Geheimakte Proteus
Sie hörte ein Krachen, dann das Geräusch eines weiteren Schlages und dann das Poltern von etwas Schwerem, das auf den Boden fiel.
Sekunden später sah sie ihr eigenes, gerötetes Gesicht aus der Türöffnung spähen.
»Schnell. Kommen Sie rein!«
Lani schlüpfte in die Wohnung und schloss die Tür hinter sich. Eine reglose Gestalt lag ausgestreckt auf dem Boden. Ein dünnes Blutrinnsal hatte sich unter dem Haaransatz von Eel gebildet und rann ihm quer über die Stirn.
»Ist er … ist er tot?«
»Nein«, sagte der Mimik. »Bloß bewusstlos.« Er winkte sie zu sich. »Kommen Sie. Helfen Sie mir, ihn aufzuheben.«
Sie presste sich gegen die Tür. Sie wollte ihn nicht berühren. »Nein … ich könnte niemals …«
»Schauen Sie – wenn Sie einen stärkeren Körper hätten, könnte ich ihn allein bewegen, aber den haben Sie nicht, also kommen Sie jetzt, und helfen Sie mir.«
Lani bewegte sich zögernd auf Eels Füße zu und hob sie auf Tristans Anweisung an. Der Mimik packte die Schultern, und dann schleppten sie die leblose Gestalt in ein hinteres Zimmer und stemmten sie auf ein Bett.
»Also gut«, sagte er. »Wo ist dieser Schläfer?«
Lani zog die kleine schwarze Scheibe aus der Tasche und reichte sie ihm. Sie hatte bereits sämtliche Voreinstellungen und Interrupts gelöscht und die Scheibe auf die maximale Schlafdauer programmiert, die sie bewältigen konnte – zwölf Stunden.
Der Mimik presste die Scheibe gegen Eels Schädel und ließ sie dort.
»Damit dürfte er uns aus dem Weg sein. Und jetzt« – er begann, Eel auszuziehen – »jetzt wollen wir sehen, ob Mr. Dohan Lee wirklich ein Mimik ist.«
Lani fühlte sich plötzlich unbehaglich und trat zwei Schritte zurück.
»Vielleicht sollte ich besser hier draußen warten.«
»Nun, dann machen Sie sich aber während des Wartens nützlich. Sehen Sie sich um, ob irgendwo ein Vorrat von Nährkonzentrat ist.«
»Warum?«
»Ein aktiver Mimik hat solche Vorräte immer in Reichweite.«
Lani ließ die beiden Mimiks allein und ging durch die Wohnung. Sie stellte fest, dass sie gut zwanzig Prozent größer als die ihre war. Sie sah sich in Dohan Lees Küche um, fand aber unter seinen Vorräten keine Spur von Konzentrat.
Zum ersten Mal regte sich Unsicherheit in ihr. Vielleicht war Dohan Lee gar nicht Eel, der große Arenakämpfer. Konnte es sein, dass Trev sich getäuscht hatte?
Nein. Sie musste es weiter glauben – Trev hatte es schließlich gesagt, und Trev hätte sie nie angelogen. Außerdem: Eel … Lee … es war so offensichtlich, wenn man einmal darüber nachdachte.
Trotzdem … wo war das Konzentrat, das dem Mimik anscheinend so wichtig war?
Sie durchsuchte das Wohnzimmer und das Esszimmer, fand aber nichts. Sie fing schon an, unruhig zu werden, als sie in den hinteren Bereich der Wohnung ging und dort einen der Räume betrat. In der Tür blieb sie stehen und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf das Bild, das sich ihr bot.
Ein Trophäenraum. Trophäen aus der Mimikarena? Sie trat näher. Was konnte das sonst sein? Ihre Stimmung hob sich wieder. Das würde der Beweis sein, dass Trevs Geschichte nicht bloß etwas mit Eifersucht zu tun hatte.
Als sie dann sah, dass sämtliche Trophäen in Pitsaur-Kämpfen gewonnen worden waren, sank ihr Mut wieder. Rex … Rex … Rex. Alle Trophäen für etwas, das Rex hieß. Sie lehnte sich dicht neben das Holo eines bösartig aussehenden Zwergraptors, der nur aus Zähnen und Klauen zu bestehen schien, und erschauderte; sie war plötzlich froh, dass in dieser Anlage keine Haustiere erlaubt waren.
Lani durchsuchte das restliche Zimmer, aber wohin sie auch blickte, überall war nur dieser eklige Pitsaur zu sehen. Lee oder Eel oder wer auch immer er war, schien auf diese Kreatur regelrecht versessen. Sie wollte gerade aufgeben, als sie unter den vielen Trophäen einen Stauraum entdeckte.
»Wahrscheinlich weitere Holos von Rex«, murmelte sie und kniete nieder und drückte den Verschlussknopf.
Die Platte klappte auf, und sie sah hinein, wusste nicht recht, was sie da gefunden hatte.
Flaschen, Tuben, Gelpäckchen, alles sauber aufgereiht, alles …
»Haben Sie es gefunden?«, fragte eine Stimme hinter ihr.
Sie drehte sich um und sah, dass der Mimik auf sie zukam.
»Da, sehen Sie!«, sagte sie. »Das beweist es doch, oder? Lee ist Eel. Sehen Sie sich all das Zeug an. Er ist ein Mimik.«
Tristan hockte sich neben sie und zog eine große Spritzflasche aus dem Schränkchen.
»Ja, ich weiß.«
Er biss
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