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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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um eine von den an der Wand hängenden Gitarren zu erreichen. »Er musste sie von unten halten, um sie wieder an ihren Platz zu stellen, nicht wahr?«
    Troy, dessen Zorn sich in Faszination verwandelte, nickte. Cardinal reichte Collingwood die Gitarre.
    Collingwood, schweigsam wie immer, bestäubte die Oberseite des Resonanzbodens mit einem Puder und blies es fort. Sichtbarwurden zwei vollständige Daumenabdrücke. Er zog die daktyloskopische Karte mit den Fingerabdrücken hervor, die auf Arthur Woods Hals sichergestellt worden waren.
    »Hundertprozentige Übereinstimmung«, stellte Collingwood fest. »Irrtum ausgeschlossen.«

50
    E ric und Edie hatten Recht gehabt mit dem Klebeband. Es war praktischer – und für sie weniger umständlich – als die Tabletten. Keith London mochte daran zerren, wie er wollte, das Klebeband gab auch nicht einen Millimeter nach. Hand- und Fußgelenke waren sicher fixiert. Die einzige Fessel, die er ein wenig hatte lockern können, war das Klebeband über dem Mund. Durch ständiges Befeuchten war es ihm gelungen, das Band so weit zu lockern, dass er hörbare Laute von sich geben konnte.
    Dagegen hatte der Holzstuhl, auf den er gefesselt war, etwas nachgegeben. Beim Hin-und-her-Schaukeln spürte er, dass sich die Zapfen lockerten.
    Immer wenn Eric und Edie außer Haus waren, so wie jetzt, schaukelte Keith auf dem Stuhl hin und her. Mit der Zeit weiteten sich die Fugen, und die Zapfen lockerten sich im Holz. Da sie ihm seit ein paar Tagen nichts mehr zu essen gaben und die Arbeit an Fesseln und Stuhl ihn erschöpfte, musste er alle paar Minuten innehalten und verschnaufen.
    Eric und Edie würden ihn sicherlich bald an einen anderen Ort bringen. Sie würden ihm ein Beruhigungsmittel spritzen und ihn an irgendeinen abgelegenen Ort verfrachten, und dann – er bemühte sich, die Erinnerung an das Video zu verdrängen.
    Seit dem Aufwachen hatte er schon den ganzen Vormittag auf dem Stuhl hin und her geschaukelt. Seine Hand- und Fußgelenke waren wundgescheuert; das Bein mit der Schussverletzung schmerzte heftig. Aber es gab Fortschritte: Der Stuhl hatte Spiel bekommen. Die Stuhlbeine neigten sich, wenn er sein Gewicht verlagerte, um gut zwanzig Grad auf beiden Seiten.
    Er hielt inne und horchte. Über der Decke war Fußgetrappel zu hören, dann das Geräusch von Stühlerücken. Eric und Edie waren genau über ihm. Keith machte mit dem Schaukeln weiter, trotz seiner Angst, dass sie ihn hören könnten. Nein, sagte er sich, derStuhl steht auf Zementboden, das Geräusch würde nicht nach oben dringen, sie würden ihn nicht hören.
    Er lehnte sich zurück, erst auf die eine Seite, dann auf die andere, brachte den Stuhl zum Schaukeln und zerrte an dem Klebeband. Einmal, zweimal, dreimal. Ja, die Rückenlehne war jetzt deutlich lockerer. Er konnte sie jetzt ein bisschen biegen. Wenn er an der richtigen Stelle Kraft anwendete, sein Gewicht verlagerte und Druck auf den Punkt ausübte, an dem die Rückenlehne mit dem übrigen Stuhl verbunden war, konnte er den Stuhl zerbrechen.
    *
    Eine Treppe höher öffnete Eric den Seesack – Keiths Seesack – und kippte den Inhalt auf den Fußboden. Er hatte keine Skrupel, die persönliche Habe eines anderen Menschen auszubreiten: die sorgfältig gefalteten Strumpfpaare, die leicht angeschmutzte lange Unterhose. Auch eine Sonnenbrille und Sonnenöl waren dabei – dachte der Junge etwa daran, noch Ski zu fahren? –, ein Reiseführer durch Ontario und eine zerlesene Taschenbuchausgabe von Hesses
Das Glasperlenspiel
.
    Eric stand auf und wischte sich die Jeans ab. »Ich lese jetzt die Liste vor, und du steckst die Sachen in den Beutel.« Er holte die Liste aus seiner Gesäßtasche und entfaltete sie. »Klebeband.«
    Edie nahm es aus der Schublade neben dem Kühlschrank und legte es in den Seesack. »Klebeband.«
    »Leine.«
    Edie nahm das eng gewickelte Knäuel Wäscheleine, in Toronto gekauft, und legte es ebenfalls in den Beutel.
    »Einen flachen Schraubenzieher …«
    »Einen flachen Schraubenzieher.«
    »Einen Kreuzschlitzschraubenzieher …«
    »Du meine Güte, Eric. Wer außer dir würde eine Liste von Schraubenziehern anlegen, auch noch nach Arten sortiert.«
    Eric sah sie kühl an. »Einen anderen würden die Bullen auch schnappen. Zange …«
    »Zange.«
    »Lötlampe.«
    »Die sollten wir erst einmal ausprobieren, ob sie auch wirklich funktioniert.« Edie holte eine Schachtel Streichhölzer aus der Schublade. Eric drehte am Messingbund der Lötlampe,

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