Gefuehlschaos inklusive
einer Zwickmühle. Was soll ich denn bloß tun?“, sage ich hin- und hergerissen.
„Na schön, ich stehe nach wie vor zu meinem Wort und werde den Vorfall vergessen, trotzdem möchte ich informiert sein, daher bitte ich Sie, mir den Namen zu nennen.“
Mein Gott, er ist aber auch hartnäckig. Was bleibt mir anderes übrig? Er quetscht mich aus wie eine Zitrone. Ich hätte es nicht besser machen können. Dabei bin ich in detektivischen Dingen in der Regel unschlagbar. Ich wusste nicht, dass mein Chef über ähnliche Begabungen verfügt. Interessant. Nachdem ich ihm den Namen mitgeteilt habe, reibt er sich nachdenklich den Nacken.
„Sie wird es ganz sicher nie wieder tun. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer“, beteuere ich, um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Hoffentlich behält er diese Information auch wirklich für sich. Sonst falle ich bei Sylvia in Ungnade. Christian Ruhland wedelt mit dem Zeigefinger.
„Solche Versprechen sollten Sie nicht zu leichtfertig abgeben. Vor allem nicht, wenn Sie sie im Namen eines anderen aussprechen. Es wäre schade um Ihre Hand.“ Er lächelt mich an, doch irgendwie kann ich seine plötzliche gute Stimmung nicht teilen. Ich habe mich von ihm weichklopfen lassen, ganz mühelos. Das finde ich beunruhigend. In der Regel gebe ich nicht so schnell nach. „Wir sollten das Thema abhaken. Was meinen Sie?“, fügt er nun hinzu.
„Herr Ruhland, ich weiß nicht, wie es Ihnen gelungen ist, mir den Namen zu entlocken, aber ich hoffe, dass Sie zukünftig meine Verschwiegenheit akzeptieren werden. Es wird bestimmt nicht noch einmal vorkommen, dass ich entgegen meiner Überzeugung Informationen herausgebe, vor allem nicht, wenn ich um absolute Diskretion gebeten wurde.“
„Wenn Sie mir versprechen, zukünftig Ihre Wut nicht mehr an meinen Büroschränken auszulassen, dann lasse ich mit mir reden.“ Diese Bemerkung sollte wohl witzig sein, mir ist aber nicht zum Lachen zumute. Ich schmolle und erwidere nichts darauf. „Ich weiß diese Charaktereigenschaft an Ihnen sehr zu schätzen. Was glauben Sie wohl, warum ich Sie zu meiner rechten Hand gemacht habe. Aber Sie sollten lernen, die Spreu vom Weizen zu trennen. Es gibt nun einmal Dinge, die für mich außerordentlich wichtig sind und dazu gehört, dass ich weiß, was hier in der Firma vor sich geht. Ihre Loyalität Ihrer Kollegin gegenüber in allen Ehren, aber wenn es um Geschäftsinteressen geht, dann erwarte ich einfach, dass Sie Unterschiede machen. Sie und ich arbeiten sehr eng zusammen, das dürfen Sie nicht vergessen.“
Ich stehe vor ihm wie ein gerupftes Huhn. Er hat Recht. Der Diebstahl war ja keine Bagatelle. Es war meine Aufgabe, mit ihm darüber zu sprechen. Ich fühle mich überführt.
„Ja“, gebe ich kleinlaut zu. Mehr fällt mir dazu nicht mehr ein. Hoffentlich erwartet er jetzt nicht, dass ich einen ähnlich langen Monolog halte. Er lächelt mich verständnisvoll an, sagt aber nichts. Also stehen wir uns schweigend gegenüber und sehen uns einfach nur an. Solche Situationen liegen mir ganz und gar nicht. Die mögen im Film funktionieren, aber nicht im richtigen Leben. Da ist es schlichtweg nur peinlich. Nun sag schon was!
„Sie sind eine sehr attraktive Frau, Claudia.“
Nein, das hat er jetzt nicht gesagt! Unmöglich! Ich hab mich verhört.
„Wir sollten bald aufbrechen, sonst verpassen wir noch den ersten Akt“, lenke ich verlegen von seiner Bemerkung ab. Er lacht und ich weiß wirklich nicht, weshalb. Das heißt, ich kann’s mir schon denken, aber ehrlich, das geht nicht! Ich bin seine Assistentin und er kann mir nicht einfach ungehemmt Komplimente machen. Er verletzt damit die goldene Regel: Die Assistentin ist für den Chef nur ein Neutrum. Auch wenn ich alles andere als ein Neutrum bin und nur zu gern für attraktiv gehalten werde, aber doch nicht von meinem Boss!
„Ja, dann sollten wir uns wohl langsam auf den Weg machen“, entgegnet er schmunzelnd und löst sich von seinem Schreibtisch. Na bitte, warum nicht gleich so.
Als Herr Ruhland und ich zusammen mit dem Lift ins Parkhaus fahren, lässt er seinen Blick an mir hinunterwandern.
„Das Kleid steht Ihnen ausgesprochen gut“, bemerkt er freimütig. Unruhig schaue ich auf die Etagen-Anzeige und hoffe, dass wir unser Stockwerk endlich erreichen. Die Fahrstuhltür öffnet sich und ich eile ins Freie. Dabei mache ich einen unbedachten Schritt und bleibe mit meinem Absatz im Schlitz des Fahrstuhlschachtes hängen. Ich glaub nicht,
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