Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
Wachstumslampen brachten diese oft zum Durchschmo ren. Sein Onkel hatte ihn gelehrt, dass er deshalb nur teure Hochleistungsschalter oder Zeitrelais verwenden durfte.
Dieser genau einzuhaltende regelmäßige Wechsel von Licht und Dunkelheit stellte jedoch auch ein schwerwiegendes Sicherheitsproblem dar. Verhängte man mitten am Tag die Fenster, konnte das den Verdacht von Polizisten und Drogenfahndern erregen, die geschult waren, genau auf solche Zeichen zu achten. Auch ein ständiger übermäßiger Stromverbrauch konnte zu einer Meldung des örtlichen Stromversorgers an das Drogendezernat führen. Außerdem wurden die Treibhäuser so feucht, dass eine regelmäßige Lüftung erforderlich war. Öffnete man jedoch die Fenster, ohne Rücksicht auf eventuelle Niederschläge oder die jeweils herrschende Außentemperatur zu nehmen, war dies ebenfalls sehr riskant.
Im Alter von zwölf Jahren konnte Ansara die zwölf stärksten Marihuana-Sorten in absteigender Reihenfolge ihres THC -Gehalts von der »Weißen Witwe« bis zum »Lowrider«-Gras herunterbeten. In dieser ganzen Zeit rauchte er jedoch kein einziges Mal einen Joint oder eine Pfeife mit Gras. Dies galt auch für seinen Onkel, der ihm immer wieder einbläute, sie seien Geschäftsleute, die ein wichtiges Produkt herstellten und vertrieben. Wenn man Kekse verkaufe, esse man ja auch nicht selbst alle Kekse auf.
Die ganze Sache nahm ein abruptes Ende, als seine Mutter herausfand, warum er so viel Zeit mit Onkel Alejandro verbrachte. Sie sprach daraufhin mit ihrem Bruder monatelang kein Wort.
Dass Ansara dann zum FBI ging und inzwischen bereits etliche Marihuana-Pflanzer hinter Gitter gebracht hatte, war eine Ironie, wie es sie nur im wirklichen Leben gab. Eine weitere Ironie lag direkt vor seinen Augen. Nur eine Handvoll Drogenfahnder war für die über 8000 Quadratkilometer Wald in diesem Nationalpark in Kalifornien zuständig. Unglücklicherweise war Ansara keiner von ihnen. Er war in diese Gegend gekommen, weil er einen ganz bestimmten Schmuggler, einen gewissen Pablo Gutiérrez, jagte, der in Calexico einen FBI -Agenten ermordet hatte und wahrscheinlich in Diensten des Juárez-Kartells stand. Auf der Suche nach diesem Mann hatte Ansara diese Mutter aller kalifornischen Marihuana-Plantagen gefunden. Er und seine Kollegen wollten sie jedoch erst einmal nicht auffliegen lassen, weil sie hofften, auf diese Weise wichtige Informationen über das Kartell zu erlangen. Wenn sie dessen Capitanos und Bosse nicht erwischten, wäre eine Razzia weitgehend nutzlos. Wenn sie zu früh losschlugen, würden die Kartelle ein paar Kilometer weiter einfach eine andere Plantage errichten.
Je wirksamer die Sicherheitsmaßnahmen an der US - amerikanisch-mexikanischen Grenze wurden, desto mehr Operationen verlegten die Kartelle auf den Boden der Vereinigten Staaten. Ein Spezialagent des US -Landverwaltungsamts hatte Ansara erzählt, dass Ranger erst vor acht Monaten in einem Park in einer einzigen Woche elf Tonnen Marihuana konfisziert hätten. Der Beamte wollte sich gar nicht erst vorstellen, wie viele Tonnen sie nicht konfiszierten, die danach im ganzen Land verkauft wurden … Mexikanische Drogenbarone führten ihre Geschäfte auf amerikanischem Boden, und es gab nicht genug Gesetzeshüter, um sie wirksam zu bekämpfen. Wie die Soldaten in Vietnam zu sagen pflegten: Genau das ist der Punkt …
Ansara ließ seinen Feldstecher sinken und zog sich noch weiter ins dichte Gestrüpp zurück. Er meinte bemerkt zu haben, dass einer der Banditen zweimal in seine Richtung geblickt hatte. Sein Puls begann zu rasen. Er wartete ein paar Sekunden, dann hielt er wieder den Feldstecher ans Auge. Die Männer hatten einige Kisten neben dem Zelt abgesetzt und deren Deckel entfernt. Als Ansara näher heranzoomte, erkannte er Packungen voller Zahnbürsten und Zahnpastatuben, Seife, Wegwerfrasierklingen sowie Aspirin-, Pepto-Bismol- und Hustensaftfläschchen. Die größeren Kisten enthielten kleine Propantanks, Tortilla-Packungen und Konservendosen. Die Männer schienen vor allem Tomaten- und Kuttelgerichte zu mögen.
Plötzlich flatterte über ihm ein Vogel durch die Bäume. Ansara schrak zusammen und hielt den Atem an. Er setzte erneut den Feldstecher ab, rieb seine müden Augen und hörte Lisas Stimme in seinem Kopf: »Ja, ich wusste, worauf ich mich einlasse, aber wir sehen uns einfach zu selten. Ich dachte, ich könnte mich damit abfinden. Ich dachte, dass es klappen würde. Aber es geht einfach
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