Geh Ich Auf Meine Hochzeit
an der Taille gerafften Jacke, die Evies Sanduhrenfigur wunderbar betont hätte. Doch wie üblich hatte sie sich für das sichere Blau entschieden und gemeint, sie könnte zur Hochzeit unmöglich in einem Hosenanzug erscheinen.
»Immerhin ist es ein neues Kostüm, und keiner kann behaupten, ich hätte mir keine Mühe gegeben«, meinte Evie und betrachtete den Teil ihrer selbst, den sie in dem Spiegel auf dem Kaminsims sehen konnte. »Ich brauche ohnehin etwas für die Hochzeitsreise. Simon wird es gefallen, er liebt diese Farbe.«
Wieder entschwand sie nach oben. Verdrossen grübelte sie darüber nach, ob das rote Kostüm vielleicht nicht doch besser wäre. Aber was dachte sie da! Nichts war besser. Sie sah einfach schrecklich aus. Trotz ihrer Pläne bezüglich eines Pos ohne Zellulitis für ihre Flitterwochen war es ihr praktisch unmöglich gewesen, nach Weihnachten zu ihrer Diät ohne Kaffee und Zucker zurückzukehren. Immer noch hatte sie die fünf Pfund Übergewicht, die sie sich während der Weihnachtsferien zum Trost angefuttert hatte. Evie streifte das Kostüm ab und dachte betrübt an das Bild, dem sie entsprechen wollte: sie wollte exotisch und schön aussehen. Und wenn möglich auch ein wenig geheimnisvoll.
Romanheldinnen waren immer geheimnisvoll und in der Lage, den Helden mit ihren viel sagenden Blicken und ihrer atemberaubenden Gestalt zu verzaubern. So wie Vanessa in dem Roman Wilde Leidenschaft. Offiziell eine französische Fernsehjournalistin, war sie insgeheim eine russische Prinzessin, verschwieg das jedoch seit Jahren der Welt gegenüber.
Ihre Geschichte umhüllte sie mit etwas Geheimnisvollem, was niemand zu durchbrechen wagte - bis der stahlharte Kriegsberichterstatter Dirk die Szene betrat. Er war gestählt, kampferprobt, unglaublich attraktiv und verliebte sich augenblicklich in die geheimnisvolle Vanessa.
Evie saß mit aufgeknöpfter schwarzer Strickjacke vor ihrem Frisiertisch und versuchte sich vorzustellen, wie man sich als eine geheimnisvolle russische Prinzessin, die in die Rolle einer französischen Journalistin schlüpfte, fühlen mochte. Sie drapierte die Jacke so, dass ihr Nacken und ihre Schultern nackt waren, dann zog sie sich das Haargummi heraus und schüttelte den Kopf, so dass ihr die Haare auf die Schultern fielen. Schließlich betrat sie ihre Traumwelt...
»Warum sagst du mir nicht alles?«, fragte Dirk mit rauer Stimme und betrachtete die vor ihm stehende Evie in ihrer ganzen Schönheit. Sie war nur knapp von einem zarten Nachthemd bedeckt, das ihre schlanke Figur in dem sanft beleuchteten Zimmer betonte. »Du hast ein Geheimnis vor mir; und ich muss es wissen. Ich will alles erfahren.«
Sie unterdrückte ein Schluchzen, fuhr mit der einen Hand an ihre edle Stirn und verdeckte instinktiv die verblasste Narbe, die von ihrer geschwungenen Augenbraue bis zu dem dunklen Haaransatz verlief.
»Das kann ich nicht, Dirk. Bitte verstehe mich! Meine Vergangenheit habe ich in Russland begraben, ich kann sie nicht wieder ans Tageslicht holen. Ich habe mich so sehr bemüht, sie zu vergessen.«
»Verflucht, schließ mich nicht aus!«, schalt er sie. Mit einem einzigen Schritt stand er neben ihr und zog sie an seinen muskulösen Körper. Er war straff und gespannt wie eine aufgezogene Feder, die sich jeden Augenblick durch eine heftige Bewegung lösen konnte.
Sein Gesicht erschien vor ihrem, und die intensiven blauen Augen brannten sich mit einer von ihr niemals zuvor verspürten Leidenschaft in die ihren.
Seine Haut verströmte Wärme. Vanessa erinnerte sich an das Gefühl, wenn seine Arme ihren nackten Körper umschlangen und ihr ungeahntes Vergnügen bereiteten. Doch auch jetzt konnte sie es ihm immer noch nicht sagen. Er würde diese Männer umbringen, wenn er wüsste, was sie ihr angetan hatten. Es war besser; wenn sie sich aus seinem Leben zurückzog, sich leise in der Nacht davonstahl, als ob diese Liebe nicht existierte.
»Erzähle es mir«, sagte er außer Atem. »Wie ist es gewesen ...«
Seine Umarmung ließ sie schwach werden. »Ach, Dirk, ich würde dir gerne alles erklären, aber so einfach ist das nicht«, stammelte sie und atmete seinen männlichen Duft ein. Sie wusste, dass sie ihn nach dieser Nacht niemals wieder sehen würde.
Dann schaute sie wieder zu ihm auf, blickte ihm in die Augen und verlor sich in deren Tiefen. »Liebe mich jetzt, Dirk«, sagte sie ohne Umschweife. Sie ließ das Nachthemd von ihren Schultern gleiten und fühlte seine Lippen beinahe
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