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Gefühltes Wissen

Gefühltes Wissen

Titel: Gefühltes Wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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der Wohnung und schaue auf mein selbst gemachtes Klingelschild.
    - Eppers. Ich heiße Hobst Eppers oder so ähnlich, weiß auch nicht…
    Mist, meine Handschrift ist wirklich kaum zu entziffern.
    - Schön, Herr Eppers, heute ist Ihr Glückstag.
    - Glückstag? Echt? Juhu, ich freu mich so. Glückstag.
    Ein Windstoß erfasst die Wohnungstür und wirft sie ins Schloss. Stehe barfuß, mit nassem T-Shirt und Unterhose im Hausflur. Mir wird kalt. Egal, davon lass ich mir die gute Laune nicht verderben. Singe sinnlos säuselnd vor mich hin:
    - Glückstag. Glückstag.
    - Und jetzt, Herr Eppers, sagen Sie mir noch, welches das beste und witzigste Frühstücksradio der Stadt ist, und Sie haben 500 Euro gewonnen.
    - Oh, ääh, Moment, äääh…
    Klingel beim Nachbarn Sturm. Muss Zeit gewinnen.
    - Der Sender, kein Problem, hör ich ja jeden Morgen, Sie sind echt super, echt, auch die Musik, Sie machen ja auch Musik, ne, aber wissen Sie wahrscheinlich ja selbst, beim Sender… 
    Der Nachbar öffnet. Stürze wortlos an ihm vorbei, werfe mich vors Radio und drücke die Sender durch. Sobald es eine laut pfeifende Rückkopplung gibt, hab ich gewonnen.
    - Tut mir leid, Herr Eppers, Ihre Zeit ist abgelaufen.
    - Nein, nein, ich hab's gleich.
    - Horst, vergiss es.
    - Horst? Wieso Horst? Ich denke, ich heiße Hobst.
    - Nein, Horst, mach dir mal ein neues Klingelschild. Deine Handschrift ist echt unter aller Sau. Hier ist Peter.
    - Peter? Seit wann bist denn du beim Radio?
    - Bin ich nicht. Ich bin nur auf einmal wach geworden und konnte nicht mehr einschlafen. Da dachte ich mir, machste das Beste draus, rufste den Horst an und bringst den mal frühzeitig auf Touren. Dann hat der auch mal mehr vom Tag.
    Noch saurer als ich war nur mein Nachbar. Später hat er mir dann doch Zange und Schraubenzieher geliehen, damit ich zurück in die Wohnung konnte. Aber erst nachdem ich ihm, so, wie ich war, die Fenster geputzt hatte. Dabei hat er Fotos gemacht, mit denen er mich seitdem erpresst. Sieht so aus, als sollte ich von diesem Tag wirklich noch so richtig viel mehr haben.

Innere Sicherheit
    Es war vor zehn oder zwölf Jahren in London nach einem Theaterbesuch. Nach Ende der Vorstellung musste ich noch schnell auf Toilette. Also ging ich auch und ließ gewohnheitsmäßig meinen Rucksack so lange vor der Sitzreihe stehen. Das war ein Fehler. Gerade hatte ich alle Vorbereitungen getroffen und auf der Brille Platz genommen, als es plötzlich von außen an die Kabinentür hämmerte:
    - Open the door!
    Mir fiel in meiner Not nix Besseres ein, als zurückzubrüllen:
    - Is occupied.
    - Security, open the door immediately!!!
    Ich öffnete die Tür und sah drei bewaffnete Männer, zwei davon mit der Waffe im Anschlag. In diesem Moment lernte ich, dass die Redensart «sich vor Angst in die Hosen machen» nicht nur eine Redensart ist. Gott sei Dank saß ich ja schon auf der Toilette. Tatsächlich leerten sich beim Anblick der beiden auf mich gerichteten Waffen Darmtrakt und Blase so schnell, unkompliziert und grundlegend aus, dass bei aller Angst auch ein gewisses Glücksgefühl nicht ausblieb. Eine interessante Erfahrung. Auch für die Security-Kräfte muss der Anblick des sich hilflos endlos entleerenden Touristen etwas zutiefst Anrührendes gehabt haben, woraufhin sie mich sofort als harmlos einstuften. Dennoch ermahnten sie mich später streng, nie wieder an öffentlichen Orten Taschen oder Ähnliches stehen zu lassen. Ich fand die Panik der Engländer vor Anschlägen der IRA zwar übertrieben, gab den Wachleuten aber vorsichtshalber in allem recht.
    Muss allerdings zugeben, dass ich seither in Zeiten wirklich schlimmer Verdauungsbeschwerden recht gerne in Berlin mit einem leeren Aktenkoffer zum Flughafen fahre, ihn irgendwo auffällig stehen lasse, auf Toilette gehe und geduldig warte, bis mir ein Trupp bewaffneter Wachleute Erlösung bringt.

Noch mehr vom Tag oder Wie wir zum sichersten Haus in ganz Berlin wurden
    Dienstagmorgen, 6.30 Uhr. Werde vom dröhnenden Frühstücksradio im Radiowecker meines Nachbarn geweckt. Seit er seinen neuen Job hat, muss er immer um halb sieben aufstehn, und da sein Schlafzimmer neben meinem liegt und die Wände eher dünn sind, darf ich jeden Morgen gleich mit aufwachen. Mann, Mann, Mann, über fünf Millionen Arbeitslose, aber mein Nachbar, der findet natürlich Arbeit… Nee, das kann doch alles nicht wahr sein, die Welt is' nich' gerecht.
    Grad gibt's wieder den tollen Hit der Superstars: «We have a dream,

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