Gefrorene Seelen
saßen und durstig Wasser aus der hohlen Hand tranken. Außer den Kreisen, die die Affen mit ihren geschäftigen Händen aufrührten, war die Oberfläche des Teichs so glatt wie Jade. Der Geruch nach Wasser war durchdringend.
Er schlug die Augen auf.
Kam der Wassergeruch vom Regen? Er hörte das Geräusch von prasselndem Regen auf Holz.
Er hatte das Gefühl, als wäre sein Kopf vom Scheitel bis zum Nacken gespalten; der Schmerz bereitete ihm Übelkeit. Als er den Kopf nur ein wenig drehte, hätte er sich beinahe übergeben. Wo er auch sein mochte, der Ort war dunkel, feucht und sehr kalt. Zwar war er jetzt nicht mehr nackt – er trug einen ausgeleierten Sweater und Jeans, von denen er nicht wusste, wann er sie angezogen hatte –, doch das reichte nicht, um ihn vor der Kälte zu schützen. Etwas weiter weg lief ein Heizlüfter auf vollen Touren, doch die Wärme drang nicht bis zu ihm. Ungefähr drei Meter von ihm entfernt war Eric Fraser damit beschäftigt, eine Kamera auf ein Stativ zu montieren.
Ich liege auf einem Tisch. Sie haben mich irgendwo in einen Keller gebracht. Dieser Geruch nach Feuchtigkeit. In der Nähe musste ein See sein, so roch es jedenfalls. Und es regnete, Regen prasselte gegen die mit Brettern vernagelten Fenster. An der Decke über ihm verliefen große Rohre in alle Richtungen und verschwanden im Dunkeln. Natürlich, das Pumpenhaus.
Er versuchte, sich zu bewegen, doch seine Arme waren seitlich mit Klebeband am Tisch fixiert. Nur den Kopf konnte er bewegen. Eric richtete gerade die Kamera aus. Dazu bückte er sich und regulierte die Höhe erst eines Stativfußes, dann eines weiteren. Versuche, mit ihm ins Gespräch zu kommen, sagte sichKeith. Appelliere an seine Vernunft, ehe er in Raserei verfällt wie auf dem Video.
»Eric, hör mich an«, sagte Keith leise. »Meine Freundin macht sich sicherlich schon große Sorgen um mich. Ich habe ihr geschrieben, wo ich bin und bei wem ich wohne. Das stand alles in dem Brief, den ich ihr geschrieben habe.«
Keine Reaktion. Eric beschäftigte sich weiterhin mit dem Stativ, summte dabei leise vor sich hin und holte dann, offenbar zufrieden mit seiner Arbeit, verschiedene Gegenstände aus einem Seesack – Keiths Seesack –, um sie auf einen Holztresen zu legen.
Keith sah lieber nicht hin. Er konzentrierte sich darauf, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. »Eric, ich könnte dir Geld verschaffen. Ich bin zwar nicht reich, aber ich könnte dir Geld beschaffen. Meine Familie ist ziemlich wohlhabend und die Familie meiner Freundin auch. Die würden schon für mich zahlen, da bin ich mir ganz sicher.«
Es war, als hätte Eric Fraser nichts von alledem gehört. Er holte etwas aus dem Beutel – eine spitze Zange –, stellte sich neben Keith und sah ihn eine Weile mit funkelnden Frettchenaugen an. Dann öffnete und schloss er die Zange direkt über Keiths Nase.
»Wir könnten die Zahlungen so einrichten, dass keiner merkt, wem sie zugute kommen. Es muss ja nicht alles auf einen Schlag gezahlt werden. Nichts spricht dagegen, dass die Zahlungen über einen längeren Zeitraum gehen. Bitte, Eric. Hörst du mir überhaupt zu? Du könntest dreißig-, vierzigtausend Dollar bekommen. Vielleicht sogar fünfzigtausend. Denk nur, was du dir über die Jahre dafür leisten kannst. Warum erlaubst du mir nicht, sie anzurufen?«
Eric Fraser holte sich eine Papiertüte aus dem Seesack und packte ein Sandwich aus. Plötzlich roch es im Raum nach Thunfisch. Er saß im Dunkeln und verbarg mit seinem Körper den rötlichen Schimmer des Heizlüfters. Während er kaute, knackte immer wieder ein Knochen seines Unterkiefers. Nach einer Weile sagte er: »Hoffentlich kommt Edie bald mit den Scheinwerfern.«Dann stieß er mit der Stiefelspitze an einen großen, auf dem Fußboden stehenden Batteriekasten. »Die Beleuchtung wird dann viel besser sein. Ich mag es nicht, wenn man nicht sieht, was abgeht.«
»Denk darüber nach, Eric. Du könntest ein sorgenfreies Leben führen. Du brauchtest nicht mehr arbeiten. Du könntest dir Sachen leisten, Reisen machen. Du könntest hingehen, wo du willst, und tun, was du willst. Was hast du davon, mich umzubringen? Das bringt dir doch nichts ein. Früher oder später wirst du doch geschnappt. Warum machst du es nicht so, dass Geld dabei herausspringt? Wäre das nicht besser, als mich einfach umzubringen?«
Eric aß das Sandwich auf und warf das fettige Papier auf den Boden. »Hoffentlich kommt Edie bald mit den Scheinwerfern«, sagte er
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