Gegenwinde
hineingebissen, mich damit vollgefüllt mich darin aufgelöst mich mit ihm vereint, ich wäre gern so flüssig salzig kalt und sanft wie nichts anderes geworden. Ich bog ab, fuhr langsam in die Sackgasse, sie standen schon vor dem Haus, unsere Blicke kreuzten sich, der Große, in Handschellen, heulte wie ein Kind, drei Zivile umringten ihn, und er ließ sich abführen, ich biss die Zähne zusammen, als sie ihn in ihren weißen Wagen stießen, sie fuhren ab und ich sah zu, wie sie sich entfernten und dann verschwanden, im Rückspiegel wurde der Peugeot von der Straße geschluckt. Ich fuhr kurz ans Meer zurück, Strandsegler beschrieben große Achter auf dem Sand, und in der Nähe der Festungsmauern trockneten Wälder von Wellenbrechern in der Sonne. So weit das Auge reichte, war der Himmel klar, von blendender Helligkeit, ich schaute auf die Uhr und machte kehrt.
Auf dem Flur warteten schon an die zwanzig Kinder. Die Kantinentür war geschlossen, aber es roch trotzdem nach Tomatensuppe und Obstsalat aus der Dose. Manon lächelte mir traurig zu, sie hielt eine Freundin an der Hand, ein blondes Mädchen mit lebhaftem, pfiffigem Blick, von der Sorte, die sich nichts vormachen lässt. Sie zögerte einen Moment, dann löste sie sich aus dem schweigenden Pulk.
»Was machst du denn hier?«
»Ich komme, um dich zu befreien, meine Prinzessin.«
Ich nahm sie am Arm, und wir stahlen uns davon wie Diebe. Im Hof schauten die Kinder der zweiten Runde zu der großen Kiefer hinauf, sie hatten gemeint, ein Eichhörnchen zu entdecken, und suchten es im Geäst. Die Désiles beobachtete sie misstrauisch, ich teilte ihr mit, dass Manon diesen Nachmittag nicht in die Schule gehen würde, ihr fiel nichts ein dazu, ihr Gesicht drückte Abscheu und Entsetzen aus. Wir passierten das Tor, und in meiner Hand spürte ich die Aufregung der Kleinen und ihre Freude darüber, den Himmel und das Meer genießen zu können.
»War’s gut bei Alex und Nadine?«, fragte ich.
»Ja, aber du hast mir gefehlt.«
»Du hast mir auch gefehlt«, erwiderte ich, und dann gingen wir zusammen zur Grundschule hinüber.
Sie waren beim Mittagessen. Ich entdeckte Clément mühelos, er aß nicht, sondern las ein Buch, Die Möwe Jonathan . Ringsum ein Chaos aus Stimmengewirr und Geschirrklappern. Ich sprach seinen Namen aus, und alle drehten sich um. Am ersten Tisch kaute ein Junge sein Brot, ein dicker weißer Verband bedeckte sein rechtes Ohr. Clément hob den Kopf. Unter den Blicken der Lehrer und des Kantinenpersonals in rosa Kitteln durchquerte er den Raum. Ich hätte ihnen ein Wort sagen können, aber was brachte das, ich hatte keine triftige Entschuldigung anzubieten, es war schönes Wetter und ich arbeitete nicht, meine Kinder fehlten mir, wir würden über die Rance fahren, uns in Dinard oder Saint-Lunaire eine Pizza kaufen, den Nachmittag am Strand verbringen, Fußball spielen, um die Wette laufen, Krebse ärgern, zwei, drei Krabben fangen, ein Schläfchen halten, Burgen Bahnen Pyramiden bauen, die Füße ins Wasser tauchen, das Gesicht benetzen, damit das Salz es ein bisschen auslaugte. Als wir endlich draußen waren, schaute ich sie an, meine kleinen Engel, ich nahm sie in den Arm, und ihre Gesichter strahlten. Das beruhigte mich. Nadine hatte gefunden, sie seien so angespannt, Manon hätte die Nacht in ihren Armen verbracht und bis in den Schlaf Liebkosungen und Küsse verlangt, als könnte sie nie genug kriegen. Und Clément hätte bis Mitternacht gespielt, extrem konzentriert, und Alex bei allen Spielen geschlagen, ohne das geringste Zeichen von Befriedigung oder Begeisterung, als wäre es darum gegangen, eine Aufgabe zu erledigen, nicht mehr und nicht weniger angenehm als jede andere, eine Herausforderung anzunehmen, einen Auftrag, eine Pflicht zu erfüllen. Ich ließ die Kinder einsteigen, und wir fuhren los, ich fuhr Umwege, um den Ärmelkanal nie aus dem Blick zu verlieren, ab und zu hielten wir an und betrachteten die Landschaft, überall dasselbe, das klare Licht ergoss sich über die Festungsmauern die Boote die Felsvorsprünge die Sandbuchten, erneuerte alles, frischte die Farben auf, hob die Linien und Konturen hervor. Die Sonne, die durch die Scheiben fiel, wärmte uns sanft, ich machte Musik an, und Manon begann zu singen, der gute alte Nino Ferrer suchte Mirza, sogar Clément fiel ein, sie kannten das auswendig, Le sud und Les cornichons , La maison près de la fontaine und La Rua Madureira , Le téléfon und Un an d’amour , einen
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