Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gegen alle Zeit

Gegen alle Zeit

Titel: Gegen alle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
Vom Netzwerk:
Blueskin lachte. »Die Sache in der Chick Lane hat mir gereicht. Hast ja gesehen, was dabei rauskam. Das Haus haben sie uns angezündet. Und in Bedlam war ich auch. Bin durch die verdammte Scheiße gekrochen, um sie rauszuholen. Mir reicht’s! So oft kann Bess gar nicht die Beine breit machen, dass sie’s mir zurückzahlen kann.«
    Henry zuckte unmerklich zusammen.
    Blueskin hatte es bemerkt und lachte. »Wusste ich’s doch!«, rief er und gab Henry einen Klaps auf den Rücken. »Bist in das Miststück verknallt!« Er fasste sich in den Schritt, machte eine obszöne Handbewegung und sagte: »Das ist allerdings ein guter Grund. Wann geht’s los?«
    Henry wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als Blueskin neben ihm plötzlich etwas flüsterte.
    »Was hast du gesagt?«, fragte Henry.
    »Sie kommen«, wiederholte Blueskin.
    Henry schaute durch die Zinnen auf den Friedhof. Tatsächlich. Eine Kutsche fuhr in Little Britain vor, wenig später war eine Bewegung unter dem Steinbogen zu sehen, dann das Quietschen der Tür zu hören. Und schließlich betraten Mr. Wild, Quilt Arnold und Bess den Friedhof.
    »Der Riese ist dabei«, flüsterte Henry.
    »Hast du ernsthaft geglaubt, Mr. Wild kommt allein?«
    Henry schüttelte den Kopf und beobachtete weiter das Geschehen. Nachdem sich der Diebesfänger umgeschaut hatte, befahl er seinem Handlanger, sich mit Bess hinter einem Grabmal vor der Kirche zu verschanzen. Er selbst ging in nach vorn gebeugter Haltung kreuz und quer über den Friedhof und wirkte dabei auf Henry wie ein Raubtier im Käfig.
    »Du hast ihm einen gehörigen Schrecken eingejagt«, murmelte Blueskin, dem offensichtlich ein ähnlicher Gedanke gekommen war. »Er ist ganz fickerig.«
    Henry bedeutete Blueskin, dass er selbst von der Mauer auf den Friefhof springen und sich um Mr. Wild kümmern wollte, während Blueskin Quilt Arnold in Schach halten und Bess befreien sollte. Doch Blueskin schüttelte den Kopf und deutete nach Osten, in Richtung Stadttor.
    Henry wollte ihn zurückhalten, doch Blueskin hatte sich bereits abgewandt und war auf der etwa fünf Fuß breiten Stadtmauer wie eine Echse davongekrochen. Henry tat es ihm notgedrungen nach und kletterte schließlich hinter Blueskin her in die winzige Magpie Alley, die sich im Osten zwischen Friedhofsmauer und Stadtmauer zwängte und wie ein völlig überflüssiger Blinddarm wirkte, weil sie von der Aldersgate Street kam, aber nirgendwo hinführte.
    »Was hast du vor?«, zischte Henry ärgerlich.
    »Ich will in die Kirche«, antwortete Blueskin und ging die Gasse entlang, die fürchterlich nach Kot und Urin stank. Offensichtlich wurde die Magpie Alley vor allem als öffentliche Toilette benutzt.
    Blueskin betrat die Aldersgate Street unweit vom Stadttor, nestelte in seinem Schritt herum, als hätte er nur kurz seine Notdurft verrichtet, und wandte sich dann nach links, in Richtung St. Botolph. Gleich hinter der Kirche, deren Mauer direkt an die Straße grenzte, bog er erneut links ein, nach Little Britain.
    Henry folgte ihm möglichst rasch und unauffällig, doch als er die Querstraße erreichte, war Blueskin verschwunden.
    »Psst«, machte es und dann noch mal: »Psst!«
    Erst jetzt sah Henry eine kleine Tür in der Nordfassade der Kirche. Vermutlich ein Nebeneingang, denn das Hauptportal befand sich in der Aldersgate Street. Die Tür war halb geöffnet, und Blueskins dunkler Kopf schaute durch den Spalt.
    »Nun mach schon!«, flüsterte er.
    »Wie bist du da reingekommen?«
    Diese Frage schien dem geübten Einbrecher Blueskin so dumm und überflüssig zu sein, dass er gar nicht darauf antwortete. Stattdessen zog er Henry ins Innere, schloss die Tür und führte ihn zum Chorraum, der sich in dieser Kirche seltsamerweise auf der Westseite befand. Vielleicht gab es im Osten einen weiteren Altar, das war in der Dunkelheit nicht auszumachen.
    Vom Chorraum aus führte eine unverschlossene Holztür zur Sakristei, in der es so finster war, dass sie sich nur tastend vorwärtsbewegen konnten. Schließlich hatten sie die westliche Kirchenmauer erreicht, in der sich eine weitere Tür befand. Gerade als sie den Ausgang zum Friedhof erreicht hatten, wurde von außen auf die Klinke gedrückt.
    Henry stockte der Atem, und auch Blueskin fuhr zusammen. Doch die Tür war verschlossen, und draußen hörte man Mr. Wild sagen: »Gut!«
    »Was jetzt?«, fragte Henry flüsternd, nachdem sich sein Puls beruhigt hatte.
    »Noch mal wird er die Tür nicht ausprobieren«,

Weitere Kostenlose Bücher