Geheimakte Proteus
sagte Mung und deutete auf den Saur. »Wenn da jemand lauern würde, um mich anzugreifen, würde BeeGee mich warnen.«
Tristan schüttelte den Kopf. Man konnte die starken Gefühle spüren, die Mung für den kleinen Saur empfand, beinahe, als … als würde er das Tier lieben.
Und dann wurde Tristan bewusst, dass er auf Mung eifersüchtig war. Er war frei … konnte sich frei bewegen … hatte ein Haustier.
Mung warf dem Saur wieder einen Brocken zu.
»So, jetzt kommt der etwas knifflige Teil.« Mungs mächtiger Arm lag jetzt schwer auf Tristans Schulter. »Hier ist das Joblin Industrial Center. Sehr gefährlich. Eine Unmenge Scankameras.«
Tristans Blick wanderte über die weitläufigen Baulichkeiten des Industrial Center – eine Ministadt innerhalb der Freizone, umgeben von einem hohen Feuerdornzaun und von schwer bewaffneten, privaten Sicherheitskräften geschützt. Er hatte schon von der Anlage gehört. Sie bestand überwiegend aus riesigen Lagerhäusern und fungierte als eine Art Micro-Glom, in dem sowohl völlig legale Geschäfte abgewickelt, als auch Schwarzmarktwaren jeder Art angeboten wurden, angefangen bei illegal nachgebauten Spleißen bis hin zu nicht minder illegalen Codeschlüsseln.
»Da ist Okasan drinnen?«
Mung nickte.
»Und wir gehen da jetzt einfach rein?«
Mung rieb sich das Kinn. »Nicht ganz. Ich habe ein IDplant.« Er hob den linken kleinen Finger. »Das Tor ist für mich codiert … und ich werde versuchen, Sie durch Bestechung hineinzubringen. Ich werde behaupten, Sie seien mein neuer Partner.«
»Großartiger Plan.«
Mung lachte wieder. »Wenn das nicht klappt, habe ich noch andere Möglichkeiten.«
Er versetzte Tristan erneut einen Klaps auf den Rücken und ging dann auf das Tor des Zentrums zu.
Tristan hielt sich im Hintergrund, während Mung freundlich mit den beiden behelmten Wachmännern redete. Ihre schwarzen Visiere verbargen HUDs, vermutete Tristan, höchstwahrscheinlich mit eingebautem Infrarot und Sonar.
Aber dass ich ein Mimik bin, können sie unmöglich feststellen, dachte er, nicht ohne eine gründliche Durchsuchung mit Ausziehen.
Tristan sah, wie der eine Polizist den Kopf schüttelte und Mung zurückstieß. Seine andere Hand lag auf seiner Hüfte, dicht bei einer hässlich aussehenden Pulserwaffe.
Was würde Regis sagen … über die Unlogik, eine wichtige Mission zu gefährden – vielleicht meine letzte –, um diesem Phantom nachzujagen?
Aber dann griff Mung unter sein Gewand und reichte einer der Wachen etwas. Irgendeine Legierung? Einen Raubspleiß? Der Polizist drehte sich halb zur Seite und zeigte dem anderen das, was Mung ihm gegeben hatte, worauf dieser den Kopf schüttelte. Mung zog ein zweites Päckchen heraus. Diesmal nickte der zweite Wachmann. Man war sich einig geworden.
Mung kehrte zu Tristan zurück und runzelte die Stirn. »Hmm … das war teurer, als ich erwartet hatte.«
Er ging mit Tristan zurück und schob den kleinen Finger in einen Schlitz. Das System erkannte Mungs IDplant sofort. Die Scankameras würden jetzt einer Person den Zutritt erlauben. Aber dann beugte einer der beiden Wachmänner sich vor und tippte einen Code ein. Tristan durfte eintreten.
»Gehen wir«, sagte Mung. Er lächelte nicht.
Ein Dutzend Scankameras folgte ihnen, alle mit Minipulserwaffen gekoppelt, die sie entweder durchlöchern oder zu Boden werfen konnten, bis die Sicherheitskräfte des Joblin Center die Sache zu Ende brachten.
»In Bewegung bleiben«, sagte Mung finster.
»Ich dachte, alles sei klar.«
»Ist es auch, ist es auch. Trotzdem traue ich den Wachen nicht. Und wer weiß schon, welche Insel im Ocean Ihre« – er stieß Tristan gegen die Brust – »Masque gespeichert hat. Wenn die den Verdacht hätten, dass Sie ein« – er sprach das Wort Mimik nicht aus – »sind, würden sie uns aufhalten.«
»Keine Sorge. Es ist ein Komposit.«
Mung musterte ihn mit einem eigenartigen Ausdruck.
»Was?«, sagte Tristan.
»Nichts.«
Sie schritten durch eine Art Labyrinth, vorbei an Dutzenden seltsam geformter Kuppeln mit fotosynthetischen Wänden, die üblicherweise exakt nach den Volumenspezifikationen der Pächter gefertigt waren. Die Sonne hatte den morgendlichen Dunst bereits weggebrannt, und die Kuppeln reagierten jetzt auf die blasse, kühle Wintersonne und fingen an, grün zu werden. Tristan fragte sich, was sich wohl in ihnen befinden mochte.
»Warum hier?«, sagte er.
»Hm …?«
»Warum ist Okasan ausgerechnet hier?«
»Gibt es denn
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