Gegen jede Vernunft
mit dem einzigen Ausweg begnügen, der ihr offen blieb: Sie fauchte wie eine in die Ecke gedrängte Katze.
„Sie stehen mir im Weg, Muldoon. Sparen Sie sich Ihren irischen Charme für jemanden, bei dem er wirkt, und machen Sie endlich Platz.“
„Nur einen Moment noch. War das Russisch, was Sie heute Ihrem Bruder nachgerufen haben? Es schien mir jedenfalls so.“
„Ukrainisch“, presste sie zwischen den Zähnen hervor.
„Aha, Ukrainisch also.“ Er schien darüber nachzudenken. „Bis in die Sowjetunion bin ich nie gekommen.“
„Ich auch nicht“, erwiderte sie trocken. „Könntenwir diese Unterhaltung vielleicht verschieben, bis ich mir Ihren Wohnbereich angesehen habe?“
„Ja, natürlich.“ Mit einer Hand an ihrem Rücken führte er sie weiter die Stufen hinauf. „Es ist nichts Besonderes, aber für Nick ist es ein gewaltiger Fortschritt im Vergleich zu dem, was er vorher gewöhnt war. Ich weiß wirklich nicht, warum er ...“ Zackary brach ab und blieb auf der oberen Stufe stehen. „Nun, das ist jetzt vorbei.“
Rachel allerdings hatte das unbestimmte Gefühl, dass jetzt alles erst richtig losging.
3. KAPITEL
R achel nahm ihre neue Aufgabe sehr ernst. Obwohl Nick weiterhin ziemlich missmutig reagierte, kam sie mit den Schwierigkeiten gut zurecht. Am meisten aber beschäftigte sie, dass Zackary Muldoon ständig in ihrer Nähe war.
Sie konnte ihn nicht fortschicken, aber auch nicht in seiner Gegenwart arbeiten. Tag für Tag war sie gezwungen, mit ihm umzugehen. Und das hatte schon fast gesundheitsschädliche Auswirkungen auf ihren Stresspegel.
Wenn ich ihn nur irgendwie aus meinem Kopf ausblenden könnte, überlegte sie, während sie nach dem sonntäglichen Essen mit ihrer Familie von der U-Bahn-Station zu ihrem Apartment ging. Das hätte vieles erleichtert. Aber selbst nach einer Woche war sie diesem Ziel nicht einen Schritt näher gekommen.
Er war barsch, ungeduldig und – so nahm sie zumindest an – potenziell gewalttätig. Trotzdem war er bereit, sich für seinen Stiefbruder einzusetzen, Geld und – was viel wichtiger war – Zeit und Energie zu investieren, um den Jungen wieder auf die richtige Bahn zu lenken. In seiner Freizeit kleidete er sich so lässig, dass man es schon fast als schlampig bezeichnenkonnte, doch wann immer Rachel in die Wohnung über der Bar kam, war alles blitzblank aufgeräumt und sauber. Ständig berührte er sie, legte seine Hand auf ihren Arm, ihre Schulter, in die Mulde an ihrem Rücken, doch immer in durchaus akzeptablen Grenzen, so dass sie bisher noch keinen Grund gehabt hatte, ihn zurückzuweisen.
Er flirtete offen mit den weiblichen Barbesuchern, doch dabei blieb es auch. Er war nie verheiratet gewesen, und auch wenn er monate-, ja, jahrelang nicht bei seiner Familie gewesen war, so hatte er doch die Seefahrt aufgegeben, um seinen kranken Vater zu pflegen.
Er irritierte und verwirrte sie maßlos. Und irgendwo tief in ihrem Innern verwandelte sich gerade diese Irritation in eine seltsame Hitze, die Rachel, wenn sie ehrlich war, nur als pure Lust bezeichnen konnte.
Sie versuchte diese Hitze zu ersticken, indem sie sich daran erinnerte, dass sie nicht der Typ war, der auf Lust reagierte. Natürlich war sie leidenschaftlich. Wenn es um ihre Familie und ihren Ehrgeiz ging. Aber Männer, auch wenn sie deren Gesellschaft durchaus genoss, standen ganz sicher nicht im oberen Teil ihrer Prioritätenliste.
Und Sex stand noch weiter unten. Genau deshalbwar es ja so lästig, dass sie dieses seltsame Prickeln verspürte.
Was für ein Mensch war dieser Zackary Muldoon? War es vielleicht besser, die Antwort darauf nie herauszufinden?
„Wo, zum Teufel, sind Sie gewesen?“
Zackary stand plötzlich vor ihr und versperrte ihr den Weg.
„Ich ... Verdammt, Sie haben mich fast zu Tode erschreckt. Müssen Sie unbedingt vor meiner Wohnung herumlungern?“
„Ich habe Sie überall gesucht. Sind Sie denn nie zu Hause?“
„Muldoon, ist es Ihnen noch nicht aufgefallen? Bei mir folgt eine Party auf die andere.“ Sie stieg die Treppen hinauf und öffnete die Haustür. „Was wollen Sie von mir?“
„Nick hat den Abflug gemacht.“
Rachel blieb abrupt stehen. „Was soll das heißen?“
„Er ist heute Nachmittag aus der Küche verschwunden. Ich kann ihn nicht finden, und dabei suche ich bereits seit fünf Stunden.“
„Nur keine Panik.“ Rachel ging den Flur entlang zum Fahrstuhl. „Es ist doch erst zehn Uhr. Er wird schon wissen, was er tut.“
„Das ist
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