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Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
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man selbst. Aber damit umzugehen, das müssen die
Schüler ebenfalls lernen. Gute Verlierer und faire Gewinner zu sein. Die
LAN-Partys habe ich zusammen mit einem Mitarbeiter der Beratungsstelle gemacht
und wir haben bei der Organisation und der Durchführung darauf geachtet, dass
Konflikte nicht eskalieren können.«

    Â»Hat es funktioniert?«

    Â»Ja. Es hat sich ganz allein eine Praxis herausgebildet,
dass nach dem Wettkampf Gewinner und Verlierer zusammensaßen und noch einmal
die schönsten Manöver gewürdigt haben.«

    Â»Wie beim Fußball«, sagte ich.

    Günter Hirschmann nickte. »Es ist ein Sport. Ein besonderer
Sport, bei dem man den Rahmen richtig setzen muss.«

    So vernünftig das klang, so sehr befürchtete ich, dass
die Version von LAN-Partys, die unter der Regie von Hirschmann stattfanden,
nicht die Regel war. »Ist Ihnen aufgefallen, ob es zwischen Tobias und einem
anderen Schüler besondere Streitigkeiten gab? Die vielleicht beim Spielen offensichtlich
wurden?«

    Â»Nein, überhaupt nicht. Er war beliebt und umgänglich.
Nur die Schüler aus seinem Team waren zuletzt ein wenig enttäuscht von ihm. Ich
glaube, er ist schon seit längerer Zeit kein besonders guter Spieler mehr.«

    Wenn die Vorstellung, ein frustrierter Gegner von Tobias
im Dominanz -Spiel hätte ihn aus Rache
erstochen, bei mir alle Ermittlerinstinkte weckte, musste ich dann hier auch
hellhörig werden? Hatte einer seiner Freunde die Teamzusammensetzung mit einem
Messerstich verändern wollen? Das Bild fand bei mir keinen inneren Widerhall, denn
die Schüler lernten bei ihrem Lehrer die friedliche Regelung ihrer Konflikte
und spielten nur jugendfreie Versionen der Ego-Shooter. Das Bild fand bei mir
keinen inneren Widerhall. Ob das daran lag, dass die Schüler bei ihrem Lehrer
die friedliche Regelung ihrer Konflikte gelernt hatten und nur jugendfreie
Versionen der Ego-Shooter spielten, wusste ich nicht.

    Â»Wahrscheinlich hatte er keine Zeit mehr zum Üben«, sagte
Hirschmann unvermittelt. Wir schauten ihn an und er setzte hinzu: »Na, wegen
der Arbeiten für sein E-Mail-Programm. Da konnte er nicht mehr üben und wurde
schlechter beim Spiel.«

    Ich dachte, dass Hirschmann wirklich keine Ahnung hatte,
was Tobias sonst so alles getrieben hatte, und sagte: »Das ist gut möglich.«

    Â»Am Freitag gab es eine LAN-Party bei einem der anderen
Schüler, Kai Kupka. Waren Sie an solchen Partys auch beteiligt?«

    Â»Nein, wir haben nur die in der Schule zusammen gemacht,
ungefähr alle drei Monate eine.«

    Â»Wann war die letzte Party in der Schule?«

    Â»Im Oktober vor den Ferien.«

    Â»Können Sie uns eine Liste mit den Teilnehmern geben?«

    Â»Die haben Sie schon auf Ihrem Stick.«

    Ich schätzte die Befragung des Lehrers als mittelmäßig ertragreich
ein, auch wenn er beim Kopieren von Daten bemerkenswert vorausschauend war.

    Auf den wenigen Metern von der Haustür über die Einfahrt
zum Auto waberte uns der kalte Nebel entgegen und einige hartnäckige Schwaden
folgten uns bis ins Innere. Sie gaben ihren Kampf nur zögerlich auf und
zerstoben erst, als ich die Heizung aufdrehte.

    Â 
    Zurück im Präsidium saß Simon an seinem
Schreibtisch. Obwohl die Arbeitszeit für Beamte in den letzten Jahren zweimal verlängert
worden war, musste sein Stundenkonto überlaufen. Wann immer ich morgens kam,
war Simon schon da, und es war selten, dass er abends einmal nicht mehr
greifbar war, wenn ich das Bedürfnis hatte, meine Unkenntnis über Computer mit
seiner Kompetenz auszugleichen.

    Â»Ah«, sagte er, als er uns sah. Er drückte einen Knopf an
seinem Telefon und zehn Sekunden später stand Ralf in der Tür, fast so, als wäre
er Simons Sekretär.

    Â»Du hörst aber aufs Wort«, sagte ich.

    Â»Ich bin immer für meine Mitarbeiter da«, meinte Ralf. Er
hatte eine flache Schachtel bei sich. Als er sie auf den Tisch legte, schaute
ich ihn ungläubig an. »Du hast dein Spiel mitgebracht?«

    Â»Ja.«

    Â»Das ist nicht dein Ernst, oder?«, fragte ich.

    Er schaute mich an. Ralf hatte eine Menge Humor, aber in
diesem Augenblick deutete nichts darauf hin, dass er sich einen Scherz mit uns
erlaubte. »Simon hat mir erklärt, was euer Opfer mit den E-Mails gemacht hat. Daraus
ergibt sich ein Motiv. Ihr werdet das zumindest der Form halber überprüfen

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