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Gegen alle Zeit

Gegen alle Zeit

Titel: Gegen alle Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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Einem Spiel um hohen Einsatz war Jack niemals abgeneigt, vor allem, wenn keine Gefahr bestand, das Spiel zu verlieren. Leider jedoch wartete statt der Dorftrottel bereits Jonathan Wild in der Begleitung eines Konstablers auf Jack und verhaftete ihn wegen des Einbruchs bei der Leinenhändlerin. Mr. Wild brachte ihn für die Nacht ins Roundhouse von St. Giles, um ihn am nächsten Morgen dem Richter vorzuführen.
    Dieses Roundhouse war dasselbe, aus dem Jack vor ziemlich genau einem Jahr Bess befreit hatte, und Mr. Brown, der Pedell, musste ebenso erstaunt wie erfreut gewesen sein, den Halunken, der ihn einst niedergeschlagen hatte, wieder in seinem kleinen Gefängnis begrüßen zu dürfen. Vor lauter Freude oder auch aus Angst vor erneuter Prügel vergaß Mr. Brown jedoch, Jacks Kleidung zu durchsuchen, und so konnte der ein altes Rasiermesser, das er stets in seiner Hosentasche trug, in seine Zelle unter dem Dach schmuggeln.
    Sobald Jack allein war, machte er sich daran, mit der Rasierklinge das Metallgestell aus dem Sitz eines Stuhles zu schneiden und mit diesem die Zimmerdecke aufzustemmen. Bald hatte er sich bis zu den Dachziegeln durchgearbeitet und diese von den Dachbalken gelöst. Leider jedoch fiel dabei ein Ziegel auf die Straße und landete mit lautem Getöse direkt vor den Füßen eines entsetzten Passanten. Es war noch früh am Abend, und rings um die Kirche von St. Giles wimmelte es von Menschen, die nun zum Roundhouse starrten und den Ausbruch aus dem Dach bemerkten. Um keine Zeit zu vergeuden, stieß Jack mit aller Macht von innen gegen die Dachbalken, was eine regelrechte Ziegellawine und einen entsprechenden Aufruhr auf der Straße zur Folge hatte. Jack nutzte die Verwirrung der Zuschauer, zwängte sich durch das Loch, sprang vom Gefängnisdach in den benachbarten Kirchhof und kletterte über eine kleine Mauer auf die Straße, wo er sich unter das gaffende Volk mischte und anschließend unbehelligt seiner Wege ging.
    Die Geschichte dieses Ausbruchs ging in Windeseile von Mund zu Mund und machte Jack endgültig zum Helden. Und der bedauernswerte Mr. Brown wurde ein weiteres Mal zum Gespött der Leute. Doch mit dem gestiegenen Ansehen, das Jack wie ein kleines Kind genoss und auskostete, auch wenn er sich nach außen hin unbeeindruckt gab, kam die Last des Ruhms. Nicht nur jedes Gossenkind in London kannte Jack dem Namen und der Beschreibung nach, sondern auch jeder Konstabler, jeder Diebesfänger und sämtliche Spitzel der Stadt. Und sie betrachteten es geradezu als persönliche Herausforderung, dem vorwitzigen Ganoven das Handwerk zu legen. Dass Jacks kleine Gestalt, sein hübsches Gesicht und sein ständiges, wenn auch nur leichtes Stottern ihn unschwer erkennbar machten, sollte sich als weitere Bürde erweisen.
    Und so war es kein Wunder, dass ein Sergeant der Wache vor dem Leicester House, dem Jack nur wenige Wochen später nach einem missglückten Taschendiebstahl in den Leicester Fields in die Arme lief, keine Mühe hatte, in dem Taschendieb den gesuchten Ausbrecher Jack Sheppard zu erkennen. Sofort machte er ihn mit weiteren Wachmännern dingfest und brachte ihn zum nächstgelegenen Gemeindegefängnis von Soho.
    Diesmal wurde Jack gründlich durchsucht, und sämtliche Gegenstände, die bei einer Flucht behilflich sein konnten, wurden ihm abgenommen, sodass Jack nichts anderes übrig blieb, als auf Hilfe von außen zu hoffen.
    Bess erfuhr am nächsten Morgen, dass Jack im Gefängnis saß, und sie sah endlich die Gelegenheit gekommen, ihre Schuld bei ihm zu begleichen. Also besuchte sie ihn im Roundhouse mit der Absicht, ihm die Spitze einer Hellebarde in die Zelle zu schmuggeln, die sie unter ihrem Petticoat versteckt hatte. Leider jedoch waren die Wärter in Soho gewarnt und gewappnet, hielten ihren berühmten Insassen unter ständiger Beobachtung und ertappten Bess auf frischer Tat. Statt Jack zu befreien, wurde Bess ebenfalls verhaftet und gemeinsam mit ihm zum New Prison in Clerkenwell gebracht. Und dies war ein Gefängnis, das seinen Namen verdiente.
    Captain Geary, der Hauptwärter des Gefängnisses, hatte von Jacks und Bess’ Ausbrüchen aus dem Roundhouse von St. Giles gehört, wollte nichts Ähnliches erleben und ließ Jack Fußeisen anlegen. Allerdings gestattete er den beiden steckbrieflich gesuchten Verbrechern die Unterbringung in einer gemeinsamen Zelle, weil sie sich als Eheleute zu erkennen gaben. Ebenfalls erlaubt war der Besuch von Freunden und Verwandten, jedoch nur

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