Gefuehlschaos inklusive
erstaunlich schnell erkannt, dass Ullrich und ich nicht für ein gemeinsames Leben geschaffen sind. Ich steige aus dem Taxi und eile nach oben ins Büro. Herr Ruhland ist gerade nicht an seinem Schreibtisch. Ich nutze die Gelegenheit und öffne den Schrank, in dem sich die Geldkassette befindet, und nehme sie heraus. Dann lege ich die Scheine gut sichtbar ganz obenauf. Ich klappe den Deckel wieder zu und stelle die Kassette zurück in den Schrank. Gerade will ich mir die Hände reiben, weil alles so prima geklappt hat, als ich meinen Chef hinter mir bemerke. Verfluchter Mist! Schneller ging’s nun wirklich nicht. Wieso muss er ausgerechnet jetzt wieder hier auftauchen?
„Können Sie mir das bitte erklären?“, sagt er erstaunt.
Ich bringe kein Wort heraus, da mir schlagartig klar wird, welchen Eindruck dieses heimliche Handeln auf ihn gemacht haben muss. Fehlt jetzt nur noch, dass er mich beschuldigt, das Geld genommen zu haben.
„Würden Sie mir bitte eine Antwort geben?“, fordert er mich auf.
„Es ist nicht so, wie Sie denken“, entgegne ich verunsichert. Seine Miene verfinstert sich und lässt seinen Unmut erahnen.
„So? Was denke ich denn?“
Er geht zu seinem Schreibtisch und lehnt sich mit verschränkten Armen an die Tischplatte. Dabei vermittelt er gar nicht den Eindruck, als wolle er mir das Fell über die Ohren ziehen. Warum aber glaube ich es dann?
„Ich habe keine Ahnung, was Sie denken, aber es ist verdammt noch mal nicht so, wie es scheint!“, vergreife ich mich im Ton.
„Dann seien Sie doch so freundlich und erklären es mir.“ Was soll ich denn da groß erklären? Kann er sich denn nicht denken, dass ich das Geld in die Kasse zurückgelegt habe? Manchmal sind Männer aber auch kleingeistig.
„Das kann ich nicht“, trotze ich.
Brummig fährt er sich übers Kinn. Er hat wohl nicht damit gerechnet, dass er meinen Widerstand so deutlich zu spüren bekommt.
„Claudia, überlegen Sie sich gut, was Sie sagen. Ich frage Sie ein letztes Mal. Warum waren Sie an diesem Schrank?“
Wütend blitze ich ihn an.
„Sollten Sie mich tatsächlich des Diebstahls an den zweihundert Euro bezichtigen, dann enttäuschen Sie mich wirklich sehr. Ich habe nie etwas getan, was der Firma geschadet hätte, warum sollte es jetzt anders sein? Nur weil Sie mich zufällig an dieser Geldkassette ertappt haben?“
Meine Güte, ich würde ihn gern mal kräftig schütteln, damit seine Gehirnzellen wieder richtig angeordnet sind. Ich kann’s kaum glauben, dass ich mich hier gerade verteidigen muss. Irgendwie hatte ich bereits geahnt, dass mich diese Sache Kopf und Kragen kosten wird. Ich knalle die Schranktür mit voller Wucht zu und fege schnaufend wie ein Nashorn auf ihn zu. „Das hätte ich nicht von Ihnen gedacht!“, fahre ich bebend fort. „Das ist ungerecht und das wissen Sie!“
„Habe ich etwa irgendwelche Anschuldigungen ausgesprochen?“
Natürlich. So was musste ja jetzt kommen. Er ist plötzlich die Ruhe in Person, während ich wie ein Treibgeschoss in die Luft zische.
„Nein, nicht direkt, aber Sie waren gerade dabei.“
Und das braucht er jetzt überhaupt nicht abzustreiten. Ich habe es aus den Zwischentönen herausgehört.
„Nun beruhigen Sie sich erst mal wieder und setzen Sie sich.“ Widerwillig tue ich es, obwohl ich lieber ein paar Schranktüren zerschmettert hätte. Mein Temperament geht gerade etwas mit mir durch.
„Natürlich gab es niemals einen Anlass, der mich an Ihrer Loyalität zweifeln ließ. Ich habe auch jetzt nicht an Ihnen gezweifelt. Aber finden Sie nicht auch, dass ich das Gleiche auch von Ihnen erwarten könnte?“
Was will er denn damit nun sagen? Er spricht in Rätseln. Kann er nicht einfach auf den Punkt kommen?
„Ich verstehe nicht ganz.“
Wie auch, er ist ein Mann und Männer sprechen eine andere Sprache – wenn sie sprechen.
„Glauben Sie ernsthaft, ich hätte nicht bereits geahnt, dass Sie das Geld wieder in die Kasse zurücklegen werden, nur um den Verantwortlichen zu schützen? Warum verschweigen Sie mir den Namen? Trauen Sie mir in diesem Fall keine rücksichtsvolle Behandlung zu?“
Ehrlich gesagt bemühe ich mich gerade um Fassung. Hätte er nicht gleich sagen können, dass er mir den Diebstahl gar nicht anhängen will? Um ein Haar hätte ich sein Mobiliar zertrümmert.
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Bitte entschuldigen Sie dieses Missverständnis. Aber ich habe der Person versprochen, es für mich zu behalten. Jetzt bin ich in
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