Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
waren. Als sich die Männer von ihren Hubschraubern abseilten, verfingen sie sich in diesen Drahthindernissen und wurden von der irakischen Besatzung der Plattformen beschossen, bis sie nach einiger Zeit deren Widerstand überwinden und die gesamte Plattform einnehmen konnten. Kurz darauf tauchte vor der Ölverladeeinrich tung ein irakischer Panzer auf. Dem in die SEAL s-Strukturen integrierten Flugleitoffizier gelang es jedoch, eine A- 10 Thunderbolt Warthog der US -Air-Force herbeizurufen, deren Waffenkontrollingenieur den Panzer dann mit einer 300 Kilo schweren AGM- 65 -Maverick-Luft- Boden-Rakete ausschaltete.
Andere SEAL -Teams griffen die Raffinerie und den Hafen auf der Al-Fao-Halbinsel an, während US -Marines vom 5 th Regimental Combat Team der 1 st Marine Expeditionary Force weiter nördlich Ziele in den Rumaila-Öl feldern attackierten. Moore hatte seinen Kommandeur klagen hören, das Gelände sei dort sehr problematisch. Man könne dort die gewöhnlichen leichten, hinter radangetriebenen Desert Patrol Vehicles (DPVs) nicht einsetzen. Seine Befürchtungen bewahrheiteten sich, als die DPVs einiger SEAL -Teams dort in dem mit Rohöl getränkten Wüstensand stecken blieben. Sie mussten dann zu Fuß mehr als dreihundert irakische Soldaten angreifen, die sich in Schützengräben gut verschanzt hatten und von gepanzerten Fahrzeugen unterstützt wurden. Mithilfe der von ihren Flugleitoffizieren angeforderten massiven Luftunterstützung konnten die SEAL s bis zur Abenddämmerung die feindlichen Linien durchbrechen und das gesamte Ölfeld sichern. Dabei töteten sie mehrere Hundert Iraker, nahmen noch mehr gefangen und zerstörten alle irakischen Panzer, bis sie von der 42 . Kommandoeinheit der britischen Royal Marines abgelöst wurden.
Nach dem Ende der Operationen wurde auch Carmichaels Leichnam geborgen. Offensichtlich war er bereits auf der Plattform angeschossen worden. Im Wasser wurde er dann von Gelbbäuchigen Seeschlangen gebissen, die wohl durch das Kielwasser des Außenborders aufgescheucht worden waren. Diese Schlangen waren im Persischen Golf relativ häufig. Ihr Gift war stärker als das der Kobra oder der Krait und lähmte das Atmungssystem ihrer Opfer. Auch Hartogs Leiche wurde gefunden, obwohl sie fast einen Kilometer von der Plattform abgedriftet war.
Bei Carmichaels Begräbnis in San Diego bildeten Moore und dreißig andere SEAL s, die Carmichael kannten und mit ihm gedient hatten, eine Gasse, durch die dann die Sargträger auf dem Weg zwischen dem Leichenwagen und dem Grab den Sarg hindurch trugen. Wenn der Sarg an einem dieser SEAL s vorbeikam, zog dieser sein goldenes SEAL s-Abzeichen, das offiziell »Trident« hieß, inoffiziell jedoch nur »Budweiser« (man bekam es nach bestandenem BUD/S -Kurs!) genannt wurde, von seiner Uniform ab. Unten an diesem Abzeichen war eine schwere Anstecknadel angebracht. Der SEAL schlug jetzt den Trident so auf den Sarg, dass die Nadel in dessen Holz stecken blieb. Als Carmichaels Totenlade am offenen Grab ankam, schmückten sie auf beiden Seiten die goldenen Budweiser seiner Kameraden. Das war das Mindeste, was sie zum Abschied für ihn tun konnten – ein letzter Gruß an einen ihrer Brüder.
Moore als Carmichaels engster und bester Freund trieb als Letzter sein SEAL -Abzeichen in den Sarg. Das war zu viel für ihn. Ein paar Sekunden war er nahe daran, die Fassung zu verlieren. Die stoischen Gesichter seiner Kameraden, die von extremer Disziplin zeugten, motivierten ihn jedoch, standhaft zu bleiben. Auch er würde das durchstehen. Er blickte zu Laney, Franks junger Witwe, hinüber. Sie schluchzte in ihr Taschentuch, und Wimperntusche lief ihr über die Wangen und färbte diese so schwarz wie ihr Kleid. Ihr zu sagen, es täte ihm leid, war ein Witz, ein entsetzlich schlechter Witz. Sie hatte wegen ihm ihren Mann verloren. Es erfüllte ihn mit großer Hilflosigkeit, ihr in ihrem Schmerz nicht beistehen zu können. Er ballte die Hände zu Fäusten.
Einige Stunden später fand in einem großen italieni schen Restaurant namens Anthony’s der Leichenschmaus statt. Nach dem Essen nahm Moore Laney beiseite und versuchte ihr zu erklären, was passiert war. Man hatte ihr die Ereignisse nur in groben Zügen geschildert. Niemand hatte bisher erwähnt, dass Moore die Entscheidung getroffen hatte, Carmichael seinem Schicksal zu überlassen und den Rest des Teams zum Hubschrauber zu bringen. Es hieß nur, dass die SEAL s beschossen worden seien und Carmichael dabei
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