Geh Ich Auf Meine Hochzeit
Unordnung.«
Olivia schubste einen kleinen silbernen Elefanten, den ihr einer ihrer Schüler geschenkt hatte, in die Besteckschublade. Stephen fand, dass diese Art von Nippes den ultramodernen Stil der Küche ruinierte. Ihr aber gefielen solche Kleinigkeiten, selbst wenn sie die reinsten Staubfänger waren.
Sie öffnete den Kühlschrank und wünschte sich, sie hätte vorhin den Mund gehalten. Sie und ihre zu große Klappe! Schweigen wäre klüger gewesen. Jetzt hatte Stephen eine seiner Launen, und die Fahrt würde die Hölle werden. Mit ihm im Auto zu fahren, wenn er wütend war, hieß Folgendes: er lancierte gewagte Überholmanöver, beschleunigte wie ein Verrückter und benutzte die Lichthupe auf aggressivste Weise. Es schien ihn auch nicht zu stören, dass Olivia und Sasha vor Übelkeit grün im Gesicht wurden.
»Welche Quiches hast du gemacht?«, fragte er und betrachtete Olivia noch immer aus zusammengekniffenen Augen.
»Eine mit Spinat und Käse, zwei mit Räucherlachs und Tomaten, und eine mit Feta-Käse und Oliven für Papa.«
Stephen schnitt eine Grimasse. »Feta-Käse kann ich nicht ausstehen.«
»Das weiß ich doch, Liebling«, erwiderte Olivia geduldig, während sie die Plastikdosen in dem Korb arrangierte. »Die sollst du ja auch nicht essen. Ich habe eine große Tüte Cashewkerne für dich gekauft«, fügte sie noch besorgt hinzu. Er liebte Cashewkerne.
»Hmm«, war alles, was ihm dazu einfiel.
Olivia, die bevorstehende Fahrt vor Augen, versuchte es noch einmal. »Gestern hätte ich um ein Haar keine Pastinaken mehr erwischt.« Sie warf ihm ein breites Lächeln zu. »Doch ich wusste, wie sehr dir an ihnen liegt und habe doch noch welche ergattern können. Weihnachten wäre nicht Weihnachten, wenn du sie nicht mit etwas Pfeffer püriert bekommen würdest, so wie du sie so gerne magst...«
»Himmel noch mal, Olivia«, fiel er ihr ins Wort. »Ich hatte ein paar anstrengende Tage, diese riesige Panne in Frankfurt auszubügeln - dann komme ich nach Hause und du beklagst dich über meine Eltern und schnatterst etwas über Pastinaken! Hast du denn nicht etwas Interessanteres zu unserer Unterhaltung beizusteuern?«
Getroffen wandte sie sich ab und fühlte, wie Tränen in ihren Augen brannten. Sie hatte sich kein bisschen über seine Eltern beschwert, obwohl sie allen Grund dazu gehabt hätte. Und was die Pastinaken betraf... sollte ihre Erwähnung ihm doch nur zeigen, wie sehr sie ihn liebte. Außerdem hatte sie ihr unwirsches Verhalten kurz vorher ausbügeln wollen.
Sie hätte ihm von ihrer höllischen Woche in der Schule erzählen können, von den schrecklichen Kindern der Klasse 3 A oder von Cedric und Sheilagh, die ihre gesamten Einkaufspläne durchkreuzt hatten, als sie unangemeldet bei ihr hereinschneiten. Doch sie hatte es unterlassen. Als die perfekte Frau eines sehr beschäftigten Managers hatte sie lächelnd in der Tür gestanden, um ihn zu begrüßen. Sie hatte ihre hellblonden Haare frisch gewaschen und sie auf die Schultern fallen lassen; sie trug das elegante Etuikleid aus Seide, das er so gerne mochte und das ihr verhasst war, weil es beim Laufen die Schenkel hinaufwanderte. Wie schade, dass er ihre Mühen nicht zu schätzen wusste.
Stephen wünschte sich ein spiegelblankes Zuhause, die Küche voller selbst zubereiteter Speisen und eine fröhliche, perfekt gestylte Frau und Tochter - doch wie das zu erreichen war, wollte er nicht wissen. Der Alltag ihres Lebens langweilte ihn.
Als er aus der Küche marschierte, drehte sie sich nicht um. Als er jedoch das Wohnzimmer betrat, hörte sie ihn derart unbekümmert mit seinen Eltern plaudern, als ob der Streit zwischen ihnen eben gar nicht stattgefunden hätte.
»Mama, soll ich Papa diese Karte erst später geben?«, fragte Sasha, die plötzlich mit einer glitzernden Karte in den kleinen Pratzen neben ihr aufgetaucht war.
Sashas Augen wiesen dasselbe Silbergrau auf wie die von Olivia. Sie sah sie ernst an. Olivia sank in die Knie und umarmte sie fest. Als sie das feste Körperchen an sich drückte, fühlte sie sich getröstet. Ihre Tochter wusste besser mit Stephen umzugehen als sie selbst. Sasha erkannte instinktiv, wann er eine seiner Launen hatte und ging ihm dann aus dem Weg. Genau wie ich es auch als kleines Kind getan habe, wenn Mama und Papa sich im Suff gestritten haben, dachte Olivia entsetzt.
Warum erstaunte es sie so, wie empfindsam Sasha war? Kinder bekamen so vieles mit. Ihre weit ausgefahrenen Antennen erspürten jede
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