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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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sprechen.« Ich schaute ihn an, aber er blieb
unbeteiligt. »Stimmt das?«

    Jan nickte bloß.

    Â»Du weißt, dass du gerne jemanden dazuholen kannst. Deine
Eltern. Einen Freund. Einen Lehrer. Sogar einen Anwalt, wenn du möchtest.«

    Â»Möchte ich nicht«, murmelte er.

    Â»In Ordnung«, sagte ich. Mir war klar, warum er keine
Unterstützung wollte. Das hatte nichts mit meinem Charme zu tun.

    Â»Meine Partnerin hat eure CD angehört. Sie fand die
ziemlich gut.«

    Das freute ihn. Ein Lächeln, zart wie ein Schneeglöckchen
im Frühjahrsschnee, schlich sich auf sein Gesicht.

    Ich sagte: »Ich mag kein Heavy Metal. Aber sie hat mir so
begeistert davon erzählt, dass ich mir die CD jetzt ausgeliehen habe. Und weil
ich so wenig davon verstehe, kannst du mir vielleicht helfen und mir erklären,
worauf ich achten muss? Was ist das Besondere bei K-Metal?«

    Es gab viele Bücher, Ratgeber und Seminare darüber, wie
man einen verschlossenen Gesprächspartner öffnete und einen Verdächtigen zum
Reden brachte. Ich kannte einige davon. Aber keine der Techniken würde funktionieren,
wenn man die Frage, die einen dem Gesprächspartner näher bringen sollte, nicht
ernst meinte oder kein echtes Interesse dahinterstand.

    Meine Frage funktionierte. Jan sagte: »Wenn Sie wirklich
gar keine Ahnung haben, ist das schwierig zu erklären.«

    Â»Ich kenne Iron Maiden«, sagte ich.

    Â»Aha«, antwortete Jan, was ungefähr so begeistert klang,
als hätte ich ihm einen Rückenkratzer zum Sonderpreis angeboten.

    Â»Und Judas Priest«, fügte ich hinzu.

    Â»Kennen Sie auch Metallica?«

    Â»Nur Nothing Else
Matters. «

    Â»Aha«, sagte er wieder.

    Ich fürchtete, er war von mir nicht sonderlich beeindruckt.

    Jan begann trotzdem, mir ein paar grundlegende Konzepte
der Musik an Beispielen zu erklären. Dann übertrug er es auf Heavy Metal,
sodass ich zum ersten Mal in meinem Leben kapierte, was Heavy Metal ausmachte
und was es von allen anderen Musikrichtungen unterschied. Es war nicht die
Lautstärke.

    Ich konnte auch endlich den Unterschied zwischen Hardrock
und Heavy Metal nachvollziehen. Jan erklärte mir sogar, warum man Heavy Metal
und Hip-Hop gut kombinieren konnte, solange man nur beide Stile hinreichend beherrschte.
Und ich bekam eine Ahnung von K-Metal. Am Ende von Jans Erklärungen war es für
mich vorstellbar, dass es mehr als nur eine Pflichtaufgabe werden könnte, die
CD dieser Schüler anzuhören.

    Â»Danke«, sagte ich. »Das war sehr interessant.« In zwanzig
Minuten hatte ich von Jan mehr über Musik gelernt als in der Schule in einem
ganzen Jahr Musikunterricht.

    Â»Ich habe leider auch noch ein paar andere Fragen an dich«,
sagte ich.

    Jan nickte. Er sah immer noch nicht begeistert aus, aber
war in der Lage, meine Fragen zu beantworten. Wir arbeiteten zügig die Punkte
ab, die noch offen waren, aber leider brachte das keine neuen Erkenntnisse. Jan
und Heike hatten am Wochenende die Abende gemeinsam verbracht und nach Kräften
an der Wiederherstellung ihrer Beziehung gearbeitet. Jan hatte Tobias nicht
mehr gesehen und dessen abgeschaltetes Handy als deutliches Zeichen dafür
interpretiert, dass Tobias für sich sein wollte. Jan hatte gehofft, sich mit
seinem Freund am Montag aussprechen zu können. Sein Alibi für Sonntag war so
schwach wie das der anderen Schüler.

    Obwohl ich nicht mit übermäßig großen Erwartungen in die
Befragung gegangen war, behielt ich ein schales Gefühl zurück. Ich setzte meine
Hoffnungen, neue und relevante Informationen zu erhalten, ganz auf Heike.

    Schließlich sagte ich: »Ich werde die CD hören und dir
dann sagen, wie ich sie finde.« Das brachte mir ein schmales Lächeln zum
Abschied ein. Immerhin.

    Weil wir auch bei der Polizei technisch auf der Höhe waren,
hatten wir zwei Minuten später Jans Aussage auf Papier und seine Unterschrift
darunter.

    Jan verließ den Raum und Heike wartete schon vor der Tür.
›Der Nächste bitte‹, hätte ich beinahe gesagt. Heike wirkte mit ihrem Verhalten
wie ein Spiegelbild Jans. Verschüchtert, übernächtigt, gebeugt ließ sie sich
auf einen Stuhl sinken. Ich setzte mich ihr schräg gegenüber.

    Bei Heike riskierte ich den direkten Einstieg in das Gespräch.
»Du hattest keine Gelegenheit mehr, dich mit Tobias auszusprechen,

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