Geh Ich Auf Meine Hochzeit
Evie die Frage bejahen, als die Sekretärin der Verkaufsabteilung den Kopf durch die Tür steckte.
»Evie«, meinte sie mit aufgerissenen Augen. »Ihre Verabredung zum Mittagessen sitzt unten in der Rezeption. Und er ist hinreißend. Wen haben Sie denn da aufgegabelt? Wir sind alle wie die Flitzebögen gespannt, es zu erfahren.«
Evies Herz schien einen Augenblick lang auszusetzen. Sie hatte keine Verabredung zum Mittagessen. Doch konnte sie sich nur eine Person vorstellen, die bei der weiblichen Belegschaft der Wentworth-Alarmsysteme derartige Hysterie auslöste: Max Stewart.
»Davon weiß ich ja gar nichts«, meinte sie so beiläufig wie möglich und hob den immer noch klingelnden Telefonhörer ab.
Es war die Empfangsdame.
»Wartet bei Ihnen jemand auf mich?«, erkundigte sie sich kühl.
»Max Stewart«, hauchte die Empfangsdame mit derselben Ehrfurcht, mit der sie sonst über Mel Gibson sprach.
»Sagen Sie ihm, dass ich in zehn Minuten unten sein werde.«
»Wer ist es denn?«, kreischte Lorraine. Evies leuchtende Augen verrieten ihr, dass da etwas im Busch war.
»Mein Stiefbruder«, informierte sie die Kollegin so gelassen wie möglich.
»Stiefbruder?«, wiederholte Lorraine ungläubig. »Den hast du ja noch nie erwähnt!«
»Habe ich das nicht?« Evie nahm ihre Handtasche und fragte sich, ob es verräterisch wäre, wenn sie Lorraine um etwas Parfüm und Abdeckstift bitten würde, um damit die tiefen Augenringe zu überschminken. Und wenn schon, wen ging es etwas an?
Evie bemühte sich, die innere Aufregung zu unterdrücken und deckte die Spuren einer schlaflosen Nacht ab. Rouge hatte sie nicht mehr nötig, denn ihre Wangen waren vor Freude und Peinlichkeit bereits gerötet. Dann jedoch begann sie sich Sorgen zu machen. Was, wenn Simon anrief und die Auskunft erhielt, sie sei mit Max Stewart zum Mittagessen gegangen? Was, wenn er unangemeldet hier vorbeikam und sie im Pub überraschte?
Evie richtete sich auf. Sie würde nicht mit Max Stewart zu Mittag essen, basta! Er hatte sich nicht mit ihr verabredet, also würde sie auch nicht mit ihm gehen. Es galt, eine Ausrede zu finden.
Blinzelnd trug sie die braune Wimperntusche auf. Ganz so einfach war die Sache leider doch nicht. Sie wollte ja gerne mit ihm essen gehen. Eine vollkommen unverfängliche Angelegenheit!, beteuerte sie sich. Schließlich war er ihr Stiefbruder. Was konnte daran auszusetzen sein, sich mit ihm zum Lunch zu treffen?
Doch als sie mit leuchtenden Augen beschwingt die Treppe hinuntereilte, wusste Evie tief in ihrem Herzen, dass an Max‘ Besuch nichts Unschuldiges und Unverfängliches war - genauso wenig wie an ihrer Reaktion.
Am Fuß der Treppe äugte sie durch die Glastüren in die Empfangshalle. Als sie ihn erblickte, begann ihr Herz zu bummern. Max saß in einem der pompösen Sessel, eines jener Möbelstücke, die für sie aufgrund ihrer geringen Größe unbequem waren.
Er jedoch ließ den Sessel klein wirken, seine langen, in einer Leinenhose steckenden Beine waren ausgestreckt. Heute sah er ganz leger aus. Er trug eine rostbraune Wildlederjacke und grobe Wildlederstiefel. So weit sie sein Gesicht hinter der Zeitung erkennen konnte, las er konzentriert.
Wie ein Kind, das einen Cockerspanielwelpen im Schaufenster einer Zoohandlung bewunderte, starrte Evie Max an. Sein scharf gezeichnetes Kinn war beim Lesen angespannt, die dunklen Brauen verbargen seine Augen. Ohne Anzug sah er ganz anders aus: weniger imposant und jünger.
Dann entdeckte er sie.
Er erhob sich und Evie stieß die Feuertür auf. Hoffentlich war ihm nicht aufgefallen, dass sie ihn beobachtet hatte.
Die Empfangsdame und ihre Ablösung für die Mittagspause betrachteten Max mit unverhohlener Neugier.
»Evie, Ihr... Gast«, säuselte die Empfangsdame. Ihre glänzenden Lippen verzogen sich zu einem breiten Lächeln. Offenbar wartete sie darauf, vorgestellt zu werden.
»Danke«, erwiderte Evie höflich, aber ebenso fest entschlossen, ihn ihr nicht vorzustellen. Sie stand vor Max, streckte ihm jedoch nicht die Hand entgegen.
»Evie, wie schön, dich wieder zu sehen!« Er kräuselte die Mundwinkel. Es war ein warmes, funkelndes Lächeln, das seine kobaltblauen Augen aufleuchten ließ, als ob jemand einen Schalter angeknipst hätte.
Evie blinzelte. Sie hatte fast vergessen, wie attraktiv er war... in Wirklichkeit sogar umwerfend - viel rasanter als in ihrem merkwürdigen Hochzeitstraum.
»Ich war gerade geschäftlich hier in der Gegend, und da dachte ich mir,
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