Geh Ich Auf Meine Hochzeit
orgiastischen Zusammentreffen mit George Clooney aus dem Schlaf gerissen worden, als die Alarmanlage ihres Nachbarn losging, und jede Hoffnung, dass George sie mit entblößten Armen umschlang, hatte sich in Luft aufgelöst. Eine Art Koitus interruptus.
»Cara!«, schrie eine Stimme. Das war Phoebe. »Bist du schon aufgestanden? Du wirst zu spät kommen.«
Seit es sie nach dem Bureau-de-Change-Mann, dem Praktikanten, gelüstete, der sich an ihrem Nachbarschreibtisch nützlich machte, war Phoebe geradezu krankhaft darauf bedacht, morgens pünktlich zur Arbeit zu erscheinen, dachte Cara mürrisch.
Bevor er auf der Bildfläche erschienen war - »Er sollte nicht in einer Bank arbeiten, sondern zum Film gehen«, sülzte Phoebe in regelmäßigen Abständen -, war ihrer Mitbewohnerin das Aufstehen genauso schwer wie Cara gefallen.
Jeden Morgen hatten sie damit verbracht, sich schläfrig und kameradschaftlich nebeneinander in dem avocadogrünen Bad zu drängeln, wo sie Strumpfhosen, Höschen und BHs von der Leine zupften, die sich provisorisch über der Badewanne spannte. Ehrlich gesagt war es immer nur Phoebe gewesen, die nach den Seidenstrümpfen gegriffen hatte. Cara gehörte zu den jüngsten Grafikern der Yoshi-Werbegruppe. Sie arbeitete im hinteren Teil des Gebäudes, wohin sich kein Kunde jemals verirrte. Aus diesem Grunde konnten sie und ihre beiden Kolleginnen sich sehr lässig anziehen. In Caras Fall bedeutete das, dass sie ihre alten Sachen vom Flohmarkt aus Studententagen trug. Keines dieser Kleidungsstücke verlangte nach durchschimmernden Seidenstrümpfen, das Bügeln erübrigte sich ebenfalls.
Als Phoebe noch ähnlich arbeitsscheu gewesen war, hatten sie dennoch immer Zeit für ein gemeinsames Frühstück gefunden. Da Phoebe mit mehr Organisationstalent gesegnet war als Cara, hatte sie das Schmieren der Brötchen kurz vor dem gehetzten Aufbruch erledigt: für jeden zwei, die sie während ihres morgendlichen Joggings zum Bus auf der Leinster Road mampften.
Während des letzten Monats jedoch hatte Phoebe es geschafft, die Wohnung bereits zehn nach acht zu verlassen, damit sie den Schreibtisch neben Mister Bureau de Change bekam und vor der Arbeit noch etwas mit ihm plaudern konnte. Cara, die man nur durch Anschreien zum Aufstehen bewegen konnte, nickte häufig wieder ein. Wenn sie dann tatsächlich erwachte, hatte sie kaum noch Zeit, die Wimperntusche des vergangenen Tages zu entfernen, und ganz bestimmt fand sie nicht die Zeit, die Brötchen in dem unberechenbaren Toaster zu rösten.
»Cara!«, brüllte Phoebe. »Ich gehe, tschüs!«
Leider wirklich höchste Zeit aufzustehen, dachte Cara verschlafen. Es war der letzte Arbeitstag vor Weihnachten, und Bernard Redmond hatte am gestrigen Abend beim Abschied nach der Weihnachtsparty im Kitty O‘Shea gedroht, jedem das Gehalt zu kürzen. Er war ein solcher Sadist, dass er es tatsächlich ernst meinte. Dennoch hatte ihr der Abend gefallen. Zumindest die Einzelheiten, an die sie sich noch erinnern konnte, empfand sie als angenehm. Die Tequila Slammers am Schluss waren zweifelsohne ein Fehler gewesen. Doch ihr Kopf fühlte sich nicht allzu schlimm an...
Sie rekelte sich ausgiebig. Genau dasselbe tat auch die andere Person in ihrem Bett. Ein behaartes Körperteil suchte nach Caras langem Bein und rieb sich vertraulich daran. Als ob sie einen elektrischen Schlag erhalten hätte, schrie sie entsetzt auf. Dann sprang sie so schnell von ihrer Lagerstatt, dass die Decke sich vom Bett aufblähte und dadurch ein Windzug entstand, der den ganzen Staub im Zimmer aufwirbelte.
Wer war ihr da auf die Pelle gerückt? Was, in aller Welt, hatte sie am gestrigen Abend angestellt? Himmel, dachte Cara, als eine betäubende Welle von Schmerz wie tausend Trommelschläge auf ihr Gehirn einhämmerte. Ihr Kopf tat höllisch weh.
»Warum machst du denn so was?«, murmelte eine ihr nur zu bekannte Stimme. »Ist ja eiskalt!« Der Mensch in ihrem Bett deckte sich eilig wieder zu.
Die kleinen Härchen in Caras Nacken legten sich in die gewohnte Position zurück, doch das Hämmern in ihrem Kopf ließ nicht nach. Eric. Sie hatte mit Eric geschlafen. Wieder einmal. Am liebsten hätte sie sich die Kugel gegeben.
Eigentlich überflüssig, dachte Cara missmutig, während sie neben dem Bett stand und auf den mit Staub bedeckten Dielenfußboden blickte, den sie seit mindestens zwei Monaten nicht mehr gesaugt hatte. Im Büro würden ihre Kollegen sie umbringen wollen, wenn sie davon
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