, Cardinal? Sie gucken so komisch.«
    Cardinal hielt die Plastiktüte hoch, in der Katie Pines Armband wie ein Embryo schwebte. »Diese Kleinigkeit hier bringt uns den Durchbruch.«

49
    M cLeod, wo ist deine Beiakte über das Troy Music Centre? Hast du die Leute nicht vernommen, als du mit dem Fall LaBelle beschäftigt warst?«
    »Warum fragst du? Es muss irgendwo in der Akte stehen.«
    »Eben nicht. Ich habe die Akte durchgesehen. Erinnerst du dich, wer dort arbeitet?«
    »Zwei Typen. Alan Troy – das ist der Eigentümer – und ein anderer Typ, so ein Gitarrenfuzzi, der schon seit Ewigkeiten dort angestellt ist. Er hat Billy LaBelle Unterricht gegeben.«
    »Erinnerst du dich an seinen Namen?«
    »Scheiße, nein.«
    »McLeod, wir sind hier auf der Jagd nach einem Mörder.«
    »Aber ich war es damals nicht. Ich war auf der Suche nach einem vermissten Jungen namens Billy LaBelle. Damals ging es noch nicht um Mord. Wir sind routinemäßig einer Vermisstenmeldung nachgegangen, also versuch nicht, mich als pflichtvergessen abzustempeln, ja? Eine solche Behandlung hätte, glaube ich, unser viel beweinter Detective Sergeant Dickschädel Dyson eher verdient. Carl Sutherland, so heißt der Typ übrigens. Carl Sutherland.«
    »Hat er vielleicht noch einen Vornamen? Mit welchem Buchstaben fängt er an?«
    »Mit L wie ›Leck mich‹. Sieh in der Akte nach, Cardinal.« McLeod verließ grummelnd den Raum.
    Cardinal verbrachte weitere zehn Minuten mit dem Durchblättern von Akten aus dem vorherigen Fall. »Delorme, warum füttern Sie den Computer nicht mit Troys Personalangaben? Vielleicht spuckt er etwas Interessantes aus.«
    »Das habe ich schon getan. Wir warten auf das Ergebnis.«
    McLeod kam wieder herein. »Carl A. Sutherland«, sagte er und drückte Cardinal einen Bericht in die Hand. »Irgendein Trampelhat das versehentlich in die Akte Corriveau gesteckt. Wenn die Leute aufhören würden, meine Arbeit nachträglich zu kritisieren – und meine Berichte zu verschlampen –, käme ich hier vielleicht sogar mal zum Arbeiten.«
    Delorme nahm den Bericht mit hinüber an den Computer und tippte die Informationen ein. Dann riss sie ein Blatt aus dem Drucker.

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