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Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Titel: Geh Ich Auf Meine Hochzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Kelly
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kennen gelernt hatten.
    Olivia kam sich reifer vor als ihre Eltern. Irgendjemand musste in diesem Haushalt schließlich erwachsen sein, sonst wären die letzten Mahnungen unbezahlt in die Kommode im Flur gewandert und keiner dächte je daran, die Rechnung beim Fleischer zu begleichen.
    Mehr als zwanzig Jahre später wünschte sich Olivia immer noch, sie könnte Weihnachten bei den Frasers verbringen. Doch es war nicht mehr möglich, sich heimlich aus dem Haushalt der de Veres, der immer mehr verwahrloste, zu schleichen; denn die großen Horden Betrunkener gehörten der Vergangenheit an, und außer ihr, Sasha und Stephen hatten ihre Eltern niemanden mehr.
    Olivia stopfte die Pastinaken mit dem anderen Gemüse in eine Plastiktüte. Wenn Stephen doch nur nicht in Deutschland wäre! Während seiner Abwesenheit schien ihr die Wohnung immer so verlassen, und in dem großen Doppelbett kam sie sich einsam vor. Ein zusätzliches Kopfkissen auf Stephens Seite zu legen, damit wenigstens irgendetwas dort herumlag, erwies sich als keine sonderlich erfolgreiche Maßnahme.
    Sie sehnte sich immer nach seiner Rückkehr. Dann konnten sie sich in die schneeweißen Laken fallen lassen, die ihm so gut gefielen, und sich leidenschaftlich lieben. Stephens schlanker, dunkler Körper umschlang ihren blassen, leicht golden schimmernden. Ganz gleich wie lange sie sich nicht gesehen haben mochten, dauerte es nur wenige Minuten, die Leidenschaft wieder zu entfachen, die sie beide von Anfang an in gleicher Intensität verspürt hatten.
    Nicht dass sie viel Zeit haben würden sich zu lieben, wenn er am nächsten Tag eintraf. Es sei denn, seine Eltern würden ein einziges Mal etwas Vernünftiges tun und zu einer vernünftigen Uhrzeit gehen. Doch Cedric und Sheilagh Mac Kenzie taten ihrer Schwiegertochter niemals einen Gefallen. Man denke nur an den heutigen Tag, als sie unangemeldet genau in dem Moment aufgetaucht waren, als Olivia gerade mit Sasha zusammen die Einkäufe hatte erledigen wollen.
    »Da wir euch am Weihnachtstag nicht sehen werden, wollten wir jetzt schon Sashas Geschenke vorbeibringen«, hatte Cedric um zehn Uhr morgens die verblüffte Olivia begrüßt. Dann betrat er mit Sheilagh im Schlepptau sowie einem großen Koffer die Wohnung. Sofort hielten Sheilaghs Adleraugen Ausschau nach einem Körnchen Staub.
    »Wie schön, euch zu sehen«, hatte Olivia schwach über die Lippen gebracht. Was hätte sie sonst sagen sollen? Abgesehen von »ihr hättet ruhig vorher anrufen können«.
    »Stephen ist noch in Frankfurt«, berichtete sie, als sie sich auf den cremefarbenen Sofas in dem luftigen, in Antikweiß gehaltenen Wohnzimmer niederließen.
    Stephen war sehr stolz auf diese Sofas. Sie passten wunderbar zu dem hellen Holzfußboden, den modernen skandinavischen Möbeln und der einzeln stehenden Skulptur aus Treibholz an der gegenüberliegenden Wand. Sasha durfte weder auf den Sofas noch auf dem butterfarbenen Wollteppich vor dem Kamin spielen.
    »Ich weiß, dass er nicht zu Hause ist«, erwiderte Cedric selbstgefällig. »Und ich weiß, dass ihr uns im neuen Jahr besuchen werdet - aber wir sind jetzt hier, um euch beide, Sasha und dich, zu besuchen. Außerdem könnten wir vielleicht noch die allerletzten Besorgungen erledigen, wenn du uns in die Stadt fahren würdest. Und ich gestehe, ich hätte gerne eine Tasse Lapsang, weil ich vollkommen verdurstet bin.«
    »Tut mir Leid«, entschuldigte Olivia sich. »Ich setze das Wasser auf.« In Gegenwart von Stephens Eltern entschuldigte sie sich ständig.
    In der Küche aus rostfreiem Stahl saß Sasha unter dem gebleichten Walnusstisch und spielte mit ihren Buntstiften: die leuchtenden, nicht auswaschbaren Grünschattierungen und die vollen Rosatöne liebte sie am meisten. Olivia stand Todesängste aus, dass sie damit einmal in die Nähe der teuren Ledersofas kam.
    »Fahren wir denn jetzt nicht zum Supermarkt, Mama?«, fragte sie mit einer für eine Vierjährige sehr ernsthaften Stimme.
    »Nein, Sasha«, erwiderte Olivia geknickt, während sie darüber nachgrübelte, wie, in aller Welt, sie jetzt noch die Zeit zum Einkaufen finden sollte. Zwei Tage lang hatte sie wie verrückt Klassenarbeiten korrigiert, damit sie die kostbare Zeit mit Stephen verbringen konnte. Sie hatte sich darauf eingerichtet, heute alles zu erledigen, einschließlich all der Lebensmittelbeschaffung und dem Kauf eines Geschenks für ihren Vater, der nur schwer zu beschenken war. Wie aber sollte sie das jetzt bewerkstelligen,

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