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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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Minuten später standen wir an der
Essensausgabe. Wir wählten alle den Salatteller, Nina aus Überzeugung, Simon
und ich, weil uns das Gyros zu knorpelig und die Spaghetti zu salzig waren.

    Weil die Kantine sehr voll war, quetschten wir uns an einen
Tisch neben Herbert und Nils. Die beiden gehörten zur charmanten Clique um
Egon, die Nina mit derben Witzen und abschätzigen Späßen im Präsidium empfangen
hatte und sich nur schwer von dieser Gewohnheit trennen konnte.

    Â»Nanu, so eilig?«, fragte Herbert. »Hast du etwa einen
richtigen Fall bekommen?«

    Ich ignorierte ihn, weil ich mir zu schade war, ihn anzufeinden.
Er verdiente keinen meiner Kommentare, noch nicht einmal einen wirklich
abfälligen.

    Ich wandte mich an Simon: »Worum geht es denn bei dieser
Deutschen Meisterschaft?«

    Nils sagte laut zu Herbert: »Oh, er nimmt Nachhilfe, um
ein richtiger Mann zu werden.«

    Simon sagte: »Nur um die Ehre und den Titel. Und Punkte
in der Highscore-Liste.«

    Â»Kein Geld?«

    Simon schüttelte den Kopf. Herbert und Nils waren still
und versuchten, dem Geschehen zu folgen.

    Ein hoher Geldbetrag hätte zum Tatablauf gepasst. Keine
Emotionen, sondern einfach das gezielte Ausschalten eines Konkurrenten um den
Millionentopf. Wenn es um jemanden ging, der sich hintergangen, ungerecht
behandelt oder in seiner Ehre verletzt fühlte, hatten wir das gleiche Problem
wie beim Mord aus Leidenschaft. Ich kaute schweigend auf meinem Salat herum.

    Â»Er denkt nach«, flüsterte Herbert.

    Â»Der Mörder zittert bestimmt schon«, antwortete Nils.
Beide lachten.

    Â»Gleich schaut er bestimmt noch den Tatort an«, sagte
Herbert.

    Nils schlotterte übertrieben. »O nein …«

    Die beiden waren echte Appetitzügler. Ich hatte schon
früher überlegt, einmal einen Pharmavertreter einzuladen und die ganze Clique
für einen guten Preis zu verkaufen. Wenn man die Jungs richtig verarbeitete und
in Tablettenform presste, konnten sie ein echter Verkaufsschlager werden. Nur
eine Tablette und einem verging für den Rest der Woche so gründlich der
Appetit, dass man sicher zwanzig Prozent der Körpermasse verlor.

    Mein Salat war fast aufgegessen und die Zeit beinahe abgelaufen,
deshalb legte ich mein Besteck zur Seite.

    Â»Jetzt brütet er immer noch«, sagte Herbert.

    Â»Hey Markus, warum überlässt du das Denken denn nicht
deiner Partnerin?«, rief Nils mit einem anzüglichen Grinsen.

    Ich nahm mein Tablett und schob mich an ihm vorbei. Aus
den Augenwinkeln sah ich sein enttäuschtes Gesicht. Aber ich hatte eben nicht
immer Lust zum Spielen.

    Nina stoppte kurz, als Nils’ Hand wie zufällig an ihrer
Hüfte entlangstrich. Sie lächelte ihn an und sagte genauso laut wie er zuvor: »Ach
Nils, wenn doch nur alles an dir so groß wäre wie deine Klappe, dann wärst du
wenigstens in einer Hinsicht fast ein bisschen attraktiv.«

    Dann setzte sie ihren Weg fort, als habe sie sich nur
einen lästigen Fussel vom Ärmel geschnippt. Das Gemurmel in der Kantine wurde
lauter und Nils und Herbert zum Gegenstand des allgemeinen Gespötts. Als wir
die Kantine verließen, glühte Nils’ Kopf dunkelrot und strahlte sicher mehr
Hitze ab als die Köpfe aller jemals hereingelegten Dominanz -Spieler zusammen.

    Â 
    Wir trafen den Staatsanwalt auf dem Flur vor Raum elf.
Niklas Macke war ein hagerer, hochgewachsener Mann Ende vierzig mit streng
gescheitelten Haaren. Ich beneidete ihn ein wenig um seine vielen schwarzen
oder vielmehr wenigen grauen Haare, aber er war auch nicht geschieden. Und
nicht verheiratet.

    Wir begrüßten uns per Handschlag. Macke und ich hatten
bereits mehrmals gut zusammengearbeitet. Der Staatsanwalt war ein
scharfsinniger und ernsthafter Mann, den ich gerne auf meiner Seite wusste.

    Wir betraten den Raum und waren tatsächlich die Ersten.
Reinhold kam kurz nach uns. Auf die Frage von Niklas Macke, wie es ihm ginge,
seufzte Reinhold nur und sagte: »Ach, dieser Serienmörder … Alle drehen
vollkommen durch. Die Presse, der Polizeipräsident. Und nicht zu vergessen der
Innenminister. Und der Ministerpräsident. Wir können kaum arbeiten, weil wir
ständig erklären müssen, dass wir gut arbeiten.«

    Der Raum füllte sich schnell. Herr Macke nickte mitfühlend.
»Von meinen Kollegen höre ich Ähnliches. Wir haben zum Glück unseren

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