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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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Reiseziel.«

    Ich fand diese Äußerung sowohl geschickt als auch nett
und einfühlsam, aber Frau Maier wimmerte, als sei sie geschlagen worden. Ihr
Mann funkelte Nina zornig an. Ich tauschte einen Blick mit meiner Kollegin,
aber meine Ratlosigkeit spiegelte sich in ihren Augen.

    Ich wandte mich an Peter Maier: »Waren Sie geschäftlich
in Venedig?«

    Er antwortete: »Nein, wir waren nicht geschäftlich in Venedig.
Wir waren … Wir wollten … Unser …«

    Â»Unser Therapeut hatte es empfohlen«, platzte Kerstin
Maier heraus.

    Ich tauschte keinen Blick mehr mit Nina, wir wussten auch
so beide, dass sie einen Volltreffer gelandet hatte. Ich würde mir die Sache
mit dem Therapeuten noch in mein Notizbuch schreiben, aber jetzt war kein guter
Augenblick dafür.

    Peter Maier schaute betreten zu Boden und ließ auf diese
Weise mehr von seinen Gefühlen erkennen als bei seinen Aussagen zum Tod seines
Sohnes. Vielleicht weil es für Scham über Eheprobleme keine Norm zur Bewahrung
der Haltung gab.

    Â»Wirklich eine sehr schöne Stadt«, setzte Nina nach.

    Â»Ja, das ist sie«, bestätigte Kerstin Maier mit bebender
Stimme.

    Â»Wo haben Sie gewohnt?«, fragte Nina.

    Frau Maier nannte den Namen des Hotels.

    Â»Oh«, sagte Nina. »Das ist aber wirklich ein wunderschönes
Hotel. Direkt in der Stadt.« Das war deshalb bemerkenswert, weil Leute wie Nina
und ich niemals in einem Hotel in der Innenstadt von Venedig übernachten würden,
sondern immer in die noch bezahlbaren Unterkünfte vor der Stadt ausweichen
mussten, die für Leute wie die Maiers natürlich nicht standesgemäß waren.

    Kerstin Maier nickte. Peter Maier sagte: »Hat ein halbes
Vermögen gekostet.« Frau Maier schaute ihren Mann mit tränenverhangenen Augen
an, dann begann sie wieder zu schluchzen. Ich fand das sehr interessant und
nahm mir vor, auch das in mein Notizbuch zu schreiben.

    Â»Wann sind Sie nach Venedig abgereist?«, fragte ich.

    Â»Samstagmorgen. Ich hatte am Freitag noch zu tun. Es
wurde kurzfristig eine Konferenz angesetzt, die bis elf Uhr ging.«

    Â»Elf Uhr am Abend?«

    Peter Maier nickte. Das waren harmlose Informationen und
ich notierte sie mir gleich. Nebenher notierte ich mir unauffällig einige
Stichworte zum Zustand der maierschen Ehe.

    Ich pfiff leise durch die Zähne. »Ganz schön spät.« Dann
fragte ich: »Haben Sie öfter solche kurzfristigen Termine?«

    Â»Wissen Sie, ein Mann in meiner Position …«

    Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ein Kriminalkommissar
oft gegen seinen Willen mitten in der Nacht unterwegs sein musste, weil
Verbrecher über seinen Zeitplan verfügten und nicht er selbst. »Was genau ist
noch Ihre Position?«

    Â»Ich bin Vertriebsleiter West.«

    Â»Und das heißt …«

    Â»Ich bin verantwortlich für den Vertrieb unserer Produkte
in unserem Vertriebsgebiet West. Das umfasst Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, das Saarland und die westliche Hälfte von Hessen.«

    Das war eine wirklich eindrucksvolle Position, wie ich
fand. »Und Ihre Produkte sind …«

    Â»Computer, Notebooks, Drucker, Monitore, Server,
Handhelds und so weiter. Jeder kennt unsere Produkte, Herr Wegener.«

    Das war bestimmt richtig. Ich würde mir das später von
Nina erklären lassen müssen. Ich nickte trotzdem. »Ich weiß, dass wir als
Polizisten häufig nicht über unsere Termine bestimmen können. Aber ich dachte,
ein Mann in Ihrer Position beruft selbst Konferenzen ein und bestimmt auch
sonst sehr viel alleine.«

    Â»Ich weiß nicht, wie genau Sie die Wirtschaftsnachrichten
verfolgen, Herr Wegener.« Er schaute mich an und ich konnte meine Unwissenheit
nicht vor ihm verbergen. »Wir haben derzeit große Probleme mit unseren
Produkten. Wir verbauen nur Komponenten eines bestimmten Chipherstellers und
installieren nur das Betriebssystem eines bestimmten Anbieters. Und im letzten
Jahr hat sich gezeigt, dass das nicht unbedingt das ist, was unsere Kunden wünschen.
Nicht mehr, zumindest.«

    Â»Sie haben ein Verkaufsproblem?«

    Â»Wir haben einen Umsatzrückgang von bis zu dreißig
Prozent.«

    Das klang nach viel. Ich nickte gewichtig.

    Â»Das ruft Personen im Konzern auf den Plan, die weit über
mir stehen. Unsere Strategie steht auf dem Prüfstand. Es werden Verantwortliche
gesucht, um sie …« Er

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