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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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anderen nicht in Raserei in den Kopf bohren.«
    »Stimmt.«
    »Jede einzelne Verletzung könnte tödlich gewesen sein, aber Gewissheit darüber bringt erst eine vollständige Autopsie. Dazu muss der Patient aufgetaut sein.«
    »Schön«, sagte Cardinal. »Wie lange wird das dauern?«
    »Wenigstens vierundzwanzig Stunden.«
    »Ich hoffe, Sie scherzen, Frau Dr. Gant.«
    »Keineswegs. Wie lange dauert es, einen zwanzig Pfund schweren tiefgefrorenen Truthahn aufzutauen?«
    »Ich weiß nicht. Vier, fünf Stunden?«
    »Und dieser Patient hat in einem Milieu von, sagen wir, minus zehn Grad gelegen. Die inneren Organe brauchen wenigstens vierundzwanzig Stunden, um aufzutauen, wahrscheinlich sogar länger.«
    »Da ist was drin«, sagte Delorme, die von der Seite in den Plastiksack geschaut hatte.
    Cardinal kam zu ihr herüber und sah ebenfalls in den Sack. Er zog Gummihandschuhe an und griff wie ein Geburtshelfer mit beiden Händen in den Sack. Langsam und sehr behutsam hielt er den Gegenstand, der zerschrammt, blutbefleckt und rußig war, an beiden Enden und zog ihn ans Licht.
    »Eine Tonkassette«, sagte Delorme. »Die muss in seinen Kleidern gesteckt haben und ist herausgefallen, als er langsam auftaute.«
    »Versprechen wir uns nicht zu viel davon«, dämpfte Cardinal die Erwartungen. »Wahrscheinlich ist sie leer.« Er ließ die Kassette in eine Papiertüte fallen. »Hoffentlich sind brauchbare Fingerabdrücke drauf.«

15
    I ch wollte Dr. Gant fragen, was eine so hübsche junge Frau wie sie in einem Leichenschauhaus tut, aber ich hatte Bedenken, sie würde es vielleicht eigenartig finden.«
    »Natürlich«, sagte Delorme. »Ich würde das auch eigenartig finden.«
    »So eine junge Medizinerin sollte Internistin oder Kardiologin sein. Warum verbringt sie bloß ihre Zeit mit der Arbeit an Leichen?«
    »Aus dem gleichen Grund wie Sie, Cardinal – um es den Finsterlingen zu zeigen. Ich sehe da kein großes Geheimnis.«
    Sie befanden sich im Gerichtsmedizinischen Institut gleich hinter dem Büro des Coroners. Sie hatten die Kassette auf Fingerabdrücke überprüfen lassen, und nun fuhren sie im Aufzug zum chemischen Labor.
    Setevic beugte sich über ein Mikroskop und blickte nicht einmal auf, als sie eintraten. »Ein einzelnes Haar, außer denen des Opfers. Acht Zentimeter lang, mittelbraun, weißer Herkunft, vermutlich männlich.«
    »Und die Textilfaser?«
    »Rot, dreilappig.«
    »Das ist unser Mann«, sagte Cardinal.
    »Das können Sie nicht wissen.«
    »Die Wahrscheinlichkeit, dass es zwei verschiedene Täter geben könnte, und beide auch noch mit einem roten Teppich, ist in einer Stadt wie Algonquin Bay doch äußerst gering. Praktisch ausgeschlossen.«
    Delorme schaltete sich ein. »Todd Curry hat einige Zeit am gleichen Ort wie Katie Pine verbracht – so viel lässt sich doch sagen. Im selben Auto?«
    Setevic schüttelte den Kopf und lächelte. »So kriegen Sie ihn nicht. Solche Fasern finden überall Verwendung, in Wohnungen,für Terrassen, wo Sie wollen. Und nicht nur hier, auch in den Vereinigten Staaten. Ich sagte Ihnen das bereits, als wir Fasern an Katie Pine fanden. Sie dürfen meinem Urteil ruhig vertrauen. Haben Sie sonst noch etwas für mich? Was ist in der Papiertüte?«
    »Wir müssen erst hören, was drauf ist.« Cardinal reichte ihm die Tüte.
    Setevic sah hinein. »Haben Sie schon Fingerabdrücke genommen?«
    »Einer wird nebenan alphanumerisch übersetzt und dann in den Computer gegeben. Aber wir sind nicht allzu optimistisch. Sie haben nicht zufällig einen Kassettenrekorder zur Hand?«
    »Keinen guten.«
    »Das macht nichts. Wir wollen nur wissen, ob überhaupt etwas auf dem Band ist.«
    Setevic führte sie in ein vollgestopftes Büro, das er sich mit zwei anderen Chemikern teilte. Überall stapelten sich wissenschaftliche Zeitschriften. »Entschuldigen Sie die Unordnung. Wir benutzen das Zimmer nur zum Schreiben von Gutachten und zum ungestörten Telefonieren.«
    Er machte eine Schublade auf und holte einen verdreckten kleinen Rekorder hervor. Er drückte auf eine Taste, und die Stimme einer Frau in mittleren Jahren war zu hören. Sie diktierte irgendein biologisches Gutachten. »Die Probe wies einen vermehrten Anteil weißer Blutkörperchen auf, was auf ein fortgeschrittenes Stadium von …« Die Stimme wurde langsamer, dann erstarb sie ganz.
    »Mandy!«, rief Setevic, zur Tür gewandt. »Mandy! Haben wir noch Batterien?«
    Eine Assistentin kam herein und gab ihm eine Packung mit vier Batterien.

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