Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
abgehackt hatten, und er war nun gezwungen, für die US -Behörden zu arbeiten, wenn er nicht in den Knast wandern wollte. Die einfachen Touren mit ihrem leicht verdienten Geld waren endgültig vorüber. Agent Ansara hatte ihm das ganz deutlich gemacht. Sie hatten ihm eine GPS -Sonde injiziert und sein Handy mithilfe seines Bluetooth-Ohr hörers zu einem Abhörgerät umfunktioniert.
An diesem Tag hatte ihn sein Kontaktmann bereits angerufen und ihn aufgefordert, nach Mexicali zu kommen, um dort einen Wagen mit Schmuggelgut abzuholen. Während er im angegebenen Lagerhaus auf diesen wartete, kam ein Mann mittleren Alters mit einer Brille und staubbedeckten Haaren auf ihn zu und fragte ihn auf Spanisch: »Bist du der Neue?«
»Ich nehme an. Aber ich bin nicht neu dabei. Ich habe nur noch nicht von hier aus gearbeitet. Normalerweise hole ich die Ware an einem anderen Ort ab. Was macht ihr Leute hier? Grabt ihr einen weiteren Tunnel?«
»Das geht dich gar nichts an, junger Mann.«
Rueben steckte die Hände in die Hosentaschen. »Ist ja auch egal.«
»Wie alt bist du?«
»Weshalb interessiert Sie das?«
»Du gehst noch auf die Highschool, nicht wahr?«
»Sind Sie mein neuer Boss?«
»Das spielt doch keine Rolle.«
Rueben runzelte die Stirn. »Und wieso wollen Sie es dann wissen?«
»Wie sind deine Noten?«
Rueben prustete. »Meinen Sie das im Ernst?«
»Beantworte die Frage.«
»Sie sind ziemlich gut. Meist Einser und Zweier.«
»Dann musst du damit aufhören. Und zwar sofort. Du wirst entweder sterben oder verhaftet werden, und dein Leben wird vorbei sein. Verstehst du mich?«
Ruebens Augen fingen zu brennen an. Ich verstehe dich besser, als du denkst. Aber es ist verdammt noch mal zu spät. »Ich gehe aufs College, und mit dem hier werde ich meine Studiengebühren bezahlen. Sobald dazu das Geld reicht, höre ich auf.«
»Das sagen sie alle. Ich brauche das Geld für dies und das, aber nächste Woche höre ich auf.«
»Ich möchte jetzt nur hier wegkommen und meinen nächsten Job erledigen.«
»Wie heißt du?«
»Rueben.«
Der Mann hielt ihm die Hand hin, und Rueben schlug nach einigem Zögern ein. »Ich bin Pedro Romero. Ich hoffe, ich sehe dich hier nie wieder. Okay?«
»Ich wünschte, ich könnte Ihnen diesen Gefallen tun, aber Sie werden mich wiedersehen. So ist es eben nun mal.«
»Denk darüber nach, was ich gesagt habe.«
Rueben zuckte die Achseln und drehte sich um, als einer der Männer zu ihm herüberrief: »Du kannst fahren.«
»Denk darüber nach«, drang Romero noch einmal in ihn und klang dabei fast wie Ruebens Vater.
Ich wünschte, das hätte ich früher getan, alter Mann. Ich wünschte, das hätte ich.
Rueben fuhr den Wagen ohne Zwischenfälle über die Grenze und lieferte ihn dort einem Team von Ansaras Leuten ab. Sie brachten ihn zu einem Kurierservice. Der Mann dort fuhr ihn dann in einem Kleinbus nach Hause. Gegenüber seinem Elternhaus parkte ein schwarzer Escalade. Rueben schlüpfte auf den Rücksitz des Wagens, nachdem der Bus außer Sicht war. Am Steuer saß FBI -Agent Ansara.
»Gute Arbeit, Rueben.«
»Wenn Sie das sagen.«
»Der alte Mann hatte recht, nicht wahr?«
»Hatte er wohl. Ich hätte aufhören sollen, bevor Sie mich gekascht haben, aber jetzt bin ich im Arsch.«
»Nein, du warst großartig. Du hast mir ein paar gute Bilder und Tonaufnahmen dieses Mannes verschafft. Jetzt können wir ihn identifizieren und nachschauen, was in diesem Lagerhaus so vor sich geht.«
Rueben schloss die Augen. Er wollte weinen. Er konn te kaum noch schlafen. Er träumte immer, dass sie ihn mitten in der Nacht als Skelette verkleidet holen würden und große Messer dabeihätten, mit denen sie ihm das Herz herausschneiden würden. Danach sah er seine Eltern bei seinem Begräbnis. Wenn sie den Friedhof verließen, fuhr ein Wagen voller Sicarios vorbei, die seinem Vater und seiner Mutter in den Kopf schossen. Im Sterben schauten diese zum Himmel empor und flüsterten: »Du warst doch so ein braver Junge. Was ist nur mit dir passiert?«
Polizeistation Delicias
Juárez, Mexiko
A ls CIA -Agentin hatte Gloria Vega in über sechsundzwanzig Ländern gearbeitet und dabei Aufträge erledigt, die zwischen acht Stunden und sechzehn Monaten gedauert hatten. Sie hatte dabei eine Menge Blutvergießen und Korruption erlebt und bei ihrer Undercover-Mission für die VTF Juárez in der Mordhauptstadt der Welt Ähnliches und vielleicht noch Schlimmeres erwartet. Sie hatte allerdings nicht erwartet,
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