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Geh aus, mein Herz

Geh aus, mein Herz

Titel: Geh aus, mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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Montag. Montag hab ich gearbeitet. Am Wochenende hab ich nichts Besonderes unternommen. Hab ein bisschen gelesen, einen Spaziergang gemacht, aber es war so ein mieses Wetter. Nichts Besonderes.
    SA: Sie haben niemand anderen getroffen?
    HB: Nein.
    SA: Wo sind Sie spazieren gegangen?
    HB: (unhörbar)
    SA: Ich habe Ihre Antwort nicht verstanden.
    HB: Werde ich etwa verdächtigt? Ich habe mich freiwillig gemeldet.
    SA: Antworten Sie nur auf meine Frage.
    HB: Wie lautete die Frage noch?
    SA: Wo sind Sie an dem betreffenden Wochenende spazieren gegangen?
    HB: Ich habe eine Runde durch den Botanischen Garten gemacht, rüber zum Schlosswald und dann wieder nach Hause.
    SA: Sie hatten niemanden dabei?
    HB: Nein.
    SA: Wen haben Sie sonst noch am Wochenende getroffen?
    HB: Ich hab doch gesagt, ich habe niemanden getroffen.
    SA: Mit wem haben Sie telefoniert?
    HB: Im Lauf des Samstagnachmittags hab ich meine Mutter angerufen. Sie können sie ja fragen.
    SA: Mit wem haben Sie außerdem telefoniert?
    HB: Mit niemandem. Ich schwöre. Sie können es ja überprüfen lassen. (Andeutung eines Kicherns)
    SA: Wir haben vorhin schon einmal darüber gesprochen, dass Melinder sich mit niemandem außer Ihnen traf.
    HB: Seine Frau ausgenommen.
    SA: Seine Frau ausgenommen. Aber wie war das für Sie?
    HB: Auf diese Frage brauche ich nicht zu antworten.
    SA: Da Sie freiwillig zu uns gekommen sind, gehe ich davon aus, dass Sie mit uns zusammenarbeiten wollen. Für uns ist es wichtig, Menschen aus Rickard Melinders Umgebung zu finden.
    HB: Wenn ich jemand anderen treffe, dann ganz gewiss nicht aus Rickards Umgebung.
    SA: Aber es ist passiert.
    HB: Nein.
    SA: Nie?
    HB: Nicht zu der Zeit, als wir uns trafen.
    SA: Bei keiner Gelegenheit?
    HB: Nein. Wahrscheinlich verstehe ich den Sinn Ihrer Frage immer noch nicht.
    SA: Rickard Melinder hat auch nie etwas in der Richtung angedeutet?
    HB: Was denn?
    SA: Rickard Melinder hat Sie nie gefragt, ob Sie noch ein anderes Verhältnis haben? Mit einem anderen Mann?
    HB: Nein.
    SA: Oder einer Frau?
    HB: Nein. Er war nicht eifersüchtig veranlagt. Er hatte genug mit seinen eigenen Alpträumen zu tun.
    SA: Falls Sie in der Zeit, als Sie zusammen waren, einen anderen getroffen haben – könnte Rickard Melinder das gewusst haben?
    HB: Ich habe doch schon gesagt, dass ich keine andere Beziehung hatte.
    Sten Ard schaltete das Tonbandgerät aus, versuchte durch die Nase zu atmen, die sich langsam schloss. Fünfundzwanzig Jahre bei der Kripo hatten ihn eins gelehrt: Menschen logen aus vielen verschiedenen Gründen. Henrik Bjurlinge log. Das konnte viele Gründe haben. Ard ließ das Band zurücklaufen und hörte es noch einmal ab, während der Tag draußen vor dem schmutzigen Fenster in Dämmerung überging.
     
    Jonathan Wide versuchte die Stille mit Ry Cooder und V. M. Bhatt zu brechen, amerikanisches Bottleneck; er hatte die CD gekauft, weil er einem Titel wie Ganges Delta Blues einfach nicht widerstehen konnte.
    Durch den einsam klingenden Raga hörte er trotzdem die Stimmen seiner Kinder wie ein weiches Nachbeben. Es war jedes Mal dasselbe, wenn sie seine Wohnung verlassen hatten, oder ihre Wohnung – aber so sah es wohl keiner, sie auch nicht.
    Er hatte sie zu dem Haus in Fredriksdal gefahren, und Elisabeth hatte es vorgezogen, während der wenigen Minuten abwesend zu sein, und eine Nachbarin gebeten, die Kinder in Empfang zu nehmen. Damit Wide sich bloß nichts einbildete.
    Er war ein schwacher Mensch, und als solcher war er soeben unten im staatlichen Schnapsladen am Jaegerdorff gewesen und hatte sich eine halbe Flasche Black Ribbon gekauft, den einzigen Maltwhisky, den es auch in Halbliterflaschen gab. Ard hatte den Malt vor langer Zeit eingeführt, und wenn Wide jetzt einen kleinen Rückfall erleben wollte, sollte das lieber mit einer halben Flasche geschehen.
    Den Anrufbeantworter hörte er nicht ab; er wusste, dass Erik Kolldings Stimme auf dem Band war. Der Sicherheitsmann vom NK wunderte sich mit Recht, warum der Detektiv nichts von sich hören ließ. Warum hatte er sich nicht gemeldet? Er wollte darüber nachdenken, aber zuerst einen Whisky.
    Wide steckte die Nase in das bauchige Glas, ohne zu trinken. Malt müsse man aus einem bauchigen Glas trinken, hatte Ard gesagt. Er stellte das Glas ab, erhob sich, ging zum Schreibtisch, holte fünf Bogen weißes Papier und einen Stift aus dem Regal, von dem Stuhl neben dem Bett holte er Bücher. Er schaltete die Musik aus.
    Als er sich wieder gesetzt hatte, sah

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