Gegen jede Regel
aus Luft.
Egon setzte hinzu: »Frau Veen und Tobias hatten am Abend
noch E-Mails geschrieben.«
»Und vergessen wir nicht das Laken im Gästezimmer. Zwei
Personen hatten dort Sex«, schob Marla nach.
»Ihr glaubt, Tobias hatte mit Frau Veen am Sonntagabend
Sex im Gästezimmer?«
Egon und Marla nickten. »Aber das ist noch nicht alles«,
ergänzte Egon. »Sie war die einzige der drei Frauen, die regelmäÃig persönlichen
Kontakt zu Tobias hatte. Im Unterricht und in den Nachhilfestunden. Die anderen
haben Tobias nur E-Mails geschrieben und sind ihm manchmal zufällig begegnet.«
»Wo haben die Nachhilfestunden denn eigentlich stattgefunden?«
»Immer mittwochs um siebzehn Uhr bei Frau Veen.«
»Das war wahrscheinlich gut überwacht von ihrem Mann«,
meinte Nina.
»Und in der Schule gab es auch keine Möglichkeiten.«
»Es muss eine Qual gewesen sein, Tobias so oft zu sehen,
aber nicht ein einziges offenes Wort mit ihm sprechen zu können.«
Auch das stimmte wahrscheinlich. Doch selbst wenn Elisabeth
Veen an der Entstehung der Flecken auf dem Laken beteiligt gewesen war, so
löste das die Frage nicht, die mich seit Beginn des Falls beschäftigte.
»Wir haben ein grundsätzliches Problem«, sagte ich. »Schauen
wir uns einmal die Verdächtigen an, die wir ermittelt haben. Da sind zum einen
die Schüler. Die Beziehungen unter ihnen sind so verflochten, dass wir nicht
feststellen konnten, wer eigentlich wen mit wem betrogen hat. Wahrscheinlich
wissen die das selber nicht. Hier gibt es eine Menge Motive.«
»Aber wir glauben nicht, dass es einer der Schüler war.
Leidenschaft und Eifersucht hatten die zwar alle, aber sie sind keine Mörder«,
sagte Nina.
»Was gegen die Schüler spricht, ist die Tat selbst. Ein
einziger Stich, zielgerichtet ins Herz. Ein Mord aus Leidenschaft kommt nicht
mit einem Stich aus.«
Reinhold nickte. »Ja.«
»Dasselbe Problem haben wir mit den Spielern. Wenn Tobias
einen von ihnen verärgert hat und vielleicht früher schon mit ihm
aneinandergeraten ist, dann hat er nicht einfach nur einen Konkurrenten
ausgeschaltet. Er hat Tobias aus lange gehegtem Hass getötet. So ein Täter
kommt auch nicht mit einem Stich aus.«
»Wer emotional erregt ist, könnte eine solche Tat überhaupt
nicht ausführen«, stimmte Reinhold zu.
»Und das ist das Problem«, meinte ich. »Und dasselbe haben
wir mit den Frauen. Da ist auch Leidenschaft im Spiel. Selbst wenn die Veen mit
Tobias geschlafen hat, bleibt ja noch die Frage, warum sie ihn hätte umbringen
sollen.«
»Ich vermute, sie hatte einige Fantasien aufgestaut. Nachdem
ihr Mann nach Hamburg abgeflogen ist, schreibt sie noch ein paar E-Mails mit
Tobias. Sie weiÃ, dass er allein ist. Sie fährt zu ihm. Beide haben Sex. Als
sie wieder nüchtern ist, wird ihr klar, was sie getan hat. Was das für Konsequenzen
für sie haben wird, wenn das rauskommt. Sie bringt ihn um, damit er schweigt.«
Das konnte tatsächlich sein. Ich hatte wahrgenommen, dass
Egon diese Worte ausgesprochen und die Theorie entwickelt hatte, aber es konnte
trotzdem richtig sein.
»Das könnte stimmen«, nickte Reinhold. »Aber sie hätte
einerseits so nüchtern sein müssen, um die Folgen einer Entdeckung zu erkennen.
Andererseits so irrational, dieses Fehlverhalten durch einen Mord vertuschen zu
wollen.«
»Mörder handeln nicht immer rational«, meinte ich nachdenklich.
»Wenn die Veen es getan hat, dann kennen wir jetzt ein mögliches Motiv.«
»Das Problem bei dieser Version ist«, wandte Nina ein, »dass
sie Tobias genauso gut anders hätte kontrollieren können. Sie war seine
Lehrerin. Sie gab ihm Noten.«
»Sie hatte sehr viel zu verlieren«, wandte Marla ein.
»Ja, auf der anderen Seite hätte sie niemals damit
rechnen dürfen, dass ihr Verhältnis zu Tobias unentdeckt bleibt. Sie hat ihm
E-Mails mit Fotos geschickt. Sie muss gewusst haben, dass wir die entdecken.«
»E-Mails sind etwas anderes als Sex«, meinte Egon.
»Nur auf den ersten Blick. Weder E-Mails noch Sex zwischen
den beiden ist strafrechtlich irgendwie relevant, sofern Tobias freiwillig
mitgemacht hat. Und was dienstrechtliche Konsequenzen betrifft, ist der
Unterschied auch nicht groÃ. Elisabeth Veen muss um ihre Pension fürchten,
selbst wenn sie nur E-Mails
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