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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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ganz
besonderer Mensch. Er hatte eine Art, die Menschen in seinen Bann zu ziehen,
die schwer zu beschreiben ist. Er strahlte etwas aus, wie ein Leuchten, dem
niemand widerstehen konnte. Ich kann es nicht erklären, Sie haben ihn nicht
gekannt.«

    Â»Das heißt, du verstehst, dass er Heike durcheinandergebracht
hat.«

    Â»Ja«, sagte er zögerlich. »Das kann ich sogar sehr gut verstehen.
Und wir waren ja schließlich auch nicht verheiratet.«

    Bei dieser Formulierung horchte ich auf. Und ich war mir
sicher, dass es nicht aufgrund des moralischen Relativismus war, der darin
anklang.

    Â»Du hast ja auch mit Heike geschlafen.«

    Â»Ja, ich habe es auch getan«, sagte Jan. In der nächsten
Sekunde schaute er mich erschrocken an. Er verkrampfte deutlich sichtbar, doch
das konnte ich nicht gebrauchen. Er erhielt von mir eine Gnadenfrist.

    Â»Wie ist es mit den anderen Mädchen? Jessica und Natalie?«

    Â»Mit denen habe ich nicht geschlafen«, sagte Jan und lehnte
sich wieder zurück.

    Â»Und Tobias?«

    Jans Mund klappte auf und ich formulierte sorgfältiger. »Hat
Tobias mit den anderen Mädchen auch geschlafen?«

    Â»Mit Jessica.«

    Â»Und Natalie?«

    Â»Das weiß ich nicht. Vielleicht. Wie gesagt, Tobias
konnte man schwer widerstehen.«

    Â»Ja, ich verstehe. Tobias hatte etwas Besonderes, so besonders,
dass er einen durcheinanderbringen konnte. War er denn schon immer so
außergewöhnlich anziehend?«

    Â»Ja.«

    Â»Wie lange kanntest du ihn schon?«

    Â»Wir waren zusammen in einer Kindergartengruppe. Und in
einer Klasse bis zur Oberstufe, dann haben wir unterschiedliche Leistungskurse
belegt. Wir waren seit dem Kindergarten beste Freunde.«

    Â»Welche Leistungskurse hast du?«

    Â»Mathe und Bio.«

    Â»Und Tobias hat Englisch und …«

    Â»Erdkunde.«

    Â»Fanden ihn denn andere Mädchen auch so anziehend?«

    Â»Schon einige. Aber da war Tobias sehr zurückhaltend.
Musik war für ihn sehr wichtig. Wenn er das Gefühl hatte, jemand täuschte
Interesse an seiner Musik nur vor, konnte er sehr abweisend werden.«

    Â»Und jemand mit schwarzen Klamotten und langen Haaren ist
auch nicht unbedingt bei den Eltern vorzeigbar, oder?«

    Jan lächelte zaghaft. »Das kommt noch dazu. Sicher hat
das viele abgehalten, es bei ihm zu versuchen.«

    Â»Wie ist es mit Frauen?«

    Jan runzelte die Stirn. Ich sagte: »Na, jemand, der so anziehend
wirkt, bleibt auch den erwachsenen Frauen nicht verborgen, oder?«

    Jan schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«

    Ich hätte noch weiter nachbohren und meine Frage speziell
auf Lehrerinnen abstellen können, doch ich glaubte ihm, dass er nicht wusste,
worauf ich hinauswollte. Ich war mit der Befragung bis hierhin ganz zufrieden,
aber ein Punkt stand noch aus. »Wann hast du zum ersten Mal bemerkt, wie attraktiv
Tobias war?«

    Jan wurde knallrot im Gesicht, aber er hatte genügend
Zeit gehabt, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich ihn durchschaut hatte.
Er sagte: »Das ist vielleicht drei Jahre her.«

    Â»Erzähl mir von eurer Beziehung.«

    Jan zögerte. »Ist das vertraulich? Ich meine …«

    Diese Frage wird gestellt, seit es Mordermittlungen gibt.
Meine Antwort war ebenso alt und enthielt sogar einen Teil Wahrheit: »Solange
das nichts mit seinem Tod zu tun hat, bleibt das ganz vertraulich. Niemand wird
etwas erfahren.«

    Jan zögerte immer noch. Wahrscheinlich ahnte er, dass es bei
einer polizeilichen Befragung im Zweifel nicht das kleinste bisschen
Privatsphäre gab. »Wir machten schon lange Musik zusammen. Wir spielten
regelmäßig seit vier Jahren zu zweit, ab und zu auch einmal zu dritt oder zu
viert, aber das war nur gelegentlich.«

    Â»Immer schon Heavy Metal?«

    Â»Ja, von Anfang an. Na ja, und eines Tages …«

    Ich schaute ihn an und wartete. Diese Klippen musste er
ganz allein umschiffen. Natürlich war ich auch neugierig auf seine Formulierungen.

    Â»â€¦ eines Tages ist es dann halt passiert.«

    Ich schaute ihn weiter an und Jan reagierte, wie ich es erwartet
hatte. Er rechtfertigte sich.

    Â»Ich meine, wir hatten zusammen gespielt, einen neuen
Sound ausprobiert. Wir waren aufgekratzt. Es war einer dieser Momente, wo …«

    Ich kannte solche Momente so gut wie jeder andere. Momente,
die magisch sind. Wo wir uns von einem anderen

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