Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gegen jede Regel

Gegen jede Regel

Titel: Gegen jede Regel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Stammsen
Vom Netzwerk:
prasselten. Die
Kinder folgten uns, entschieden sich dann aber dafür, dass ihre Spielsachen
interessanter waren als wir. Sie hatten auf dem Couchtisch ein Puppenhaus
aufgebaut, dem sie ihre ganze Aufmerksamkeit widmeten.

    Wir setzten uns an einen kleinen Esstisch in der Küche.
Es war angenehm, den Kindern zuzuschauen. Das Familienleben, das sie im
Puppenhaus entstehen ließen, war fröhlich, einfach und frei von Nickligkeiten
und Streit, wie ihn nur Erwachsene anzetteln konnten. Frau Brodbeck brachte unseren
Tee. Es roch augenblicklich wie auf der Jahreshauptversammlung des Vereins zur
Förderung des Pfefferminzteekonsums.

    Frau Brodbeck setzte sich zu uns und für einen Moment
glaubte ich, nicht bei einer Befragung zu sein, sondern gemütlich bei Kaffee
und Kuchen am Sonntagnachmittag bei Freunden zu sitzen.

    Nina bedeutete Frau Brodbeck mit einer Geste, die Türe zu
schließen, damit die Kinder uns nicht verstehen konnten, dann eröffnete sie das
Gespräch. »Mein Kollege Herr Wegener hat Ihnen ja schon am Telefon gesagt, dass
Tobias Maier, einer der Spieler aus dem Halbfinale der Deutschen Meisterschaft,
am Montag tot aufgefunden wurde.«

    Â»Ermordet«, sagte Michael Brodbeck.

    Â»Ja.«

    Â»Und Sie glauben tatsächlich, dass es einer der anderen
Spieler war?«, fragte Frau Brodbeck.

    Â»Im Moment glauben wir noch gar nichts, sondern verfolgen
verschiedene Spuren. Wir sind auf dieses Spiel gestoßen und müssen es deshalb
in unsere Ermittlungen einbeziehen. Wie wir gesehen haben, hat Tobias mit dem
zweiten Zug einen anderen Spieler reingelegt.«

    Herr Brodbeck nickte. Er hatte einen Ausdruck der Karte
vor sich liegen, den ich erst jetzt bemerkte. »Ja, er hat den Türken
reingelegt. Astreine Arbeit.«

    Ich schaute ihn fragend an.

    Er sagte: »Darum geht es doch. Geschickt verhandeln und
die anderen täuschen. Und sich wiederum selbst nicht täuschen lassen. Tobias
hat das super gemacht. Sein Manöver ist ein echter Klassiker.« Der Informatiker
sprach über Tobias’ Züge mit sportlicher Anerkennung, so wie andere am Montag
von den Toren des Wochenendes schwärmten.

    Â»Der Spieler der Türkei, Elias Grams, wird doch ziemlich sauer
gewesen sein. Immerhin ist das nicht irgendeine Partie.«

    Â»Na klar wird Elias sauer gewesen sein. Weil er auf den ältesten
Trick des Spiels reingefallen ist«, sagte Brodbeck.

    Â»Ich meinte, er wird auf Tobias sauer gewesen sein.«

    Brodbeck schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Natürlich
ist man sauer und flucht auch mal über den anderen. Aber das vergeht dann
schnell wieder. Jeder weiß schließlich, worauf er sich einlässt.«

    Â»Auf ein Spiel, bei dem man sich trifft, um sich gegenseitig
reinzulegen.«

    Â»Genau.«

    Â»Gibt es denn nie Streitigkeiten?«

    Â»Nein«, sagte Herr Brodbeck.

    Ich sagte: »Ich habe mich ein wenig durch Ihre Seiten geklickt.
Und dabei bin ich auf eine Partie zum Jubiläum gestoßen. Die zweitausendste
Partie, glaube ich. Wie nennen Sie das?«

    Â»Showcase. Alle Spieler führen ein Tagebuch, beschreiben
ihre Taktik und ihre Pläne. Das veröffentlichen wir dann auf der Seite.«

    Â»In dieser Showcase-Partie schien mir nicht alles sehr harmonisch.«

    Â»Ich weiß, was Sie meinen. Es war eine sehr verbissene
Partie. Aber es gibt auch verbissene Fußballspiele.«

    Â»Es gibt auch Feindschaften zwischen Fußballspielern.«

    Â»Ja … Gut, wenn Sie es so sehen. Es gibt schon ein paar
Spieler, die miteinander ein Problem haben. Einige sind leicht beleidigt und
sehr nachtragend. Aber diese Spieler sind nicht sehr erfolgreich. Wer
empfindlich und nachtragend ist, bringt es bei uns nicht weit. Das ist eben ein
Spiel für Diplomaten. Kein guter Diplomat ist nachtragend. Und die Spieler in
dieser Partie sind alle sehr gut.«

    Diese Logik war zwar irgendwie schlüssig, aber ich wollte
mich nicht darauf einlassen. »Ich hatte Sie um eine Liste gebeten, damit wir
sehen können, wer mit wem schon einmal zusammen gespielt hat.«

    Jetzt sah ich, dass Herr Brodbeck neben dem Tisch einen
kleinen Hocker mit einem Papierstapel stehen hatte. Er nahm einige Blätter und
reichte sie uns. »Ich habe Ihnen beiden einen Ausdruck gemacht. Ich habe für
jeden Spieler ein Blatt benutzt und alle Partien aufgelistet mit Ergebnis und
Mitspielern und auch den Ersatzspieler für Tobias

Weitere Kostenlose Bücher