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Gegen alle Zeit

Gegen alle Zeit

Titel: Gegen alle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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geantwortet haben: »Eine F-Feile ist mehr wert als alle Bibeln dieser Welt.«
    Am Tag der Hinrichtung sollen schätzungsweise zweihunderttausend Menschen den Weg zwischen dem Newgate-Gefängnis und dem Galgen von Tyburn gesäumt und dem beliebten Räuber die letzte Ehre erwiesen haben. Vielleicht waren sie auch deshalb so zahlreich erschienen, weil alle damit rechneten, dass Jack erneut einen Weg finden würde, dem Henker zu entkommen. Kurz bevor die makabere Prozession vor dem Gefängnis startete und Jack auf den Ochsenkarren gehievt wurde, entdeckte einer der Wärter ein Taschenmesser, das Jack unter dem Hemd trug und mit dem er auf dem Weg zum Galgen seine Handfesseln durchtrennen wollte. Jacks finaler Fluchtversuch wurde auf diese Weise verhindert, und er fügte sich achselzuckend in sein Schicksal. Auf dem Weg nach Tyburn wandelte sich der Todeszug zu einer ausgelassenen und beinahe heiteren Prozession, auch weil Jack bis zuletzt ein Lächeln auf den Lippen trug und der jubelnden Menge zuwinkte, geradezu berauscht von der Hochachtung und der Liebe, die man ihm bekundete. Es wurde ein Triumphzug zum Galgen.
    Da er so schmächtig und leicht war, dauerte es außerordentlich lange, bis das Strangulieren zum Tod führte. Und noch während Jack die vorgeschriebenen fünfzehn Minuten am Strick baumelte, wurden seine überarbeiteten Memoiren von Daniel Defoe und dessen tüchtigem Verleger unters begierige Volk gebracht.
    In seinen Erinnerungen beklagte sich der Gehenkte über seinen unzuverlässigen Freund Blueskin, den er einen wertlosen Gefährten schimpfte, und vor allem über seine ehemalige Geliebte Edgworth Bess, die ihn erst auf die schiefe Bahn gebracht und sich letztendlich als sein Ruin erwiesen habe.
    Seinen Verrat an den Freunden und seine Zusammenarbeit mit Jonathan Wild erwähnte er in dem Buch mit keiner Silbe.
    Joseph Blake, genannt Blueskin, war nur wenige Tage zuvor an gleicher Stelle durch den Strang vom Leben zum Tode befördert worden. Doch anders als bei seinem ungleich bekannteren Kumpan Jack war bei dieser Hinrichtung nur die übliche Menge von blutrünstigen Gaffern anwesend. Dabei hatte auch Blueskin sein kriminelles Leben mit einem kräftigen Tusch beendet.
    Anfang Oktober, etwa einen Monat, nachdem Henry Ingram so plötzlich und spurlos verschwunden war, und einen Tag, bevor Jacks Bruder Tom als verurteilter Dieb in die amerikanischen Kolonien deportiert wurde, hatten Mr. Wild und sein hünenhafter Gehilfe Blueskin in dessen Versteck im Coal Yard ausfindig gemacht. Einer der vielen Spitzel des Diebesfängers hatte den Gesuchten in der Drury Lane gesehen und zur Bauruine verfolgt. Blueskin hatte das finstere Kellergelass seit Wochen nicht betreten und wollte nur einige Sachen holen, um anschließend zu Poll Maggott zurückzukehren, doch als er wieder in den Coal Yard trat, wurde er von Quilt Arnold überwältigt und zum Newgate gebracht. Bereits am 15. Oktober wurde ihm im Old Bailey der Prozess gemacht. Da er die Taten nicht bestritt und Jack Sheppard für dieselben Vergehen bereits zum Tode verurteilt worden war, stand das Urteil von Beginn an fest.
    In einer Prozesspause wandte sich Blueskin vor dem Gerichtssaal an Mr. Wild und bat ihn, ein gutes Wort beim Richter für ihn einzulegen, damit das zu erwartende Urteil in lebenslange Deportation abgemildert würde. Es war Poll gewesen, die Blueskin auf Knien angefleht hatte, beim Generaldiebesfänger um Gnade zu bitten. »Lieber ein gemeinsames Leben in der Strafkolonie«, so hatte sie unter Tränen gesagt, »als der einsame Tod am Galgen!«
    Doch der Generaldiebesfänger lachte seinem einstigen Schützling nur ins Gesicht und rief: »Zwei Kreuze! Du bist ein toter Mann!«
    Daraufhin zog Blueskin, der nichts anderes erwartet zu haben schien, ein Klappmesser aus dem Hosenbund und stach dem völlig überraschten Mr. Wild damit in den Hals. Leider war die Klinge stumpf und Blueskin von vielen Menschen umringt, und so konnte er überwältigt werden, bevor er Mr. Wild die Kehle vollends durchgeschnitten hatte. Dem Diebesfänger wurde die weit klaffende und stark blutende Wunde an Ort und Stelle von zwei zufällig anwesenden Wundärzten genäht und er selbst ins nahe gelegene Krankenhaus von St. Bartholomew gebracht.
    Der Prozess wurde trotz des Vorfalls und in Abwesenheit des schwer verletzten Zeugen fortgeführt und endete mit dem fälligen Todesurteil. Als der Richter nach der Verkündung den regungslos starrenden Angreifer fragte, wie er

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