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Gefuehlschaos inklusive

Gefuehlschaos inklusive

Titel: Gefuehlschaos inklusive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Richling
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dass mir das jetzt passiert! Warum müssen gerade mir immer solche Peinlichkeiten widerfahren? Wenn das so weitergeht, brauche ich einen Psychiater. Ich rühre kräftig mit meinem Fuß herum, aber der Schuh will sich nicht lösen. Auf einmal streichen Hände über mein Bein und wandern langsam zu meinem Fuß hinab. Wenn ich nicht wüsste, wer das ist, würde ich glatt mit dem noch freien Bein ausschlagen. Doch ich genieße diese Berührungen und muss erst mal damit klarkommen. Bin ich etwa in meinen Chef verliebt? Warum wünsche ich mir nicht, dass er sich seine Hände an meinen Beinen verbrennt?
    „Das muss man mit Gefühl machen und nicht mit roher Gewalt“, erklärt er mir. Mit einem Ruck gelingt es ihm, den Schuh aus der Spalte zu befreien. Erleichtert setze ich meinen Weg zu Herrn Ruhlands Wagen fort, ohne mich für seine edelmütige Hilfe zu bedanken. Ich bin damit beschäftigt, meine turbulenten Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Das verlangt mir viel ab. Da kann ich unmöglich mit ihm sprechen. An der Beifahrertür seines Wagens bleibe ich stehen und warte, dass er den Wagen öffnet. Das Auto blinkt auf und meine Hand greift zum Türgriff. Fast zeitgleich steht er neben mir, legt seine Hand auf meine und zieht die Wagentür mit mir gemeinsam auf.
    „Nur für den Fall, dass Ihnen wieder etwas Unbedachtes passiert.“
    „Was kann schon passieren? Eine Wagentür öffne ich täglich zwanzig Mal“, antworte ich kratzbürstig. Hält er mich jetzt für einen Volltrottel oder was? Ich will mich in das Fahrzeug setzen, schaue aber immer noch zu meinem Chef, dessen Bemerkung ich alles andere als komisch finde, mache einen Schritt zum Wagen und stoße mit voller Wucht gegen die Tür, die nur halb geöffnet ist. Sie knallt lautstark zu und ich falle zurück in die Arme meines Chefs. Wow, das war ja mal wieder ein bühnenreifer Auftritt. Herr Ruhland hält mich mit beiden Armen umfasst und bringt mich zurück in eine aufrechte Position.
    „Da haben Sie allerdings Recht. Eine Wagentür zu öffnen ist Peanuts gegen den Versuch, sich unbeschadet in ein Auto zu setzen.“ Natürlich schließt er seine Worte mit einem schallenden Lachen ab. Wie gut, dass mein Humor keine Grenzen kennt und ich seine Bemerkung einfach zum Totlachen finde.
    Auf der Fahrt ins Theater spiele ich beharrlich mit meinen Daumen und lasse hektisch den einen um den anderen kreisen. Herr Ruhland schweigt die ganze Zeit, wirkt aber trotzdem recht entspannt. Es hat den Anschein, als würde er die ganze Zeit lächeln. Möglicherweise amüsiert er sich noch im Stillen darüber, wie ich gegen seine Wagentür gepoltert bin. Das war natürlich irre komisch, wenn man bedenkt, dass mich der Aufprall auch noch direkt in seine Arme katapultierte. Würde es sich nicht um mich handeln, hätte ich dabei sicher auch was zum Lachen gehabt. Mein ganzes Leben lang reiht sich bereits eine Katastrophe an die andere. Ich verstehe einfach nicht, warum der liebe Gott mich zu einer Witzfigur gemacht hat. Wahrscheinlich hat er im Himmel sonst nicht viel zu lachen. Da kommt ihm diese kleine Abwechslung auf der Erde gerade recht.
     
    Im Theater suche ich zunächst die Damentoilette auf. Nicht, dass ich ein dringendes Bedürfnis gehabt hätte, aber ich glaube, eine kleine Verschnaufpause tut mir ganz gut. Ich stelle mich in Ruhe vor den Spiegel und wühle in meiner Tasche nach meinem Lippenstift. Schließlich muss man sich ja irgendwie beschäftigen, wenn man sich nutzlos in diesen Räumen aufhält. Irgendwo in der linken untersten Ecke meiner Handtasche, ertaste ich etwas, was sich wie mein Lippenstift anfühlt. Meine Hand ertastet außerdem ein benutztes Taschentuch und etwas, was ich nicht mit meinem Tastsinn ergründen kann. Also fische ich alles heraus, was meine Hand ergreift. Etwas klimpert auf den gefliesten Boden. Ich bücke mich danach und erkenne es sofort. Es ist der Ring, den mir Ullrich schenkte und später so großzügig weiterverschenkte. Er muss ihn mir heimlich in mein Täschchen hineingesteckt haben. Lächelnd betrachte ich ihn. Wahrscheinlich hat sie ihm den Ring um die Ohren geschmissen, als sie erfuhr, dass ich ihn bereits getragen habe. Liebevoll lasse ich den Ring wieder in meine Tasche gleiten, dann ziehe ich mir die Lippen nach und gehe zu Herrn Ruhland zurück. Er steht neben einer Säule und unterhält sich mit jemandem, den er kennt und offensichtlich zufällig dort getroffen hat. Ich will meinen Weg zu ihm fortsetzen, doch irgendetwas hindert

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