Geheimakte Proteus
Spezies für die Jagd!« Die Außenwand des Lokals war lebender Pelz, um die Jäger in Stimmung zu bringen. Tristan strich über das riesige Fell, das sich warm und rau anfühlte.
Tristan ging weiter und erreichte eine Gasse. Er warf einen Blick auf die Karte seines Roaming Grid. Nur noch ein paar Schritte die Gasse hinunter, und er würde da sein. Gerade weit genug, um in der Dunkelheit Zuflucht zu finden, abseits von dem Zirkus draußen.
Und dann würde er stehen bleiben … und warten.
Tristan sah zu, wie die Menge sich vor dem Eingang zu der Gasse drängte, einige gingen in die Killerhalle oder in das »Tod den Rechten«, andere schlenderten ziellos über den Platz. Das Ganze wirkte wie eine gigantische Zelle, die unmittelbar vor dem Platzen war und nur darauf wartete, ihren menschlichen Virus über die ganze Freizone zu verbreiten.
Er sah zu, wie Prügeleien ausbrachen, sah Paare jeder Art vorbeiziehen, von denen einige für ihre schnellen Sexspiele die Dunkelheit suchten. Diese gewalttätige, animalische Brunft war zugleich abstoßend und … erregend.
Diese Leute lebten, als wäre dies der letzte Tag des Planeten Erde.
Vielleicht wissen sie etwas, was ich nicht weiß, dachte er.
Er wartete, aber niemand von Proteus näherte sich ihm.
Allmählich machte sich in ihm der Gedanke breit: Es gibt keinen Proteus. Verdammt, das ist bloß ein Trick. Wahrscheinlich werden Bluts kommen und mir eine Lasersonde in den Schädel strahlen und mich dann liegen lassen, damit ich langsam verrecke.
Tristan atmete tief durch.
Nervös, unruhig … verängstigt. Was auch immer es war, was er hier empfand, er begann sich, umgeben von so viel ungezügelten Emotionen, allmählich unbehaglich zu fühlen.
Er konnte nicht länger warten, nicht solange sein gestohlener Schatz an ihm klebte. Wenn das hier nicht klappte, würde er einen anderen Weg zurück nach Kaze finden müssen.
Er hörte ein Geräusch. Ein leises Klicken unmittelbar hinter sich. Er wollte sich umdrehen, aber da schob sich etwas Glattes, Schwarzes über seinen Kopf und blieb an seinem Gesicht haften. Eine Smartmask, die seine Augen bedeckte.
Eine Stimme flüsterte an seinem Ohr.
»Keine Bewegung, Mimik. Kein Wort. Und du tust nichts, bis wir es dir sagen. Verstanden?«
»Aber ich kann nichts sehen.«
Ein stumpfer Gegenstand stieß schmerzhaft gegen seinen Nacken.
»Hast du mir nicht zugehört? Nichts sollst du sagen. Und was das betrifft, dass du nichts siehst – nun, das wollten wir so.«
Dann zerrten Hände ihn nach rechts, weg von dem Platz, tiefer in die Gasse hinein.
Jemand drückte seinen Kopf nach unten und schob ihn auf einen Sitz. Ein Bodengleiter, dachte Tristan. Er spürte Körper, die sich von beiden Seiten an ihn pressten, hörte, wie Schiebetüren sich schlossen, und dann setzte der Gleiter sich in Bewegung.
Niemand sagte etwas. Tristan hielt die Fragen zurück, die in ihm förmlich explodierten.
Der Gleiter beschleunigte, raste mit Schwindel erregendem Tempo um eine Kurve nach der anderen.
Bringen die mich zu Proteus?, fragte er sich. In den Untergrund? Oder an einen anderen Ort?
Er überlegte, ob er sein PDA aktivieren sollte. Sein Roaming Grid würde ihm genau zeigen, wohin sie ihn in der Freizone brachten – aber er war auch überzeugt, dass seine Begleiter das merken würden.
Und dafür könnten sie ihn töten.
Also blieb er reglos sitzen.
16
Lani saß zusammengesunken in ihrem Sessel und starrte auf die dunkle Vidkammer. Ihr Apartment schien gespenstisch still. Sie war allein … der übliche Zustand seit Trevs Tod. Sie wandte sich von der Kammer ab, unterließ es bewusst, sie einzuschalten.
Ihr Blick fiel auf das Durcheinander in ihrer Wohnung, die ordentlich neben der Tür aufgestapelten, noch nicht geöffneten Schachteln, die Regale, gefüllt mit Statuen, die von innen heraus leuchteten und sich bewegten, wenn sie sich ihnen näherte, und kleinen, durchsichtigen Steinen, die bei Berührung warm wurden und einen leisen, wohltuenden Ton erklingen ließen.
All diese Dinge, dachte sie. Solange ich als Datameister arbeite, werde ich weiterhin … Dinge kaufen.
Sie wandte sich der Vidkammer zu. Und dann sagte sie leise und halbherzig das Wort:
»An.«
Eine Blase erwachte flackernd und mit einem dreidimensionalen Feuerwerk zum Leben. Eine Männerstimme, tief, künstlich, flüsterte: »Willkommen, Lani.« Dann endete das Feuerwerk plötzlich und schaltete auf ihren Standardkanal: FGN … Flagge Glom News.
Und
Weitere Kostenlose Bücher