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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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das Büro bringen würde. Mit sanftem
Druck bugsierte ich Jan in die Sitzecke von Werles Büro.

    Er wirkte ängstlich und verloren. Wie er auf dem großen
Sofa saß, traute ich ihm vieles zu, aber keinen Mord. Trotzdem war er ein
Verdächtiger. Ich schloss die Tür und sagte zu ihm: »Herr Werle hat uns ein
wenig über eure Band erzählt.«

    Jan schloss die Augen, und in seinen Augenwinkeln glitzerte
es verräterisch.

    Â»Er hat uns auch erzählt, was letzte Woche vorgefallen
ist.«

    Jan schüttelte den Kopf und hob abwehrend die Hände,
sagte aber nichts.

    Ich überlegte, wie ich vorgehen sollte. Wir würden über
den Streit und Jans Drohung sprechen müssen. Vielleicht fand ich aber einen
Zugang, der nicht gleich zur Konfrontation führte. »Heike ist deine Freundin?«

    Jan nickte.

    Ich fragte ihn: »Wie seid ihr zusammengekommen?«

    Ich konnte beobachten, wie Jans Blick sich in die Vergangenheit
richtete. »Das war vor zwei Monaten. Tobias und Jessica hatten eine neue
Komposition mitgebracht. Wir haben geprobt. Es war sehr schwierig zu spielen.«

    Â»Du meinst, ihr wolltet nicht?«

    Â»Doch, wir liebten den neuen Song. Er war großartig. Mehr
als das. Er war genial. Aber unglaublich anspruchsvoll.«

    Ich nickte.

    Â»Tobias war nicht besonders geduldig. Normalerweise ist
er es schon, aber nicht an diesem Tag. Wir bemühten uns und kamen auch ganz gut
voran, aber ihm reichte es nicht. Das Problem bestand in den Rhythmusgitarren.
Sie haben die anspruchsvollsten Teile der Songs. Jessica gelang es recht gut,
aber Heike war nicht so schnell. Tobias hat sie ganz schön angefahren. Er ist
nach der Probe total wütend abgedampft.«

    Â»War er immer so impulsiv, wenn es um die Musik ging?«

    Â»Mann, Tobias war ein Genie! Wie gesagt, meistens war er
ganz ruhig und geduldig, aber wer solche Songs schreibt und so mit der Gitarre
umgehen kann, der darf auch mal ausflippen, oder?«

    Ich konnte das nicht beurteilen, aber irgendwie klang es
plausibel und Jan schien damit kein Problem zu haben. »Was geschah nach der
Probe?«

    Â»Tobias war abgedampft, Jessica und Natalie gingen auch
bald. Heike war verstört. Sie war noch nicht lange bei uns und kannte Tobias
erst seit ein paar Monaten richtig.«

    Â»Du bist noch ein wenig länger geblieben?«

    Â»Ich habe ihr erklärt, dass Tobias es nicht so meint und
sie es nicht so ernst nehmen soll. Aber sie setzt sich selbst immer so unter
Druck, dass sie seine Kritik sehr persönlich nahm. Dann habe ich ihr angeboten,
noch ein wenig mit ihr zu üben.«

    Vor meinem geistigen Auge entstand ein Bild. Eine gekränkte
Gitarristin und ein hilfsbereiter Drummer abends allein im Studio. »Wie hat sie
das aufgenommen?«

    Â»Sie war mir sehr dankbar. Ich sagte ja, sie setzt sich
selbst sehr unter Druck, meint, sie müsste sich bei uns beweisen.«

    Â»Muss sie das denn?«

    Â»Nein.«

    Â»Wie lange spielt ihr schon zusammen?«

    Â»Zwei Jahre.«

    Â»Und Heike kam erst vor Kurzem dazu?«

    Â»Vielleicht vor einem halben Jahr.«

    Aus Jans Zeitangaben schloss ich, dass es zwischen den
beiden tatsächlich nicht Liebe auf den ersten Blick gewesen war. So wie Werle
es schon angedeutet hatte.

    Â»Wie kam das? Wart ihr nicht komplett?«

    Â»Heike hatte von unserer Band gehört. Herr Werle brachte
sie zu uns. Natürlich waren wir komplett. Aber sie spielte gut. Also nahmen wir
sie auf.«

    Â»Hatte Tobias da schon den neuen Stil entwickelt oder kam
der erst danach?«

    Â»Der kam direkt danach. Eine Woche nachdem Heike dabei
war, kam er mit seinem ersten Song im neuen Stil.«

    Â»So schnell?«

    Â»Wir hatten alle häufig das Gefühl, dass Tobias etwas ausbrütet.
Schon seit Langem. Ich glaube, in seinem Kopf war der Song schon fertig, aber
bis dahin hätten wir ihn nicht spielen können.«

    Das klang so, als wäre Tobias nur künstlerisch an Heike
interessiert gewesen. »Seit wann waren Tobias und Jessica ein Paar?«

    Â»Kurz nachdem wir die Band gegründet haben. Also seit
fast zwei Jahren.«

    Ich nickte anerkennend. »Das ist eine lange Zeit«, sagte
ich. Vor allem in diesem Lebensabschnitt. Ich dachte an Tobias’ Mutter und
fragte mich, warum sie das nicht gewusst oder uns nichts davon gesagt hatte.

    Â»Sie waren füreinander geschaffen«, sagte Jan matt.

    Ich fragte: »Wie war das

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