Geh Ich Auf Meine Hochzeit
höheren Handelsschule gedrängt: »Damit du etwas hast, worauf du immer zurückgreifen kannst.«
Anders ausgedrückt, falls sie eine erfolglose Künstlerin werden und die Miete nicht mehr würde zahlen können, könnte sie immer noch tippen gehen.
Cara hatte es gehasst und sich nach dem Ende des Jahres gesehnt, um sich bei der Kunstschule in Dublin zu bewerben. Nun hatte sie gerade erst im Slaney College angefangen, und man hatte bereits ihr Talent erkannt. Danke, danke, danke!, jubilierte sie den ganzen Morgen über.
Der Tag verging wie im Flug. Um vier schlug ihre neue Freundin Zoë vor, in die Nassau Street zu gehen, einen Kaffee zu trinken und ein wenig durch die Bücherläden zu bummeln.
»Kann leider nicht«, entschuldigte Cara sich. »Ich bin verabredet.«
Sie hatte keine Ahnung, weswegen sie ihr Treffen mit Owen Theal für sich behielt. Schließlich war es vollkommen in Ordnung, es drehte sich um ihr Studium. Doch hatte sie das Gefühl zu prahlen, wenn sie das Treffen mit dem Dozenten erwähnte - weil er sie für talentiert hielt und ihr besondere Aufmerksamkeit zukommen lassen wollte.
Es wäre nicht nett, das auszusprechen. Vermutlich würde sich Zoë ausgeschlossen und weniger talentiert fühlen. Also schwieg Cara, was sie später dann bereute.
Erst am Ende sollte Cara erfahren, dass er es mit allen versuchte, mit allen weiblichen Studentinnen, die darauf hereinfielen, einschließlich Zoë. Nur Cara war so dumm und naiv genug gewesen, das nicht zu durchschauen.
»Naiv«, hatte Zoë es schließlich netterweise bezeichnet.
»Blöd«, hatte Cara verbittert korrigiert.
Er hatte auch Zoë bereits in eine Kneipe eingeladen und sie mit Scotch einlullen wollen. Er hatte ihr gesagt, dass sie talentiert und obendrein noch mit Schönheit gesegnet sei. Doch Zoë, die schon früh gelernt hatte, sich zu behaupten, konnte dank der illegalen Destillation ihres Vaters Alkohol gut wegstecken und leerte das Glas mit einer geübten Handbewegung. Dann hatte sie Owen klargemacht, wenn er ihr jemals wieder auflauern sollte, würde ihm das sehr, sehr Leid tun.
»Er ist kein Dozent, sondern ein Lustmolch«, urteilte Zoë später knallhart. »Abschaum!«
Damals jedoch hatte Cara diese Dinge nicht gewusst und war um Viertel nach vier in der Toilette verschwunden, um sich dort ihre Haare so aufzulockern, dass sie ihr Gesicht wie eine dunkle Wolke umschmeichelten. Sie sprühte sich noch mit etwas Deodorant ein, denn sie befürchtete, nach dem morgendlichen Dauerlauf durch den Autoverkehr vielleicht geschwitzt zu haben. Dann legte sie Lippenstift auf, tupfte ihn jedoch wieder ab. Du triffst dich, um mit deinem Lehrer über deine Arbeit zu sprechen, vergiss das nicht, ermahnte sie sich streng. Mach ihm klar, wie ernst es dir mit der Kunst ist - vermutlich kann er flirtende Studentinnen, die ihm schöne Augen machen, nicht ausstehen.
Punkt halb fünf klopfte sie an Owen Theals Tür. Er öffnete sofort, den Mantel über dem Arm.
Cara zögerte. »Verzeihung, komme ich ungelegen? Wollten Sie gerade gehen?«
Theal lächelte, seine dunklen Augen funkelten. »Nein, wir gehen gemeinsam. Es ist ein bitterkalter Tag, und ein Drink wird uns aufwärmen. Außerdem ist es schön, ab und an aus diesem Gebäude herauszukommen.«
Kameradschaftlich schlenderten sie die Straße entlang, während Theal erläuterte, wie sehr er Dublins georgische Architektur schätzte. Trotz allem aber war und blieb Paris in architektonischer Hinsicht seine Lieblingsstadt.
Er hatte die ganze Welt bereist. Als sie es sich in der kleinen Lounge des Dawson gemütlich gemacht hatten, fing er an, Cara sein Jahr in Frankreich und die darauf folgenden zwei Wanderjahre durch Europa, anschließend Indien zu schildern, ganz am Schluss hatte er sogar auf einer Weinplantage in Neuseeland gearbeitet.
»Sie sind schon überall gewesen«, sagte sie, und ihre Augen leuchteten vor Bewunderung. »Und ich bin erst ein einziges Mal mit dem Flugzeug geflogen!«
»Du wirst schon noch reisen, keine Sorge«, versicherte er ihr. »Was ist dein Gift?«
»Ah... Kaffee?«, stotterte Cara.
Theal schob diesen Vorschlag beiseite. »Unsinn, du bekommst einen richtigen Drink. Magst du Scotch?« Ihre Antwort wartete er nicht ab, sondern bestellte zwei Scotch mit Eis.
Stärkere Getränke als Wein oder Bier war Cara nicht gewohnt, und der Whisky brannte ihr in der Kehle. Da sie jedoch nicht undankbar erscheinen wollte, trank sie ihn dennoch.
Die Unterhaltung mit Owen ging leicht
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