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Geh aus, mein Herz

Geh aus, mein Herz

Titel: Geh aus, mein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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und bitte sie, das verdammte Fenster zu schließen, dachte sie.
    Das ist kein Krankenhaus, dachte sie ein Weilchen später. Die Decke über ihr könnte eine Decke in einem Krankenhaus sein. Nein, es ist doch ein Krankenhaus, dachte sie. Vielleicht die Intensivstation? Als sie den Kopf vorsichtig nach links zu drehen versuchte, musste sie ihn sofort in die alte Lage bringen, weil es so wehtat; sie versuchte es noch einmal und es schmerzte noch mehr. Sie sah nur eine kahle Wand, dasselbe auf der rechten Seite.
    Sie hatte keine Kraft, den Kopf zu heben, um nach vorn zu schauen. Schräg oben, hinter ihr, sah sie den Teil eines Fensters, das ein Stück offen stand. Keine Vorhänge, aber Jalousien, durch die spärliches Licht von einer Straßenlaterne sickerte. Irgendwo im Raum brannte ein anderes Licht. Es war Abend oder Nacht oder Morgen oder Nachmittag. In dieser Jahreszeit kann man das nicht genau wissen, dachte sie, nicht ohne Uhr.
    Sie lag auf dem Fußboden. Sie fühlte die Härte in ihrem Rücken. Sie lag auf einer Decke oder zweien, nahm einen süßsäuerlichen Geruch wahr, spürte den Teppich durch die dünne, raue Weichheit. Sie bewegte ihre Finger und Zehen wie in einem Reflex, dann Hände und Füße, und weiter kam sie nicht. Sie versuchte die rechte Hand zu heben, aber das ging nicht. Auch der linke Fuß ließ sich nicht bewegen. Sie probierte es mit einer kreuzweisen Bewegung in die andere Richtung, linke Hand-rechter Fuß, aber sie schaffte es nicht. Himmel, ich bin gelähmt, dachte sie. Lieber Gott, mit den Rückenwirbeln ist etwas passiert, deswegen haben sie mich so hart gebettet. Lieber Gott, lass mich wieder gehen können, ich will auch nie mehr beim Göteborg-Lauf oder überhaupt jammern, dachte sie, und dann verlor sie erneut das Bewusstsein. Nicht lange, dann war sie wieder da, und ein heißer Schreck durchfuhr sie, als das Wissen um ihre Lähmung zurückkehrte.
    Kajsa Lagergren versuchte den Kopf nach links zu drehen, diesmal gelang es besser. Das Hämmern in den Schläfen und über den Augen hatte etwas nachgelassen. Sie drehte den Kopf, so weit es ging, und spähte nach schräg links unten, ohne dass die Pupille im Schädel verschwand. Es reichte, um einen kräftigen Ring aus Eisen oder ähnlichem Material, der im Fußboden verankert war, zu erkennen. Ihre Hand war mit einem dünnen, starken Seil daran festgebunden. Sie drehte den Kopf nach rechts und sah auf der anderen Seite das Gleiche. Sie versuchte die Füße zu heben und begriff nun, dass der Widerstand, den sie in den Schenkeln und im Gesäß empfand, daher rührte, dass sie die Füße im Grunde heben konnte, etwas sie jedoch daran hinderte. Sie war nicht gelähmt und das Wissen überschwemmte sie mit Freude. Das war die erste Reaktion. Die zweite war eine andere. Die Freude erlosch, als sie einen schwachen Schatten im Raum wahrnahm. Jemand verursachte ein Geräusch, das laut kratzte, da es durch den Fußboden direkt in ihr Ohr zehn Zentimeter über der Oberfläche geleitet wurde.
     
    Wide hatte einen Bericht bei einem Auftraggeber abgeliefert und fühlte sich wie der Bote des Teufels. Er wollte nicht gern persönlich berichten, dann schon lieber per Brief, Fax oder E-Mail. Aber es gab Leute, die trauten dem geschriebenen Wort nicht, und diesmal war er an so jemanden geraten.
    Für einen, der interessiert und wach war, gab es viel in den Augen zu lesen. Bei dieser Frau blitzte bevorstehende Einsamkeit auf wie eine Leuchtgranate in der Nacht, soweit Wide sehen konnte. Aber er war nicht daran interessiert, weiter zu sehen als bis hierher, und entzog sich, bevor die Situation richtig unangenehm und erniedrigend werden konnte.
    Einmal hatte ein Mann versucht, seinen Hund auf ihn zu hetzen, einen Golden Retriever, der zum Glück mehr Verstand hatte als sein Herrchen. Ein anderes Mal hatte eine Frau das Fenster geöffnet und Anstalten gemacht, aufs Fensterbrett zu klettern, jedoch mitten in der Bewegung innegehalten, als Wide sich nicht rührte. Wieder ein anderes Mal: Die Frau hatte an ihren Haaren und ihrer Kleidung gezerrt und angefangen, ihren Rock aufzurollen wie eine zweite Haut, und gezischt: » Fick mich, Fick mich jetzt, du Scheißkerl « – Ersatz-Rache und Revanche. Und Wide hatte die Szene rasch verlassen und die Verzweiflung konstatiert, als der Rock hinter ihm wieder heruntergezogen wurde.
    Zur Hölle mit dieser Branche. Wie oft würde er das noch sagen müssen, bevor auch er in einem Käfig im Zoo landete? Für eine Weile tat

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