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Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Geh Ich Auf Meine Hochzeit

Titel: Geh Ich Auf Meine Hochzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Kelly
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brachte es nicht über die Lippen. Schockiert und von der vollkommen neuen Erfahrung erschüttert, hatte sie geschwiegen.
    Es fühlte sich an, als ob man in zu tiefem Wasser schwamm, verzweifelt Bodenhaftung suchend, ohne jedoch jemals etwas unter die Füße zu bekommen. Allein über den Vorfall nur zu sprechen, war ihr völlig unmöglich.
    »Hoffentlich glaubst du nicht, dass du hier jeden Abend nach Hause kommen und wie eine Brauerei riechen kannst«, bemerkte Evie gereizt. Den Abend über hatte sie der maulenden elfjährigen Rosie die Mathematikaufgaben erklären, in Heimarbeit Briefumschläge kleben und zwischendrin auch noch das Bügeln erledigen müssen. »Das kommt nicht in Frage, Cara! Ich erwarte von dir, dass du dich wie eine Erwachsene und nicht wie eine ausgeflippte Studentin benimmst. Und Papa wünscht, dass ich mich um dich kümmere. Das werde ich aber nicht tun, wenn du tatsächlich zu trinken anfängst.«
    Cara stand regungslos da wie ein von Scheinwerfern geblendetes Reh. Sehnlichst wollte sie sich in Evies Arme werfen und sich von ihr trösten lassen. Sie wollte ihr sagen, dass sie den Geschmack von Scotch hasste, dass sie es hasste, wie ihr der Alkohol in der Kehle brannte und - dass sie Owens Atem widerwärtig fand, als er seine Lippen auf ihre gepresst hatte, während sein Dreitagebart sich wie eine Käsereibe auf ihrem Gesicht anfühlte. Doch sie brachte kein Wort heraus.
    »Ich gehe ins Bett, Evie«, war alles, was sie über die Lippen bekam. »Tut mir Leid, dass ich so spät gekommen bin.«
    Owen Theal hatte sie ihrer Schwester gegenüber niemals erwähnt. Sie hätte es gerne getan, doch Schuldgefühle hielten sie davon ab. Das alles ging auf ihr Konto, so viel stand fest. Es war ihre Schuld, dass sie nicht besser Acht gegeben hatte. Zoë hatte aufgepasst, aber Cara war dummerweise zu sehr davon überzeugt gewesen, eine clevere, reife Frau zu sein und hatte ein sehr gefährliches Terrain der Erwachsenenwelt betreten. Dafür konnte sie niemand anderen als sich selbst verantwortlich machen.
    Trotzdem hätte sie es nicht ausgehalten, wenn ihre Schwester ihr die Schuld in die Schuhe geschoben hätte. Evie hätte sie trösten und instinktiv spüren sollen, dass etwas vorgefallen war. Diese Erwartungshaltung war absurd. Und Evie war nicht im Entferntesten darauf gekommen. Irrationalerweise hatte Cara ihrer Schwester, ihrer Ersatzmutter, diese Ahnungslosigkeit niemals verzeihen können. Sie selbst war auch nie wirklich damit fertig geworden, und hatte es nicht vergessen können. Owen Theal verfolgte sie, als ob er jede Nacht neben ihr im Bett verbringen würde, während die Geschichte sie wieder und wieder peinigte.
    Was wäre wohl passiert, wenn sie die Situation anders gehandhabt hätte? Wenn sie ihm gleich den Scotch ins Gesicht gekippt und ihm beschieden hätte, er solle sich seine Sprüche über ihr angebliches Talent in den Hintern stecken. Es war sicher ähnlich, wenn man als Zeuge eines schrecklichen Unfalls die Uhr zurückdrehen wollte. Man stand wie geblendet am Straßenrand und dachte: hätte der Lastwagenfahrer richtig hingeschaut, hätte er den entgegenkommenden Radfahrer sehen müssen. Und wenn der Radfahrer nicht einen Schlenkerer gemacht hätte, um dem Loch im Asphalt auszuweichen, läge er jetzt nicht wie ein Haufen merkwürdig zusammengestückelter Glieder am Boden...
    Wenn doch nur, wenn doch nur, quälte sie sich ständig. Es war eine Mischung aus Wenn-doch-Nur und Warum-in-aller-Welt-war-sie-so-dumm-Gewesen? Warum hatte ihr ihr Gefühl nicht zugeschrien, sie müsse sich aus dem Staub machen? Und warum hatte sie ihn gewähren lassen? Zoë war in genau die gleiche Situation geraten, hatte sich aber wacker geschlagen. In gewohnt bissigem Tonfall hatte sie Theal klargemacht, dass er mit einer Anzeige rechnen müsse, wenn er sie noch einmal belästigte.
    Außerdem hatte sie ihn gewarnt, er solle besser gar nicht erst daran denken, zur Strafe ihre Zensuren zu verschlechtern. »Ich habe immer eine Eins in Kunstgeschichte gehabt«, hatte sie gezischt. »Und ich werde nicht plötzlich eine Vier akzeptieren, nur weil Sie sich an mir rächen möchten, verstanden?«
    Eine Woche später hatte Zoë Cara darauf angesprochen, was mit ihr los sei.
    »Du bist vollkommen verändert, trägst deinen roten Lippenstift nicht mehr. Wo drückt der Schuh?«, wollte sie wissen.
    Schließlich war es ihr gelungen, die Geschichte aus Cara herauszubekommen. Und nur weil Cara sie angefleht hatte, war sie nicht

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