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Geh aus, mein Herz

Geh aus, mein Herz

Titel: Geh aus, mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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und Pfeffer wahr und ihm wurde wieder übel. Hinterher legte er sich aufs Bett, schloss die Augen, öffnete sie wieder, als er meinte, es gehe ihm ein wenig besser. Dann stand er auf, ging in die Küche, öffnete die Schranktür und holte die Flasche hervor. Er hielt sie hoch, meinte, nicht mehr berauscht zu sein, nur müde. Er schraubte den Verschluss auf, warf ihn weg, drehte die Flasche um und kippte den Inhalt in den Abfluss. So was hatte er noch nie getan. Sollte er jetzt froh oder traurig sein? Wen führte er damit an der Nase herum? War diese Tat nicht genauso lächerlich, wie nach Alkohol zu greifen, wenn die Gedanken scharfe Kanten bekamen, wenn er in sich hineinschaute? Ja. Was würde er nun machen? Kontakt zu den Anonymen Alkoholikern aufnehmen? Oder abwechselnd trinken und wegkippen? Und dann?
    Wide rief seine Kinder in ihrem Zuhause an. Am Samstag würden sie ihn besuchen. Es meldete sich niemand.

10
    Für Janne-Janne war das Leben ein kalter Wind und ein Tanz ohne Musik. »Was für ’n Tanz?«, hatte Sixten einmal philosophisch gefragt, und dann hatten sie nicht mehr viel gesagt. Sie waren der Frigångsgatan in westlicher Richtung gefolgt. Es war sinnlos, mit Sixten zu reden, denn er war müde und wollte schlafen.
    Sie schlurften an der Schule vorbei, die jetzt ein Kino war. Vor unzähligen Jahren war Janne-Janne in diese Schule gegangen. Hier war er rausgekommen und war die Linnégatan runtergehüpft, kein Schlurfen, und er hatte eine Mutter gehabt, die auf ihn wartete. Damals.
    Sie schlurften weiter, mit einem Einkaufswagen, der Wohn- und zwei Schlafzimmer enthielt, Küche und Garderobe, ihr mobiles Heim. Janne-Janne schob ihn, Sixten, eine Hand auf dem Wagen, hatte sozusagen die Führung übernommen. Sixten war sehr betrunken, aber er hielt sich aufrecht; er konnte immer gehen. Janne-Janne nahm an, dass er beim Militär gewesen war. Da lernte man gehen. Janne-Janne war nüchtern – wenn er das von sich selbst behaupten durfte.
    Sie überquerten den Linnéplatsen bei Rot, weil niemand mehr nach Askim, Hovås und in die anderen Paradiese nach Hause fuhr, gingen direkt auf den Schlosswald zu und tauchten in ein Waldstück, wo sich der Weg teilte. Dank der Straßenlaternen über den Straßenbahngleisen konnte er die Enten im Teich auf der anderen Seite des Weges sehen. Sie wurden von Dunst eingehüllt, der wie dünnes Silber war, und es war merkwürdig, dass sie trotz ihres Federkleides nicht froren; ihn fror jedenfalls, nicht mal die Sachen, die er in seiner »Garderobe« hatte, würden an diesem Abend reichen. Janne-Janne besaß kein Thermometer, aber er war schon lange genug dabei, um sicher zu sein, dass es nicht viel über dem Gefrierpunkt war. Null Grad waren es. Sie hatten ihr Ziel für diesen Abend erreicht und er befreite Sixten vom Wagen. Sixten wich zur Seite, Janne-Janne zerrte ein Stück Teppich vom Wagen und legte ihn Sixten um die Schultern.
    »Der Flickenteppich für Sie, mein Baron«, sagte er, »auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil.« Er pinkelte zehn Meter entfernt, wo ihr Klo und ihr Bad waren, aber heute badete er nicht.
    Er breitete einen Teppichfetzen auf der Erde aus, zog sich eine weitere Jacke an und deckte sich mit einem Bettbezug zu, den er mit Zeitungen voll gestopft hatte. »Gute Idee«, hatte Sixten am Abend zuvor gesagt, was aber nicht dazu führte, dass er jetzt dasselbe tat. So war es oft, er war für die Ideen zuständig und Sixten für nichts.
    Er vermutete, dass es fünf oder sechs Uhr war, vielleicht noch etwas früh, aber sie arbeiteten hart und standen früh auf, und er machte es sich bequem. Als er sich auf die Seite drehte, sah er, dass sich etwas beim Klo in den Büschen bewegte. Er war alt, aber seine Augen waren in Ordnung, hier lag keine Brillenschlange. Jetzt bewegte es sich wieder. War es ein Bulle? Nee. Von denen störte sie keiner mehr, die hatten genug mit den Glatz- und Schwarzköpfen zu tun. Hatten sie irgendjemandem den Platz geklaut? Nee, hier gab es keine Pfähle; nach einigen Jahren wusste man, wenn man in das Revier eines anderen geraten war. »No trespassing«, wie dieser verrückte Schwedisch-Amerikaner in der Höhle beim Zoo immer gerufen hatte, wenn man sich ihm auf fünf Meter näherte.
    Jetzt bewegte sich wieder etwas. Sollte er Sixten wecken? Nein, das war sinnlos, Sixten konnte man nicht wecken. Janne-Janne wurde es ein wenig flau im Magen. Er hatte zwar nichts davon gehört, dass im Augenblick einer in der Stadt herumlief,

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