Gefrorene Seelen
und sogleich begann die Düse zu zischen. Edie zündete ein Streichholz an und hielt es an die Düse; die Lötlampe zündete mit einem puffenden Geräusch. Edie drehte den Bund noch weiter auf, worauf eine blaue, geschossförmige Flamme austrat und beinahe Edies Ärmel angesengt hätte. »Oh«, rief sie. »Das ist ja unglaublich.« Sie drehte den Bund wieder zu, und die Flamme schnellte wie eine Zunge in die Düse zurück.
»Brecheisen …«
»Wir haben kein Brecheisen.«
»Ich habe es hier gelassen, nachdem wir auf der Insel waren. Es ist im Keller neben der Treppe.«
Edie stand vom Tisch auf und ging in den Keller.
»Schau mal nach dem Gefangenen, wenn du schon in der Nähe bist.«
Eric nahm ein Ausbeinmesser aus seinem Rucksack. Er zog es aus der Scheide und prüfte die Schneide mit dem Daumen. Zum Keller gewandt, rief er Edie nach: »Bring auch einen Schleifstein mit, wenn du einen hast!«
Er riss die Klarsichtfolie von einer Packung PowerUp und legte sechs Kapseln an der Tischkante entlang hin. Er nahm sich ein Glas aus dem Küchenschrank und ließ das Wasser laufen, bis es klar und kalt war. Dann setzte er sich an den Tisch und nahm die Kapseln eine nach der anderen, wobei er jedes Mal den Kopf schüttelte, um sie leichter schlucken zu können. Ihm lief ein Schauer über den Rücken.
»Edie!«, rief er wieder in Richtung Keller. »Bring einen Schleifstein mit!« Er wartete einen Augenblick, den Kopf horchendzum Keller gedreht. Dann setzte er vorsichtig das Glas Wasser ab, ohne ein Geräusch zu machen. Er schob das Messer wieder in die Scheide und steckte es vorn in die Hosentasche. Er ging bis an den oberen Treppenabsatz. Diesmal rief er leise. »Edie?«
»Komm und hol sie dir, du Jammerlappen!«
Eric ging vorsichtig die Treppe hinunter. Die Situation machte ihm keine Angst. Damit würde er schon fertig werden. Alles hing davon ab, richtig aufzutreten. Unten an der Treppe hob er das Brecheisen auf und steckte es sich hinten in den Gürtel. Es fühlte sich schwer an und hielt nicht richtig, doch von vorn war es nicht zu sehen – wenn es nicht aus dem Gürtel fiel.
Eric atmete tief durch und trat in den kleinen Kellerraum. Es stank nach Scheiße und Angst. Der Stuhl war ein wirrer Haufen aus Holz und Klebeband. Der Gefangene hatte Edie von hinten ergriffen und drückte ihr eine Holzstange – einen Teil des Stuhls – gegen den Hals.
»Leg dich auf den Boden.«
»Nein. Lass sie los.«
»Leg dich auf den Boden, oder ich breche ihr das Genick.« Der bringt niemanden um, dachte Eric. Hätte er die Kraft zum Töten, hätte er Edie gezwungen, die Treppe hinaufzugehen. Edie sah verängstigt und hässlich aus, ihre Haut glänzte an den Stellen, an denen das Ekzem wieder hervorbrach. Ihr Gewimmer kam nur gedämpft durch das Klebeband. Keith drückte die Stange noch fester gegen ihren Hals, so dass ihr Gesicht rot anlief.
»Leg dich jetzt endlich auf den Boden, du Ratte, sonst bringe ich sie um. Mir ist das scheißegal!«
Bleib ruhig, sagte sich Eric. Der Gefangene ist halb verhungert, die Angst sitzt ihm in den Knochen, und er hat eine Schussverletzung – wie viel Kraft kann er da noch haben? Wenn es zum Kampf kommt, gewinne ich. Bleib ruhig.
Denk nach
. »Die Sache ist nur die, Keith, wenn ich mich hinlege, hindert dich nichts mehr daran, uns beide umzubringen.«
»Ich bringe sie auf der Stelle um, wenn du nicht machst, was ich dir sage.«
»Beruhige dich doch, Keith. Du erstickst sie ja.«
»Und das geschieht ihr recht.« Die Worte des Gefangenen waren hart, doch ihm liefen Tränen über das Gesicht; er schluchzte so heftig, dass er kaum sprechen konnte. Eine seltsame Reaktion, dachte Eric. Machten bei ihm die Nerven nicht mit, war es Selbstmitleid? Ganz gleich, in welcher Gemütsverfassung sich der Gefangene befand, die Stange drang grausam in Edies Hals. Gefangener, du machst einen Riesenfehler, dafür wirst du einen schrecklichen Tod sterben.
»Du hast ein Messer vorne in der Tasche, ich kann den Griff sehen. Nimm es langsam heraus und wirf es zu mir herüber.«
Eric tat, wie ihm geheißen, holte das Messer samt Scheide hervor und warf es am Gefangenen vorbei in eine Ecke, wo dieser es nicht erreichen konnte.
»Jetzt leg dich verdammt noch mal auf den Boden.« Eric zögerte, doch der Gefangene begann hysterisch zu schreien: »Mach schon!« und wiederholte es so oft, bis Eric langsam Anstalten machte, sich auf den Boden zu begeben.
Das Brecheisen hing ihm schwer vom Gürtel. Das Problem war,
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