Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
nicht.«
Und so war es gekommen, dass ihm eine weitere langbeinige Blondine mit einer rauchigen Stimme und sanften Händen den Laufpass gegeben hatte. Dabei schien es diesmal ganz anders zu sein. Sie hatte geschworen, dass ihr seine häufige Abwesenheit nichts ausmachen werde. Im ersten Jahr hatte sie das tatsächlich auch tapfer versucht. Sie war Schriftstellerin und Politikprofessorin an der Arizona-State-Universität. Sie hatte ihm sogar erzählt, es sei gut, wenn er immer wieder weg sei, weil sie viel Zeit für sich selbst benötige. Tatsächlich schien sie in der Nacht ihres ersten Jahrestages als Paar bis über beide Ohren in ihn verliebt zu sein. Auf einer Party hatte sie ihn einmal sogar mit solchen Film- und Fernsehschauspielern wie Jimmy Smits und Benjamin Bratt verglichen. Auf ihrer Facebook-Seite beschrieb sie ihn als »einen großen, schlanken, gut rasierten Latino mit einem strahlenden Lächeln und hellen, zärtlichen Augen«. Er hatte das damals für ziemlich cool gehalten. Er selbst hätte solche Worte nie gefunden. Allerdings stellte sich das Sprichwort: »Durch die Ferne wächst die Liebe« zumindest für Frauen unter dreißig als falsch heraus. Er verstand und ließ sie ziehen. Aber den ganzen letzten Monat musste er ständig an sie denken. Er erinnerte sich an ihr erstes Rendezvous, als er sie in ein kleines mexikanisches Familienrestaurant in Wicken burg, Arizona, ausführte. Er erzählte ihr von seinem eigenen Studium an der ASU , über seine Zeit bei den Army-Spezialkräften in Afghanistan und über seine Entscheidung, nach dem Ende seines Militärdienstes für das FBI zu arbeiten. Schließlich fragte sie ihn: »Darfst du mir denn das alles erzählen?«
»Ich habe keine Ahnung. Macht es dich etwa heiß, solche streng geheimen Sachen zu erfahren?«
Sie verdrehte die Augen und kicherte.
Das Gespräch war dann jedoch ernst geworden, als sie ihn nach seinen Kriegserlebnissen und seinem gefallenen Bruder fragte. Er erzählte ihr, dass er sich von viel zu vielen seiner Freunde vorzeitig verabschieden musste. Nach dem Dessert meinte sie, sie müsse jetzt dringend nach Hause. Damit wollte sie ihm schonend beibringen, dass sie nicht wirklich an ihm interessiert war. Trotzdem bat sie ihn, seiner Schwester zu danken, dass sie ihn mit ihr bekannt gemacht hatte.
Natürlich gab er wie jeder echte Militär- und FBI -Typ nicht so schnell auf. Schließlich konnte er sie mit Blumen, schlechten Gedichten auf selbst gebastelten Karten und weiteren Dinner-Einladungen erobern. Aber dann fiel das Ganze seiner Karriere zum Opfer. Er fing an, dies sehr zu bedauern. Wäre es denn nicht einmal schön, geregelte Arbeitszeiten und ein freies Wochenende zu haben? Wenn er sich dann jedoch vorstellte, Tag für Tag in einem engen Büro arbeiten zu müssen und dabei ständig einen Chef im Nacken zu spüren, wurde ihm regelrecht übel.
Es war schon besser, hier in den Bergen zu sitzen und mit seinem Feldstecher ein paar böse Jungs zu beobachten. Plötzlich fühlte er sich wieder so frei und unbeschwert wie als Junge.
Nachdem sie alle Kisten abgeladen hatten, stiegen die Männer in ihren Mietlieferwagen und fuhren davon. Während Ansara ihnen noch nachschaute, kamen einige weitere Männer aus dem Zelt und begannen den Inhalt der Kisten in ihren Rucksäcken zu verstauen. Zehn Minuten später machten sie sich in Richtung der Marihuana-Plantage auf den Weg.
Ansara wartete noch einen Moment, um dann selbst den Rückweg anzutreten.
Hätte er nicht zufällig nach unten geschaut, wäre es um ihn geschehen gewesen.
Etwas rechts von ihm war ein kleines Gerät zu erkennen, aus dessen Spitze ein Laserkegel hervortrat. Ansara wusste sofort, dass es sich dabei um eine Lasersperre handelte. Auf der anderen Seite der Lichtung befand sich das Gegenstück. Wenn er den Laserstrahl unterbrach, löste dies einen stillen Alarm aus. Ansara hob den Feldstecher an die Augen und entdeckte ein paar weitere Geräte, die kurz über dem Boden an Baumstämmen befestigt waren. Die Mexikaner hatten sie mit Blättern und Zweigen so gut getarnt, dass man sie nur dann erkannte, wenn man wusste, wonach man suchte. Ihm war bekannt, dass man überall um die eigentliche Plantage herum konventionelle Stolperdrähte und Landminen verlegt hatte. Doch dieser Teil des Parks war für Ansara neu. Nirgendwo sonst hatte er solche Geräte gesehen. Verdammt, wenn er noch einmal hier heraufkam, musste er viel vorsichtiger sein.
Von unten hörte man plötzlich ein
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