Gegenschatz
dem köstlichsten Honig, den ich je probiert hatte. Ich schmiegte mich an ihn und seine Haut fühlte sich samtig weich an, als könnte ich darin einsinken. Die Stimmen um mich herum nahm ich als wunderschönen Gesang wahr. Ich sah plötzlich alle Bilder in meiner Umgebung als Mosaik wie durch ein Kaleidoskop. Dann tauchte ich mit einem Mal in ein dunkles Loch aus Angst. Ich fühlte mich schuldig für jede der süßen Empfindungen, die ich alle nicht haben durfte. Ich sah dann zwar wieder schöne bunte Bilder, aber ich konnte mich nicht daran erfreuen.»
Marc streichelt mich die ganze Zeit, während ich erzähle.
«Hat sich danach etwas in deinem Leben verändert?»
«Nicht viel. Ich habe versucht, das Erlebnis zu verdrängen, weil ich mich so dafür schämte, dass ich mich an den Indio ran gemacht habe.»
«Es gibt nichts, wofür du dich schämen musst, Süße!»
Wieder schweigen wir eine Weile.
«Marc?»
«Ja, Süße?»
«Tamara, meine Schwester hat mir von der Band erzählt. ‘Romeo and the Julietts’, oder so. Ich hab nie davon gehört. Was ist das für eine Band? Und ist das wirklich deine Band?»
«Mmh», brummt er, streicht meine Haare beiseite und küsst meinen Nacken.
«Mehr willst du nicht dazu sagen?»
«Wir sind drei Männer, Tom, der Schlagzeuger, Mike spielt Keyboard und Gitarre und ich singe, spiele Keyboard und komponiere die Songs»
«Und was für Musik spielt ihr?»
«Eine Mischung aus Pop und Rock und gecoverte Songs.»
«Kann man Platten von euch kaufen?»
«Natürlich! Die neueste Single heißt ‘Deep Sea Dark’»
Marc streichelt noch immer sanft über meinen Arm und seine Zärtlichkeit tut mir so unendlich gut. Dann sind seine Lippen ganz nah an meinem Ohr und er summt eine bekannte Melodie. Plötzlich singt seine Stimme einen Song.
«Lady in red is dancing with me!….»
Ich schließe die Augen und schmelze dahin, wie Eiscreme in der Wüstensonne. Ich kann die Groupies nur zu gut verstehen, dass sie ihm nur so zufliegen. Am liebsten würde ich diesen Mann niemals wieder loslassen. Ich habe Angst davor, mir auszumalen, was mit uns geschehen wird, wenn wir wieder dieses Auto verlassen, Angst mir vorzustellen, es wäre dann alles wieder wie vor diesem Tag - ich nur eine in einer langen Reihe an Frauen, die mit ihm geschlafen haben. Ich dränge diese Gedanken mit aller Gewalt fort, denn ich will jeden wundervollen Augenblick mit ihm voll auskosten. Ich schmiege meinen Körper ganz nah an seinen, er drückt seinen Arm fester um mich und im nächsten Augenblick bin ich eingeschlafen.
Rettung
Ich erwache davon, dass jemand an die Heckscheibe klopft. Ich liege noch immer in Marcs Armen und helles Tageslicht scheint zu uns ins Auto. Marc stöhnt, als ich mich aufrichte. Durchs Heckfenster blickt mich ein fremdes Gesicht an. Der Mann im schwarz-gelben Anzug ist offenbar auf den Kofferraum geklettert, um ins Auto zu schauen.
«Hallo? Ist jemand verletzt?», ruft er laut, als ich ihn verschlafen anblinzle. Ich schüttele den Kopf und hinter mir richtet sich auch Marc auf.
«Nein, niemand ist verletzt!», antwortet er.
«Wie viele Personen befinden sich im Auto?»
«Nur wir beide!», antworten wir synchron.
«Wir werden sie jetzt zunächst aus dem Fahrzeug holen und dann das Auto mit dem Schlepper herausziehen. Bitte klettern sie sicherheitshalber auf die Sitze nach vorne, bis wir die Heckscheibe herausgeschlagen haben.»
Ich klettere auf die Frontsitze und Marc folgt mir. Sobald er neben mir sitzt, zieht er mich zu sich auf den Schoß, umschlingt mich mit seinen Armen und küsst mich zärtlich auf den Mund. In meinem Kopf dreht sich alles und mein Körper kribbelt, als wäre es der allererste Kuss in meinem Leben. Ich fühle mich unendlich gut und geborgen.
«Hast du gut geschlafen, Süße?»
Ich bringe nicht mehr als ein Nicken zustande.
Ich zucke zusammen als hinten jemand kräftig gegen die Heckscheibe schlägt und das Glas auf den Rücksitz splittert. Dann werden die verbleibenden Glasreste an den Seiten herausgeschlagen. Ich schlüpfe umständlich in meine Schuhe. Es dauert nicht lange und wir klettern über die Glasscheiben hinaus. Draußen haben sich ein paar Schaulustige versammelt und ein großer Abschleppwagen steht vor einem Rettungswagen auf dem Radweg bereit, um das Auto herauszuziehen. Eigentlich sollte ich froh sein, aber jetzt wo wir wieder frei sind, befällt mich wieder die Unsicherheit. Was bedeute ich wirklich für Marc? Wird er weiterhin Groupies zu sich
Weitere Kostenlose Bücher