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Geh aus, mein Herz

Geh aus, mein Herz

Titel: Geh aus, mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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ich meine.«
    »Ich glaube, es ist eine ausgezeichnete Idee. Jonathan und Kajsa sind sich ähnlich. Sie werden einander verstehen.«
    »Dieselbe Schwermut.«
    »So würde ich es nicht nennen.«
    »Lieber Skepsis?«
    »Das passt schon besser.«
    »Na ja, du bist von Natur aus skeptisch, Sten, aber mit Jonathan ist es nach der Scheidung schlimmer geworden. Und wenn ich es richtig verstanden habe, tanzt deine Kajsa auch nicht gerade heiter durchs Leben.«
    »Es gibt viele, die so leben.«
    »Ein paar Tanzschritte könnten nicht schaden.«
    »Taffe Mädchen tanzen nicht.«
    »Möchtest du solche Typen in deinem Team haben?«
    »Ich hab bloß Spaß gemacht.«
    »Ich weiß.«
    »Kajsa Lagergren hat eine empfindsame Seele. Manchmal frage ich mich, ob sie überhaupt für die Fahndungsarbeit geeignet ist. Aber andererseits möchte ich ja genau solche Menschen haben.«
    »Wer Gefühl hat, ist auch nachdenklich.«
    »Ja. Diese Menschen sollten die Welt besitzen.«
     
    Er war entspannter, als sie erwartet hatte. Der Mann, dem sie früher begegnet war, hatte Schwierigkeiten gehabt, länger als drei Sekunden in einer Stellung ruhig zu verharren.
    Er war etwas kleiner, als sie ihn in Erinnerung hatte, kräftiger, ohne erkennbares Fett, aber mit einem riesigen Oberkörper, der in die Breite gehen würde, wenn er nicht aufpasste. Die dicken blonden Haare waren mit Haargel nach hinten gekämmt, was ihn jünger wirken ließ als die vierzig, der er sich näherte, wie sie wusste. Trotz des feinen Netzes von Krähenfüßen um seine Augen sah er etwa wie ein verlebter Fünfunddreißigjähriger aus, dachte sie und reichte ihm die Hand. Seine Hand war warm. Ihre war kalt, das musste er bemerkt haben. Er hielt ein Glas Wein in der Hand, und sie wusste, dass er Alkoholprobleme gehabt hatte. Aber Alkoholiker war er doch wohl nicht? Solche Typen stürzten vermutlich nach einem einzigen Glas ab.
    Sie merkte sofort, dass Jonathan Wide ein schweigsamer Mann war, und sie mochte schweigsame Männer. Vor allen Dingen solche, die den Mut hatten, den Mund zu halten, wenn sie nichts zu sagen hatten – was im Prinzip hätte bedeuten müssen, dass die Welt voller stummer Männer gewesen wäre. Jetzt war sie ungerecht, schalt sie sich, und sie nahm zwei Schlucke von dem Wein, der nach Erde und weißer Sonne schmeckte. Und sie selbst: Wann hatte sie etwas zu sagen?
    Sie saßen in der Küche, was auch zur Entspannung beitrug. Um sie herum duftete es nach Kräutern und Knoblauch und nach mehr von dieser Erde und der weißen Sonne. Sie spürte, dass sich ihre Nervosität legte, und das kam nicht vom Wein. Sie war gern mit reiferen Menschen zusammen. Ard war fünfzig, Wide vierzig und sie bald dreißig. Maja Ard hatte noch nicht Ards Alter erreicht, sie brauchte noch keinen Gehwagen, so einen, wie Jonathan Wide ihn wer weiß wo geklaut hatte. Mit dem war er in die Küche gekommen, wo Sten Ard mit einer Schürze stand und Majonäse schlug.
    »Der ist von meinem Freund, dem Barbesitzer. Da hing der Wagen an der Decke«, sagte er jetzt, als Maja eine Suppenschüssel aus Steingut auf den Tisch stellte, den Deckel abhob und die Dämpfe durch den Raum schweben ließ.
    Dann hatte Wide Ard eine Trilogie von William S. Burroughs überreicht. »Die Länder im Westen«, las sie auf dem Umschlag. »Damit du eine Perspektive im Dasein findest«, hatte er gesagt und fast verlegen ausgesehen.
    Maja hatte sich gegen das selbstverständliche Geschenk für Sten, eine Flasche Maltwhisky, entschieden und ein fast genauso selbstverständliches gewählt: Lyrik. Sie hatte eine schön gestaltete Ausgabe mit den gesammelten Gedichten des Chinesen Bei Dao gekauft.
    Es wurde ein gelungener Abend. Sie hatte befürchtet, sie würden nicht von dem Fall lassen können. Sie wusste, dass Wide von seiner Warte aus auch daran arbeitete; aber vielleicht brauchten sie alle eine kurze Auszeit.
    Das Essen war ausgezeichnet: die Croutons mit Knoblauch eingerieben, die Suppe mit Fisch und Schalentieren in einem warmen Teller, eine Rouille mit Cayennepfeffer. Göteborg war eine der ersten Städte der Welt, wenn es um Fisch und Schalentiere ging.
    Maja Ards Arbeitsplatz war gefährdet. Darüber hatte sie Witze gerissen, sie selbst hatte davon angefangen.
    »Es ist nur gut, dass sie sich jetzt an die Verwaltung ranmachen.«
    »Das nenne ich den totalen Durchblick«, sagte Wide und tauchte ein Stück Weißling in die Suppe.
    »Irgendjemand muss ihn ja haben, auch wenn es einen Arbeitsplatz

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