Gegenwinde
Danach schenkte ich mir ein Glas bis an den Rand voll Whisky und verbrachte den Rest der Nacht damit, die Heizkörper zu entlüften und die Heizungsrohre zu reinigen. Schließlich breitete sich das heiße Wasser wie Öl in einem neuen Motor aus, und das Haus wurde allmählich warm. Ich schlüpfte zu Manon ins große Bett, ich war völlig fertig, meine Beine wogen acht Tonnen, und meine Lider fielen zu, ohne dass ich mich dagegen wehren konnte, man hätte glauben können, sie wären aus Blei.
Der Wecker läutete, als mich gerade ein Elefant auf die Matratze drückte, der entschlossen schien, mich da festzuhalten. Die Nacht draußen bot nichts, was einen zum Aufstehen motivierte. Clément kam ins Zimmer und rieb sich die Augen, schniefend verlangte er seinen Kakao.
»Mir war kalt heute Nacht.«
»Ich weiß. Die Heizkörper haben schlappgemacht, aber jetzt gehen sie wieder.«
Ich richtete mich auf, mein Kopf brummte wie ein Wespennest im Sommer, wie eine Flughafenhalle. Eine Hälfte meines Gehirns war in Watte gehüllt, die andere steckte in einem Schraubstock, der von einem Sadisten festgezogen wurde. Ich kitzelte Manon, um sie zu wecken; ohne die Augen aufzuschlagen, verlangte sie ihre Nuckelflasche. Auf dem Wohnzimmertisch verhöhnte mich eine Jack-Daniels-Pulle, ich hatte sie geleert, während ich den Klempner spielte.
Ich schaute durch die Glastür, sie war mit Schneeflocken aus weißem Papier beklebt, dazwischen konnte man die Kinder erkennen, sie schliefen im Stehen, während Madame Désiles ihnen an der Tafel zu erklären versuchte, dass es Dienstag und für sie ungeheuer wichtig war, das zu wissen. Ungeduld und Erbitterung drangen ihr aus allen Poren. Über ihr, neben einem vergilbten Poster mit den Buchstaben des Alphabets, zeigte eine Uhr kurz nach neun. Ich fragte mich, wie Clément sich wohl aus der Affäre gezogen hatte, so wie ich ihn kannte, hatte er irgendein überzeugendes Lügenmärchen erfunden, bei seinem zurückhaltenden Wesen war er ganz schön gerissen. Manon bekam es mit der Angst, sie presste mit aller Kraft meine Hand, und ich selbst fühlte mich nicht gerade in Höchstform. Trotzdem klopfte ich an die Tür, die Kleine stapfte hinein, wie sie es in solchen Fällen immer tat, und die Lehrerin bat sie, sich hinzusetzen. Dann befahl sie den Kindern barsch, ruhig zu bleiben, und zog mich aus dem Klassenzimmer. Im Flur unter den an unsichtbaren Fäden hängenden Hexen und Kürbissen entschuldigte ich mich, so gut ich konnte, aber das interessierte sie nicht. Sie wollte über etwas anderes mit mir reden. Sie flüsterte fast. Obwohl wir allein waren.
»Monsieur Anderen, ich möchte mit Ihnen sprechen.«
»Jetzt schon?«, scherzte ich.
Ihr war offensichtlich nicht zum Lachen. Sie wippte ungeduldig mit dem Fuß und warf entnervte Blicke in ihr Klassenzimmer.
»Sie können keine zwei Sekunden stillsitzen«, murmelte sie.
Auch ich schaute hinein, soweit ich es beurteilen konnte, waren die Kinder ein bisschen unruhig, aber es war nicht weiter schlimm, es schien mir vor allem zu beweisen, dass sie lebendig waren.
»Ja. Jetzt schon. Also: Manon erscheint mir, wie soll ich sagen … hypersensibel … Oder, sagen wir, äußerst empfindlich.«
»Wie das?«
»Gestern habe ich mit ihr geschimpft, und sie ist in Tränen ausgebrochen, auf eine so maßlose Weise, als wäre es das erste Mal …«
»Na klar … wenn Sie mit ihr schimpfen.«
»Schimpfen Sie nie mit ihr?«
»Nein.«
»Sie erheben nie die Stimme?«
»Nie. Das ist gegen meine Prinzipien.«
»Ihre Prinzipien?«
»Ja.«
»Wissen Sie, man tut seinen Kindern keinen Gefallen, wenn man ihnen immer alles durchgehen lässt.«
»Machen Sie sich keine Sorgen, sie hat es schwer genug gehabt. Und außerdem geht Sie das nichts an.«
Sie starrte mich eine Weile an, man hätte meinen können, sie wollte mich scannen. Etwas verstimmte sie sichtlich, ihr Blick stieß sich an meiner undurchsichtigen Oberfläche. Ehrlich gesagt war es mir schnuppe. Ich fragte sie, ob das alles sei, sie machte sich nicht die Mühe zu antworten, ließ mich einfach stehen, verschwand in ihrem Klassenzimmer und knallte die Tür zu, kurz danach hörte ich, wie sie laut wurde und die Kinder anschrie, sie sollten Ruhe geben. Im Hof markierten Striche auf dem Boden eine Miniaturrennpiste, und die Basketballbretter reichten mir gerade bis zum Kinn, an einer großen Kiefer, in der Nistkästen hingen, kletterte senkrecht ein Eichhörnchen hinauf, als wollte es den Himmel
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