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Geh aus, mein Herz

Geh aus, mein Herz

Titel: Geh aus, mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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nordöstlicher Richtung. Er kam an der Abzweigung nach Hindsekind vorbei und erreichte nach fünf Kilometern eine Anhöhe, von der er rechts einen weiten Blick über einen Golfplatz hatte und an dem lang gezogenen Abhang in der Ferne einen See ausmachte: den Hindsen. Von hier aus sah er im milchgrauen Schein des kurzen Tages, der in Dämmerung überging, wie ein Stück gesprungenes Glas aus. In der Nacht hatte es geschneit, nicht viel, aber die Temperatur und die Höhenlage hatten dafür gesorgt, dass hier noch stellenweise dünne Schneeflecken auf den Grünflächen und Sandbunkern des Golfplatzes lagen. Wide fuhr weiter durch Wald und über Hügel, durch ein ausgedehntes Moor; nach zwanzig Kilometern kam er durch den Ort Vrigstad, wo es einen Festplatz gab, auf dem er als Fünfzehnjähriger zweimal Prügel bezogen hatte, und als er wenig später mit dem Fußballverein Sävsjö FF hergekommen war, hatte man ihm fast ein Bein gebrochen. Vielleicht hatte all das zu seinem Entschluss beigetragen, die Gegend für immer zu verlassen.
    Jetzt war er wieder hier. Wide fuhr die zwölf Kilometer bis Sävsjö und bog von der 127 ab, bevor die Uhr auf dem Armaturenbrett zwölf anzeigte.
    Er war weggezogen. Seine Mutter war gestorben. Wie lange hatten sie hier gewohnt? Sieben Jahre? Er hatte sich nie heimisch gefühlt. An dem Ort an sich war nichts auszusetzen gewesen, soweit er sich erinnern konnte. Eher stimmte mit ihm etwas nicht, mit seiner Familie oder vielmehr mit ihrer Geschichte: Sein dänischer Vater hatte eine Bitterkeit mit sich herumgeschleppt, die ihren Ursprung im Zweiten Weltkrieg hatte; erst als Erwachsener hatte Wide die Zusammenhänge begriffen. Jonathan Wides Großvater war ein Mitläufer der Nazis gewesen und hatte mit der deutschen Okkupationsmacht kollaboriert; nach dem Krieg hatte Wides Vater seine Heimatstadt Fredrikshavn verlassen, da die Schikanen und Repressalien gegen ihn kein Ende nahmen. Sie waren in Schweden gelandet, aber erst nach dem Tod seines Vaters und als Wide noch nicht in die Schule ging, war seine Mutter mit ihm nach Sävsjö gezogen.
    Er erinnerte sich an den Bahnübergang, aber als er ihn überqueren wollte, gab es ihn nicht mehr. Er musste in die andere Richtung fahren, an einer Bushaltestelle und einem Zeitungskiosk vorbei und ein Viadukt hinauf, das neu aussah. Es führte über die Bahngleise und zu einer Straßenkreuzung beim Kaufhaus. Hier fuhr er zweihundert Meter weiter ostwärts und bog nach rechts in die Tegnérgatan ab. Vierhundert Meter weiter sah er das einstöckige Mietshaus, in dem er einen Teil seiner Kindheit verbracht hatte. Er wusste, dass es damals eine grüne Fassade gehabt hatte, aber mittlerweile hatte man es modernisiert, Garagen angebaut, das Gebäude hellgelb gestrichen und mit neuen Balkons versehen. Er fand, dass es gemütlich aussah – so hatte er sein Zuhause nie empfunden.
    Zum ersten Mal, seitdem er nach Westen gegangen war und sich bei einer älteren Dame im Stadtteil Olivedal in Göteborg eingemietet hatte, war er hier, in dieser Straße und in dieser Stadt.
    Er wendete in der Auffahrt des Hauses und fuhr denselben Weg zurück. Auf dem alten Vrigstadvägen bog er hinter dem Hügel rechts ab, dann sofort wieder links und fuhr die Skolgatan entlang zwischen gut gepflegten älteren Holzvillen bis zur Västra-Schule. Er war erstaunt gewesen, als er erfuhr, dass sie noch existierte. Er parkte das Auto, zog den Zündschlüssel ab, stieg aus und schloss ab. Er wurde hier erwartet.

24
    Aus der Turnhalle hörte er Rufe und dumpfe Aufschläge von einem Ball, der gegen die Wand geworfen wurde, die zur Skolgatan ging. Die Fensterscheiben waren beschlagen.
    Er atmete die gute Luft ein, sie roch nach einer Stunde Autofahrt sauber und frisch. Ja, hier auf dem Hochland war die Luft tatsächlich sauber und frisch. Er wusste, dass Göteborg seine Lungenkranken viele Jahre lang hierher in das Sanatorium geschickt hatte, das auf der anderen Seite des Vrigstadvägen lag.
    Wide spürte Kälte im Wind. Es hatte angefangen zu regnen, ein Regen, der sich trocken auf der Haut anfühlte, und als er die Hand ausstreckte, sah er, dass es kleine Hagelkörner waren, die von oben herabfielen. Er ging schnell auf das niedrige gelbe Gebäude zu, und die Dichte der Hagelkörner und das Geräusch verstärkten sich, wie ein gedämpftes Brüllen.
    Er öffnete die Tür, der Empfang war leer. Wide trat sich die Schuhe auf der dicken Fußmatte ab, und als er einen Schritt auf die kurze Bank zu

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