Geh Ich Auf Meine Hochzeit
amüsieren. Sie lachte und sah bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit ihrem Schmollmund zu Max auf.
Die Musik verstummte, und die Musiker kündigten eine Pause an.
»Jetzt könnte ich einen Drink gebrauchen«, keuchte Paul und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wie steht es mit Ihnen?«
Evie nickte abwesend und starrte immer noch Max und Judith an. »Ach nein, doch nicht«, sagte sie, als sie Simon an der Tür entdeckte. »Tut mir Leid, Paul«, fügte sie hinzu. »Aber ich muss jemanden begrüßen.«
Simon war direkt von der Arbeit gekommen und sah erschöpft aus. Seine Krawatte war kaum merklich verrutscht, seine Augen müde, und sein sandfarbenes Haar stand ihm vom Kopf, wie jedes Mal, wenn er sich während einer langen Autofahrt mit den Fingern hindurchfuhr.
Evie hätte ihn mit der Heftigkeit ihrer Umarmung fast umgehauen. »Simon, Liebling«, säuselte sie und vergrub sich an seinem Nacken wie ein Vampir, der nach einem Monat im Sarg eine Mahlzeit witterte.
»Hallo, Evie«, begrüßte er sie nett. »Habe ich viel verpasst?«
»Sie haben eine wunderbare Hochzeitszeremonie und noch viel mehr verpasst«, meldete sich eine tiefe Stimme. »Ich bin Max Stewart, Vidas Sohn.« Max, lebensgroß und auf Eroberungskurs, streckte Simon die Hand entgegen.
»Simon!« Ihr Vater trat aus dem Hintergrund. »Es tut mir Leid, dass du es nicht rechtzeitig hast schaffen können.«
»Aber wir sind glücklich, dass du jetzt bei uns bist«, nahm Vida den Faden auf, die mit einem Glas Champagner herzugetreten war. »Andrew hat mir schon so viel von dir erzählt.«
Es war gerade so, als ob man mitten im Kreuzfeuer stand, dachte Evie. Sie riss sich zusammen. »Vida, ich möchte dir Simon vorstellen, meinen Verlobten«, betonte sie. Es gelang ihr, Max einen kriegerischen Blick zuzuwerfen und gleichzeitig ihren Arm um Simon zu legen.
Alle schüttelten sich die Hände.
»Evie, du hast meinen Sohn Max noch gar nicht begrüßt«, rief Vida dazwischen.
»Freut mich, dich kennen zu lernen«, leierte Evie mit zusammengebissenen Zähnen herunter.
»Sie ist wirklich zu komisch«, meinte Max und wies spielerisch mit dem Zeigefinger auf sie. »Wir haben uns vorhin schon miteinander bekannt gemacht, und sie hat mir einen Tanz versprochen. Nicht wahr, Evie?«
Im Beisein ihres Vaters und Vida, die es als weiteres Zeichen deuteten, dass sich Evie mit ihrer Vermählung ausgesöhnt hatte, konnte sie nicht Nein sagen.
»Aber ohne Musik?« Sie warf ihm einen unschuldigen Blick zu. Wie von Zauberhand fing die Band wieder zu spielen an. Max streckte die Hand aus, und Evie nahm sie entgegen. Sie konnte ein plötzliches Zittern nicht verhindern, als er ihre Haut berührte.
Ihr würde noch das Kinn verkanten, wenn sie weiterhin derart idiotisch grinste, dachte sie, als sie ihre versammelte Verwandtschaft anstrahlte.
»Vorhin hatte ich nicht den Eindruck, als ob du deinen Verlobten sehr vermisst hättest«, flüsterte Max ihr ins Ohr, als sie auf die Tanzfläche zugingen.
»Ich ehre den Boden, auf dem er wandelt«, fertigte Evie ihn ab;
»Da kann er sich aber glücklich schätzen«, meinte Max und zog fragend die Augenbrauen hoch.
Ursprünglich hatte sie sich vorgenommen, ihm ständig auf die Füße zu treten. Er sollte bedauern, dass er sie überhaupt zum Tanzen aufgefordert hatte. Doch bei der Musik von Glenn Miller wollte ihr das einfach nicht gelingen. Bei diesen Klängen wurde Evie lebendig. Von Natur aus mit einem Gefühl für Rhythmus und natürlicher Anmut ausgestattet, bewegte sich ihr Körper fließend zur Musik, als ob sie über Jahre in einer Balletttruppe trainiert und abends noch in einem Jazz Club gearbeitet hätte.
Max, der sie etwas fester als schicklich an sich drückte, schien mit einer ähnlichen Gabe ausgestattet zu sein. Sein großer Körper fing die Töne perfekt auf und verschmolz so sehr mit ihrem, dass sie sich fast wie Ginger Rogers beim Tanz mit Fred Astaire vorkam.
Andere Paare machten ihnen Platz und bewunderten diese vollkommene Darbietung. Evie war in ihrem Element, und ihr Herz pochte vor Freude.
»Sind wir Ginger und Fred, oder was?«, murmelte Max, als sie nach einem besonders gewagten Wirbel wieder in seine Arme zurückkehrte.
Evie musste lachen. »Vergiss nicht, dass Ginger es rückwärts und mit hohen Absätzen getanzt hat!«
Die Musik brauste auf, und sie ließ sich von ihr tragen. Sie hatte so viel Freude an der Bewegung, als ob sie noch nie zuvor getanzt hätte. Ihr Haar wehte in ihrem
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