Gegen Vaters Willen
sie in dem Moment, als sie bei Ryan und Michelle ankamen.
Leon lächelte. „Nein, Sie müssen sich nicht bedanken. Das war doch selbstverständlich.”
„Na, so selbstverständlich ist es nun auch wieder nicht.” Sie umarmte Leon kurz, der sie verlegen anlächelte, dann wandte sie sich an Michelle. „Hallo, Michelle. Schön, dich mal wieder zu sehen!”
„Eileen, wie geht es dir?”, begrüßte das Mädchen die Mutter ihres Freundes freundlich und fügte nach einigen Höflichkeitsfloskeln hinzu: „Du kannst uns einen Gefallen tun und Ryan helfen, dass er heute Abend aus dem Haus kommt.”
„Oh, wollt ihr feiern?”, erkundigte Eileen McCoy sich lächelnd.
„Ja, würden wir gern, nur ohne Geburtstagskind ist das eher sinnlos!”
Ryan schaute erstaunt zwischen Michelle und Leon hin und her. Von einer Feier war bisher nicht die Rede gewesen.
„Ich denke nicht, dass es ein Problem wird. Heute Abend kommt Football im Fernsehen!” Und das war einer der wenigen Zeitpunkte, an denen so ziemlich jeder vor Jon McCoy und dessen Launen sicher war.
Während Michelle, der diese Tatsache sehr wohl bekannt war, glücklich strahlte, sah Leon fragend zu Ryan. Schnell klärte dieser seinen Freund auf.
„Verstehe. Soll ich dich abholen?” Leon sah Ryan fragend an.
„Ja, das wäre klasse. So gegen neun?”
Plötzlich wurde Michelle ungewohnt ernst. „Dein Vater!”, sagte sie zu Ryan und deutete zum Tor, wo gerade der Laster des Abdeckers auf den Hof rollte.
„Scheiße …”, murmelte der.
„Okay, wir verschwinden. Wir wollen dir keinen Ärger machen”, sagte Leon schnell, der schon so viel von diesem Mann gehört hatte, dass er keinen gesteigerten Wert darauf legte, ihm persönlich über den Weg zu laufen.
„Ist okay, ihr seid den Ärger wert”, lächelte Ryan.
„Naja, aber muss trotzdem nicht sein.” Leon verabschiedete sich hastig von Mrs. McCoy.
Mr. McCoy war inzwischen aus dem Wagen gestiegen, hatte sich von seinem Freund Joe Steiger verabschiedet und machte keinen Hehl daraus, dass er die Szene, die sich ihm bot, mehr als missbilligte.
„Wir gehen jetzt lieber.” Michelle umarmte Ryan kurz und lief dann mit Leon zusammen an McCoy vorbei, dessen Blick auffällig lange an Michelles wohlgeformten Beine hing, dann allerdings gleich seinen Sohn anfuhr: „Was ist denn hier los? Hast du nichts zu tun?”
Leon zuckte zusammen und wandte sich um, bereit, dem Typ seine Meinung zu sagen, doch Michelle zog ihn weiter.
„Lass es”, raunte sie ihm leise zu, damit Jon McCoy sie nicht hörte, „damit tust du Ryan keinen Gefallen. Er kommt allein klar!”
Widerwillig setzte sich Leon ins Auto, warf einen letzten Blick auf Ryan, der seinen Vater zornig anstarrte.
„Ich bin dabei.” Ryan wandte sich zu seiner Mutter um und drückte ihr die Schachtel mit dem Trikot in die Hand. „Kannst du die bitte mit ins Haus nehmen?”
Eileen McCoy nickte, nahm ihrem Sohn das Päckchen ab und ihr Blick huschte unruhig zwischen ihrem Mann und Ryan hin und her. Sichtlich unentschlossen drehte sie sich weg und verschwand im Haus.
Jon McCoy stand weiter abwartend neben seinem Sohn.
„Was?”, fragte Ryan genervt.
„Wer war das?”
„Meine Freunde”, antwortete Ryan kurzum. Das musste reichen. Er würde den Teufel tun und seinem Erzeuger mehr erzählen, als auch nur annähernd nötig war.
Der zog die Augenbrauen zusammen und knurrte dann: „Du hast zu arbeiten. Für Freunde hast du keine Zeit!”
„Oh, darüber mach dir mal keine Sorgen. Die bringe ich schon noch unter”, gab Ryan gereizt zurück.
Ryan ackerte wie ein Maulesel und schaffte seine Arbeit dadurch mit ach und krach bis zum Abendessen. Er wollte seinem Vater keine weitere Möglichkeit geben, sich über die angebliche Faulheit seines Sohnes aufzuregen. Nach dem Essen, welches wie so oft begleitet von eisigem Schweigen vonstatten gegangen war, ging er hoch und stand grübelnd vor seinem Kleiderschrank. Schließlich zog er eine schwarze Jeans und ein dunkelgrünes Hemd heraus.
„Mum?” Er trat in ihr Schlafzimmer, wo sie einen ganzen Berg Wäsche sortierte.
„Ja?”
Ryan blieb stehen und betrachtete sie einen Moment. Sie sah erschöpft aus. „Du solltest auch Feierabend machen. Irgendwann musst auch du aufhören zu arbeiten.”
„Oh, das ist keine Arbeit”, behauptete sie lächelnd. „Ich schaue mir nebenbei die Talkshows an. Es gibt wirklich seltsame Menschen. Was möchtest du denn?”
Verlegen hielt er das knittrige Hemd hoch.
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