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Gegenwind

Gegenwind

Titel: Gegenwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul S. Kemp
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brummte er.
    R6 stieß ein fragendes Zirpen aus.
    »Ich versuche nur, die Bedeutung der Vision zu verstehen. Es ist alles so … Ich bin mir nicht sicher.«
    Das stimmte. Er war sich nicht sicher. Über rein gar nichts mehr. Seit der Schlacht um die Centerpoint-Station hatten die Zweifel ihn langsam, aber sicher aufgefressen. Seine Entschlossenheit, so schien es, war eines der Opfer dieses Kampfes gewesen. Er hatte Dinge getan, die er zutiefst bedauerte. Die Corellianer hatten nur in Unabhängigkeit leben wollen, mehr nicht. Rückblickend sah Jaden nun, dass die Angelegenheit rein politischer Natur gewesen war. Die Jedi hätten sich nie einschalten dürfen – aber sie hatten es getan.
    Sein Gesicht verdüsterte sich. Er hatte für politische Interessen gemordet. Der Jedi-Orden hatte für politische Interessen gemordet.
    Was sagte das über den Orden aus? Was war aus ihm geworden? Was unterschied ihn noch von den Sith? Es gab keinen Zweifel daran: Sie hatten die Macht für moralisch fragwürdige Ziele eingesetzt. Jaden konnte es nicht länger ignorieren. Seine Rolle in dieser Schlacht stand im krassen Gegensatz zu allem, woran er glaubte, wonach er lebte.
    »Einst waren wir die Wächter der Galaxis«, murmelte er, den Blick auf sein Lichtschwert gerichtet. R6 bewies einmal mehr sein außergewöhnliches Taktgefühl, indem er still blieb.
    Heute waren die Jedi die Wächter einer bestimmten politischen Gesinnung. Gab es die alten Ideale überhaupt noch? Wenn ja, wer richtete sich dann nach ihnen? Richtete er sich nach ihnen? Oder bildete er sich das nur ein – ebenso wie er sich die Fragen seines Droiden einbildete?
    Die Macht ist ein Werkzeug, Jaden.
    Jaden schüttelte den Kopf und streifte sich seine Robe über. Er konnte es nicht glauben. Denn wenn es stimmte, dann hätte er seit Jahrzehnten eine Lüge gelebt. Noch einmal wanderte sein Blick zu seiner – mittlerweile deaktivierten – Waffe. Das Lichtschwert – das war ein Werkzeug. Die Macht jedoch … Sie war mehr als das. Sie musste einfach mehr sein!
    Manchmal hatte Jaden das Gefühl, als glaubten die Jedi, alles, was sie täten, wäre zwangsläufig gut und richtig, nur, weil sie sich der hellen Seite der Macht bedienten. Solches Denken war natürlich fehlerhaft. Mehr noch: Es war gefährlich.
    Seit der Schlacht um Centerpoint hatte er sich immer mehr von den anderen Jedi zurückgezogen – selbst von Valin und Kyle. Wann immer er die Hallen des Ordens betrat, fühlte er sich nutzlos und unwillkommen. Außerdem mussten ihm seine Zweifel mittlerweile deutlich anzusehen sein, und selbst wenn nicht – die Meister könnten in ihm lesen wie in einem Buch. Es gab niemanden, dem er sich anvertrauen konnte, niemanden, mit dem er über seine Gedanken und Gefühle reden konnte.
    »Nur dich«, sagte er und klopfte mit dem Knöchel gegen R6s zylindrischen »Kopf«.
    Sein Blaster und das zweite Lichtschwert mit dem Einhändergriff lagen auf dem Beistelltisch neben dem Bett. Ersteren schob er in das Halfter am Gürtel, Letzteres befestigte er am Haken im Kreuz. Er wusste nicht, warum er immer noch an diesem alten Zweitschwert festhielt, und erst recht nicht, warum er es ständig bei sich trug wie einen persönlichen Glücksbringer. Manchmal, wenn er darüber nachdachte, vermutete er allerdings, dass diese purpurfarbene Klinge seine letzte Verbindung zu einem einfacheren Leben war. Als er diese Waffe zusammengebastelt hatte, war die Macht für ihn nicht mehr gewesen als ein Wort. Er hatte nichts über sie gewusst, und doch hatte er mit ihrer Hilfe ein Lichtschwert gebaut.
    Er stutzte. War das nicht ein Beweis dafür, dass die Stimme aus seiner Vision recht gehabt hatte? Dass die Macht einfach nur ein Werkzeug war, eine Energie, die jeder sich zunutze machen konnte, ob nun zum Guten oder zum Bösen? Nicht mehr als ein Messer oder ein Blaster? Er schreckte vor dem Gedanken zurück, denn wenn das stimmte, dann war der Unterschied zwischen der Hellen und der Dunklen Seite tatsächlich bedeutungslos. Dann war der moralische Aspekt, dann waren Gut und Böse nur eine Illusion.
    »Das kann ich nicht akzeptieren«, sagte er laut. »Niemals.«
    Hilf uns! Hilf uns!
    Der flehentliche Ruf aus seiner Vision hallte in seinem Kopf wider, erinnerte ihn daran, wer und was er war. Er wusste nicht, warum er auf der gefrorenen Oberfläche eines Mondes in den Unbekannten Regionen herumgeirrt war. Er wusste auch nicht, warum er toten Jedi begegnet war, warum ein feuriger Regen negativer Energie

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