Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
als ein halbes Dutzend Mal ausgeglitten und ein Stück den Berg hinuntergerutscht war. Dabei hat te er immer sicherstellen müssen, dass er unentdeckt blieb. Lose Felsbrocken, niedrig hängende Zweige und das raue Gelände hatten ihm dies nicht gerade leicht gemacht.
Etwa eine Stunde nördlich des großen Zelts, das er jetzt beobachtete, und eine zweistündige Wanderung von der nächsten Fahrstraße entfernt, lag das, was Ansari den »Garten« getauft hatte. Im Schatten riesiger Zucker-Kiefern wuchsen dort in sauberen, jeweils 2 Meter voneinander entfernten Pflanzreihen mehr als 50 000 Marihuana-Stauden, von denen einige mehr als 1 , 50 Me ter hoch waren. Die auf fruchtbarem Waldboden angelegte Plantage zog sich weit die umgebenden Hügel hin auf. Viele Pflanzen wuchsen auch inmitten dichten Gestrüpps und in der Nähe von Bächen, die die Kartelle zum Bewässern der gesamten Plantage nutzten. Überall hatten sie Rohre verlegt, die Bäche gestaut und ein aus geklügeltes Tropfbewässerungssystem mit schwerkraft betriebenen Schlauchleitungen eingerichtet, das dafür sorgte, dass die Pflanzen nicht überwässert wurden. Das Ganze war eine höchst professionelle Anlage, bei der man keine Kosten und Mühen gescheut hatte.
Im Umkreis der stetig wachsenden Plantage lagen kleine Zeltsiedlungen, in denen die Marihuana-Farmer und die Wachleute lebten. Ein Großteil ihres Nahrungsvorrats wurde in großen Säcken gelagert, die man hoch oben in die Bäume hängte, um sie vor den Schwarzbären zu schützen, die dieses Gebiet durchstreiften. Die Felder selbst wurden rund um die Uhr von mindestens dreißig Bewaffneten gesichert. Diejenigen, die Nahrung, Wa sser, Kleidung, Düngemittel und andere unerlässliche Nachschubgüter herbeischafften, durften die eigentliche Plantage niemals sehen und wussten deshalb auch nicht genau, was da in den Bergen vor sich ging. Die geernteten Pflanzen wurden bei Nacht von den Farmern selbst unter dem Schutz der Sicherheitsleute he rausgeschmuggelt. Den am Tage arbeitenden Teams stan den teure Mountainbikes zur Verfügung, mit denen sie sich schnell und lautlos durch die unwegsamen Täler bewegen konnten. Ansara nahm an, dass viele Pflanzer und Arbeiter Verwandte und Freunde unter den Kartell-Angehörigen hatten und deshalb das Vertrauen der Gangs genossen. Andererseits wurden alle Ein- und Aus gänge des Nationalparks von Rangern überwacht. Ansara hatte jedoch herausgefunden, dass wenigstens ein Nachtwächter bestochen worden war. Er gestattete etwa alle zehn Tage zwischen Mitternacht und 5 . 00 Uhr die Ein- oder Ausfahrt eines Fahrzeugs.
Ansara kannte sich seit seiner Kindheit auf dem Gebiet des Marihuana-Anbaus gut aus. Er war in East Los Angeles im Stadtteil Boyle Heights in einem Teil eines Reihenhauses aufgewachsen, in dessen anderem Teil der ältere Bruder seiner Mutter, Alejandro De La Cruz, lebte. Unter der Woche war sein Onkel ein »Gärtner für die Filmstars« im Nobelviertel Bel Air. Nachts und an den Wochenenden verkaufte er an dieselben reichen Kunden das von ihm angebaute »Gras«. Ansara durfte ihm immer wieder dabei helfen.
Bereits im Alter von zehn Jahren konnte Ansara »Delta- 9 -Tetrahydrocannabinol« ( THC ) ohne Mühe aussprechen und buchstabieren. So hieß der chemische Stoff in der Cannabis-Pflanze, der die Dope-Konsumenten high machte. Er verbrachte Stunden damit, Styroporbecher für die Zucht von Marihuana-Pflänzchen vorzubereiten. Zuerst bohrte er kleine Abflusslöcher in den Boden, dann füllte er den Becher mit Blumenerde aus. Am Schluss steckte er einen dunkelbraun marmorierten Samen mit dem spitz zulaufenden Ende nach oben in diese Erde. In der Wohnung seines Onkels stellte er 30 bis 40 Becher nebeneinander auf ein Regal. Danach schaltete er die Heizschlangen an, die unter diesem Regal angebracht waren, damit die Pflanzen genug Bodenwärme bekamen.
Er lernte, wie man die keimenden Setzlinge umtopfte, wobei es vor allem wichtig war, um den Wurzelballen herum ausreichend Erde zu belassen. Sein Onkel brachte ihm außerdem bei, dass in diesem Treibhäuschen 24 Stunden am Tag ein Ventilator laufen musste. Immer wieder suchte er die Inserate und Werbeteile der Zeitungen nach günstigen Angeboten für 60 0 -Watt-Hochdruck-Natriumdampf-Wachstumslampen ab.
Dabei waren regelmäßige Dunkelzeiten für die gesunde Entwicklung der Marihuana-Pflanze ebenso unerläss lich. Die dazu notwendigen 24 -Stunden-Zeitschaltuhren waren jedoch ein großes Problem. Die starken
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