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Gegen alle Zeit

Gegen alle Zeit

Titel: Gegen alle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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Griff an ihrem Unterarm, und die Pistole fiel zu Boden. Gleich darauf kippte Quilt Arnold ohnmächtig nach vorne und landete bäuchlings im Dreck.
    Beinahe hätte Bess geschrien, doch zum Glück war sie geknebelt. Hinter ihr hockte Blueskin, in der Hand hielt er etwas Schwarzes, das an einen dünnen Weinschlauch erinnerte. Er grinste, legte sich den Zeigefinger auf die Lippen, schnitt ihr mit einem Messer die Fesseln durch und nahm ihr den Knebel ab.
    »In Ordnung«, sagte Mr. Wild und hob die Stimme, als spräche er nicht mit Henry, sondern mit jemandem, der weiter entfernt stand. »Es ist der Brief!«
    »Wo ist Bess?«
    »Knall ihn ab, Quilt!«, rief Mr. Wild.
    Keine Antwort.
    »Quilt! Schieß doch!«
    Nichts geschah.
    »Niemand da?«, lachte Henry. »Vielleicht ist er eingeschlafen!«
    »Quilt, du Idiot!«, schrie Mr. Wild in Rage und wollte, als niemand antwortete, nach seinem Schwert auf dem Grabstein greifen. Doch Henry war ihm zuvorgekommen und hatte die Waffe bereits an sich genommen.
    »Wollt Ihr unbedingt sterben, Sir?«, fragte Henry. »Dann macht nur so weiter.«
    Der Stein, auf dem Mr. Wild seine Waffe abgelegt hatte, gehörte zu dem frisch ausgehobenen Grab an der Stadtmauer. Der Diebesfänger hob beschwichtigend die Hände und machte einige Schritte nach hinten, sodass er nun neben dem Grab und direkt vor dem Erdhügel stand.
    »Ihr habt gewonnen, Captain!«, gab Mr. Wild sich geschlagen. »Ich habe übrigens Euren Ring dabei. Bernie hat behauptet, Ihr hättet ihm den Ring geschenkt. Als Andenken.« Mit einem Lachen und einer kurzen Handbewegung warf er Henry etwas zu, das Bess auf die Entfernung und in der Dunkelheit nicht erkennen konnte. Im selben Augenblick bückte sich Mr. Wild blitzschnell, und plötzlich hielt er einen Spaten in der Hand, der vermutlich in dem Erdhügel gesteckt hatte. Und dann ging alles ganz schnell.
    Mr. Wild holte aus. Henry erstarrte und schien so überrascht, dass er nicht in der Lage war, das Schwert zu heben. Bess sprang auf und schrie: »Nein! Nicht!«
    Statt dem Schlag auszuweichen, starrte Henry mit aufgerissenen Augen zu Bess hinüber, als hätte er gerade eine Erscheinung gehabt.
    Der Spaten sauste durch die Luft und traf ihn mit der flachen Seite an der Schläfe. Henry ließ das Schwert fallen, ging zu Boden und stürzte hinter den Erdhügel.
    Bess wusste selbst nicht, woher sie die Waffe hatte, und konnte sich nicht erinnern, sie vom Boden aufgehoben zu haben. Doch plötzlich hielt sie Quilt Arnolds doppelläufige Pistole in der Hand, zielte auf Mr. Wild und drückte im selben Augenblick ab.
    Ein Schuss krachte, doch die Kugel verfehlte das Ziel und schlug irgendwo weiter hinten in die Stadtmauer ein. Mr. Wild duckte sich, sprang zur Seite, hob den Brief vom Boden auf und rannte wie ein Haken schlagender Hase davon. Ein Gitter quietschte und knallte gegen eine Mauer, Schritte entfernten sich und verhallten, dann war alles ruhig.
    Bess trat hinter dem Grabmal hervor und ging langsam in Richtung Stadtmauer. Als sie das offene Grab erreicht hatte, schaute sie hinter den aufgeworfenen Hügel. Dort lag Mr. Wilds Schwert neben dem Spaten, doch Henry war nirgends zu sehen. War er etwa in die Grube gefallen?
    Inzwischen war Blueskin neben Bess getreten und schaute mit ihr in das offene Grab. In der Finsternis war der Grund des Erdlochs nicht auszumachen, also kniete Blueskin nieder und ließ sich am Rand hinunter, wobei er sich an einigen Baumwurzeln festhielt, die seitlich aus der Erde ragten.
    »Und?«, fragte Bess mit bangem Herzen.
    »Nichts.«
    »Was heißt nichts ?«
    »Nichts!«, wiederholte Blueskin und kletterte aus der Grube. »Das Grab ist leer.«
    Gemeinsam suchten sie die Umgebung ab, denn irgendwo musste Henry doch liegen! Der Schlag mit dem Spaten war so heftig gewesen, dass er unmöglich noch weit gekrochen sein konnte. Aber sie fanden ihn nicht. Nirgends. Weder tot noch lebendig. Nur ein silberner Ring lag auf dem Boden, zierlich und schmal, mit einem kleinen Edelstein besetzt. Der Ring einer Frau.
    »Das gibt’s doch gar nicht!«, entfuhr es Bess, die immer wieder zum offenen Grab zurückkehrte und hineinschaute, als hätten sie Henry beim ersten Mal lediglich übersehen. Oder als hätte er sich vor ihnen versteckt.
    »Wir müssen verschwinden«, rief Blueskin schließlich und zerrte Bess mit sich fort. »Bestimmt hat jemand den Schuss gehört. Mr. Wild hat seinen Brief zwar bekommen, aber sicherlich schickt er uns umgehend seine Leute auf

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