Gegen alle Feinde - Clancy, T: Gegen alle Feinde - Against All Enemies
der Anfang ihrer Untersuchung, mit wem sie es hier zu tun hatte. Dass die mexikanische Bundespolizei die Kartelle in ihrem Land unterstützte und deckte, war eine bekannte Tatsache. Dass eine amerikanische CIA -Agentin mit ihnen zusammenarbeiten würde, konnte zu ganz neuen Erkenntnissen führen, aber es konnte diese Agentin auch das Leben kosten. Der NCS hatte mit der Führung der Federales vereinbart, dass Vega an allen Operationen voll beteiligt werden würde, man gleichzeitig jedoch ihre wahre Identität auf keinen Fall enthüllen dürfe. Das klang in der Theorie richtig gut. Trotzdem warf man Ms. Vega in eine Schlangengrube. Moore war wirklich froh, nicht ihren Job machen zu müssen.
Ihr gegenüber saß David Whittaker, ein Spezialagent des Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explo sives ( ATF ), das dem US -Justizministerium unterstehen de »Amt für Alkohol, Tabak, Schusswaffen und Sprengstoffe«. Er hatte dünne, straff nach hinten gekämmte graue Haare und einen grau melierten Kinnbart. Auf sei ner Nase saß eine Drahtgestellbrille. Er trug ein blaues Polohemd, auf dessen Brust das Abzeichen seiner Behörde prangte. Um den Hals hatte er eine Kette hängen, an der eine Dienstmarke angebracht war. Jetzt stand er von seinem Stuhl auf, um Towers einen USB -Stick aus zuhändigen, der wahrscheinlich seine Präsentation enthielt. Laut den Unterlagen untersuchte Whittaker seit einigen Jahren den Waffenschmuggel der Kartelle. Erst neulich hatte er in sieben Grenzstädten den Aufbau von 10-Mann-Teams mitgestaltet, die sich diesem Problem annehmen sollten. Die Kartelle suchten sich in den Vereinigten Staaten Strohmänner, die für sie Waffen aufkauften, die sie danach durch bezahlte Helfershelfer über die Grenze bringen ließen. In einem seiner Berichte stellte Whittaker fest, dass das Juárez-Kartell ein ausgefeiltes Waffenschmuggelnetz aufgebaut hatte, dessen Zentrale sich ausgerechnet in Minnesota befand. Da die Polizeikräfte in den an Mexiko grenzenden Bundesstaaten wie Kalifornien, Texas und Arizona in letz ter Zeit ihre Anstrengungen verdoppelt und verdreifacht hatten, griffen die Kartelle jetzt zu extremeren Maßnahmen und wählten weit im Norden der USA gelegene Orte als Umschlagplätze für ihr Schmuggelgut. Whittakers Kontakte brachten ihn auch zu der Überzeu gung, dass russische Kriegswaffen durch Südamerika in das mittelamerikanische Land gebracht wurden. Der Kampf gegen diese Aktivitäten der Kartelle war mindes tens so schwierig, gefährlich und frustrierend wie die Bekämpfung ihrer Drogengeschäfte. Auch Whittakers Bericht endete mit einer düsteren Feststellung: Er zweifelte, ob diese Kartelle jemals zerschlagen werden könnten. Ihre Aktivitäten ließen sich wahrscheinlich nur verlangsamen und verzögern und höchstens zeitweise aufhalten …
Moore merkte, dass er von dem Mann am oberen Ende des Tisches beobachtet wurde. Thomas Fitzpatrick hätte man trotz seines Nachnamens ganz leicht für einen mexikanischen Sicario halten können. Sein Vater war halb irischer und halb guatemaltekischer Abstammung, während seine Mutter Mexikanerin war. Er selbst war in den Vereinigten Staaten geboren und aufgewachsen. Die DEA hatte ihn bereits auf dem Community College angeworben. Vor achtzehn Monaten hatte man ihn nach Mexiko geschickt, wo er das Juárez-Kartell infiltrieren sollte. Doch es war ihm leichter gefallen, ins Sinaloa-Kartell einzudringen und zu dessen geachtetem, »vertrauenswürdigem« Mitglied zu werden. Er arbeitete für einen Mann namens Luis Torres, der Zúñigas rechte Hand und der Anführer seiner Killerbande war.
Fitzpatricks sehnige Arme waren geschmückt mit Tätowierungen, die der katholischen Bilderwelt und Symbolik entlehnt waren. Sein Schädel war glatt rasiert. Er kniff jetzt die Augen zusammen und sagte blitzschnell auf Spanisch: »Was geht ab, Moore? Ich hoffe, Ihr Spanisch ist gut, denn diese Kerle legen Sie sofort um, wenn Sie nicht absolut echt klingen. Und um ehrlich zu sein: Meine Tarnung ist mir im Augenblick wichtiger als Sie. Also polieren Sie Ihr Spanisch auf und vergessen Sie alle diese Terroristensprachen, die Sie bisher gesprochen haben. Sie spielen jetzt bei den großen Tieren mit.«
Moores Spanisch war ausgezeichnet, aber seine Kennt nisse des mexikanischen Kartell- und Gangster-Slangs waren eher dürftig. Er würde sie wirklich aufpolieren müssen. Er antwortete ebenfalls auf Spanisch: »Keine Sorge, Vato . Ich weiß, was ich zu tun habe.«
Fitzpatrick,
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