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Geh auf Magenta - Roman

Geh auf Magenta - Roman

Titel: Geh auf Magenta - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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zubereitet hätte, oder, wenn nicht, würden sie später in ihr Lieblingsrestaurant gehen. Es wäre einfach alles wieder gut.
    Es war Sonntagnachmittag, es herrschte wenig Verkehr, das Taxi kam zügig voran und stoppte schließlich vor Sonias Wohnung, einem kernsanierten, glatten Altbau; die Wohnung gehörte einem ihrer Ex-Freunde, dem sie ein Wohnrecht bis auf weiteres abgerungen hatte. Vor der Tür stand ihr weißer Cayenne, den sie aus ähnlichen Gründen bis auf weiteres fuhr. Sie lächelte ihn strahlend an: »Pass auf dich auf, ja?«
    »Klar. Bestimmt bis bald.«
    »Bestimmt. Ich melde mich, ja?«
    Sie drückte ihm einen schnellen Kuss auf die Wange, stieg gekonnt aus dem Taxi und ließ sich die Koffer vor die Tür stellen. Er stand am Wagen und winkte ihr zu, der Taxifahrer fuhr schließlich wieder mit reichlich Gas los und atmete erleichtert aus. »Ich hatte auch mal so eine«, sprach er mit Baritonstimme und blickte in den Rückspiegel. »’ne Ostmotte, die fressen jeden Ast kahl, und dann, zack, sitzen sie auf dem nächsten, wa. Die haben Fühler für gutes Futter.«
    Bastien dachte, dass der gute Mann absolut recht hatte, zumindest, was Sonia anbelangte. Nur machte es jetzt keinen Sinn, der Vergangenheit nachzutrauern, es galt, nach vorne zu sehen. Bereits in wenigen Minuten wäre alles wieder beim Alten und würde in gewohnter Weise weitergehen. Denn Bastien wusste um sich, wusste, dass nur eine gewisse Ordnung und ein selbstauferlegter Fahrplan die losen Fäden seines Lebens zusammenhielten. Er verdankte seinen täglichen Gewohnheiten eine Menge an Selbstbewusstsein, das er für sein Denken und Arbeiten benötigte: ein geregelter Tagesablauf, der Überraschungen am Vormittag vermied, die Arbeit am Nachmittag definierte und den Abend zur Kommunikation mit Gleichgesinnten freigab. Manchmal zum Leidwesen Mels, die sonntägliche Brunchs mit ihren Kindern liebte, an denen er selten oder nie teilnahm. Er entschuldigte das gerne mit der Ruhe, die er für die täglichen Stunden der Konzentration benötige, für das Sammeln und Sortieren von Gedanken, die für die Kunst verwertbar waren; oder auch solchen, die ihn in seine immer komplexer werdenden Traumwelten, wie fremde Sonnensysteme, südamerikanische Dschungel und mittelalterliche Landschaften, entführten.
    Der Fahrer drehte am Radio, die Sendung Universum heute war zu hören, ein Sprecher erklärte die Beziehung der Planeten zueinander – die klassische, im geozentrischen Weltbild entstandene Astrologie kannte sieben Planeten oder Wandelsterne, die im Unterschied zu den Fixsternen ihre geozentrische Position relativ zu diesen fortwährend ändern: Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Nach der Entdeckung der Planeten Uranus und Neptun und des Zwergplaneten Pluto wurden auch diese in das astrologische Weltbild integriert. Fast jeder Planet gilt als Regent eines oder mehrerer Tierkreiszeichen, deren Eigenschaften in Übereinstimmung mit der Wirkung des jeweiligen Planeten gesehen werden. Die Symbole der Gestirne sind astronomisch und astrologisch mit antiken Göttern oder Heldengestalten verbunden, deren Namen sie tragen (zum Beispiel römisch Venus, griechisch Aphrodite oder mesopotamisch Ischtar). Schon vor der klassischen Antike wurden zum Beispiel in Babylonien einzelnen Himmelskörpern bestimmte Eigenschaften zugerechnet, die dann jeweils als ein Gott in Allegorien und Erzählungen auftraten.
    »Wahnsinn«, kommentierte die Baritonstimme.
    Ein Abbiegen von der Skalitzer Straße, eine Fahrt um den Block, und er war da. Bastien stieg aus, schulterte seinen Rucksack und trat ins Haus, klingelte dreimal, um die Besonderheit dieses Augenblicks zu unterstreichen. Der Türöffner summte, er drückte auf und ging ins Treppenhaus, drei Stufen auf einmal nehmend. Mel öffnete oben sofort und schaute ihn lächelnd an. Sie umarmten sich lange, er wirbelte sie wie geplant einmal durch die Luft, stellte seinen Rucksack in die Diele und ließ sich dann auf seinem gewohnten Platz in der Küche nieder.
    »Einen Kaffee?«, fragte sie.
    Er nickte dankbar. »Gerne. Wie war’s denn hier?«
    Er sah sie an, ihre schlanke Figur, das lange braune Haar, zu einem Zopf nach hinten gebunden, ihre vertrauten Gebärden beim Erzählen, die gewohnten Griffe an der Maschine. Auch in der Küche sah alles aus wie gewohnt, da war der kleine Tisch mit den üblichen Papierbergen, Der Mann ohne Eigenschaften obenauf. Der Knick der Seiten an der gleichen Stelle verriet, dass

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